Denn sie lieben, was sie tun – Gründung HeRo-Holzbau
22. Juni 2023
Vor drei Jahren haben Dachdeckermeister und Zimmerer Andreas Helfert (38) und Zimmerermeister Patrick Rossmanith (32) es gewagt, im südhessischen Bensheim ihren eigenen Betrieb zu gründen. Ihr Markenkern: Sanierungen und Modernisierungen mit ökologischen Materialien sowie eine sehr hohe Kundenzufriedenheit. Diese Ausrichtung hat sich gelohnt. Die Auftragsbücher sind voll. Auch an jungen Leuten, die bei HeRo-Holzbau ein Handwerk lernen wollen, mangelt es nicht.
Betrieb von Null auf die Beine gestellt
Es braucht schon Mut, aus sicheren Anstellungsverhältnissen heraus einen eigenen Betrieb von Null auf die Beine zu stellen und dabei inklusive aller eigenen Ersparnisse bislang rund 250 000 Euro zu investieren. „Hier gab es zu Beginn nicht einmal eine Büroklammer“, unterstreicht Andreas Helfert. Jetzt verfügt HeRo-Holzbau über einen kleinen Fuhrpark inklusive eigenem Kran, eine Einblasmaschine, einen Abbundwagen. Und die gemietete Halle wurde in Eigenarbeit mit Büros, Aufenthaltsräumen sowie einem Ausstellungsbereich versehen. Auf staatliche Förderungen verzichteten die Gründer. Das hätte die Sache leider zu kompliziert gemacht.
Die eigenen Werte leben
Im ersten Jahr schulterten die beiden Meister die Aufbauarbeit und das Tagesgeschäft allein. Dabei war so viel zu tun und gleichzeitig ein Versprechen einzuhalten, das die Männer ihren Lebensgefährtinnen vor der Gründung gegeben hatten: ihre Arbeitszeit zu begrenzen. Heute arbeiten die beiden Geschäftsführer weniger Wochenstunden als in ihrer Zeit als angestellte Meister, wo sie noch zu vielen Überstunden bereit waren. Vor allem arbeiten die erfahrenen Meister anders: im eigenen Betrieb können sie ihre beruflichen und persönlichen Werte leben. Fachliche Weiterentwicklung, Verwendung ökologischer Materialien, nachhaltige und exzellente Leistung stehen hier ganz oben auf der Liste.
Sich in der Selbstständigkeit weiterentwickeln
Der Eindruck, sich als angestellter Dachdeckermeister nicht mehr weiterzuentwickeln, war bei Andreas Helfert einer der Auslöser für den Schritt in die Selbständigkeit. Auch Kompagnon Patrick Rossmanith sah als Angestellter zu wenig Möglichkeiten, sein Wissen einzusetzen, um neue Wege zu gehen. Beide Zimmerer kannten sich schon seit zehn Jahren und hatten in verschiedenen Betrieben Seite an Seite gearbeitet, bevor sie beschlossen, gemeinsam ihre Zukunft in die Hand zu nehmen und nach ihren Vorstellungen zu gestalten.
Kompetenzen nachschärfen und Digitalisierung vorantreiben
Die Herausforderung, in allen Bereichen ihres Geschäftes auf dem neusten Stand zu sein, nahmen die Freunde und Geschäftspartner gerne an. In den Bereichen, in denen sie jeweils Nachholbedarf hatten, brachten sie mit gegenseitiger Unterstützung ihr Fachwissen auf den neuesten Stand. Andreas Helfert holte im Umgang mit CAD-Programmen auf, Patrick Rossmanith in der kaufmännischen Geschäftsführung. Fernziel ist die Digitalisierung in allen Geschäftsbereichen, auch wenn der Weg zum papierlosen Büro noch weit ist und die deutsche Bürokratie noch immer auf Papier setzt.
Vier-Augen-Prinzip bei jedem Angebot
Baustellen werden bei HeRo-Holzbau mithilfe einer Drohne aufgemessen. Die Luftbilddaten werden ins CAD-Programm eingespeist und auf Basis der hier errechneten Werte ein Angebot erstellt. Weil beide Meister jedes Angebot gemeinsam Posten für Posten prüfen, ist die Fehlerquote in der Berechnung des Bedarfs minimal. Kunden und Kundinnen profitieren von einer hohen Planungssicherheit.
Leidenschaft für ökologische Materialien
In der Beratung der Kundschaft werben beide Gründer mit Leidenschaft für ökologische Materialien. „Die Leute wollen gesünder leben, und da kann man sich doch nicht den letzten Dreck ins Wohnhaus knallen! Wir beraten die Kunden dahingehend, dass sie sich was Gesundes anschaffen“, erklärt Patrick Rossmanith. Ein Beispiel: „Ich lege da Glaswolle hin und daneben unsere schön duftende Holzdämmung. Dann lass ich sie prüfen. Das eine juckt und stinkt, das andere duftet. Dann verweise ich auf die Leistung: Bei Glaswolle geht nach vier Stunden die Sonne durch, bei Holzfaserdämmung nach elf Stunden.“
Bei einer Bausumme von 80 000 Euro kostet die Entscheidung für ökologische Materialien rund 2000 Euro zusätzlich. Meistens entscheiden sich die Kunden und Kundinnen dann für eine ökologische Sanierung oder Modernisierung.
Online-Bewertungen und eigene Weinedition
82 positive Google-Bewertungen hat HeRo-Holzbau schon. Die erste Werbeaktion war ein Video mit einem QR-Code dazu. Inzwischen gibt es zusätzlich Verlinkungen zum Instagram-Account und einen speziell entworfenen Bewertungsflyer, der über einen QR-Code eine Online-Bewertungsmaske öffnet. So ist die Abgabe der Bewertung für Kunden nach einem größeren Bauprojekt einfach und schnell möglich.
Auch das erhöht die Kundenzufriedenheit. Als spezielles Präsent bei größeren Aufträgen haben die beiden Geschäftsführer zusammen mit einem befreundeten Bensheimer Weingut eine eigene, im Handel nicht käufliche Weinedition herausgebracht, einen Rosé. ‚“HERO“ Edition steht auf dem Logo und: „Handwerk trifft Handwerk, Heimat verbindet“. Dazu gibt es einen selbst entworfenen und gezimmerten Weinständer, aus dem jeweiligen Holz des sanierten oder modernisierten Hauses.
Fokus auf nachhaltige Materialien
HeRo-Holzbau setzt auf Lieferanten mit nachhaltigen und regionalen Produkten. Eine breite Palette baubiologisch unbedenklicher und umweltschonender Materialien finden Helfert und Rossmanith bei Steico. Eingekauft werden sie über die Dachdecker-Einkauf Süd eG, wo HeRo-Holzbau Mitglied ist. Das Holz wird aus zertifiziert nachhaltiger Waldwirtschaft bezogen und Dachziegel aus deutscher Produktion von Erlus.
Netzwerk statt Konkurrenz
Selbstständig zu sein bedeutet für Patrick Rossmanith und Andreas Helfert nicht, Einzelkämpfer zu sein. Sie verstehen sich als Teil eines Netzwerkes mit Partner aus verschiedenen Gewerken, das sie schaffen und pflegen. „Gott sei Dank nimmt die Haltung: ‚Wir lassen uns nicht in die Karten gucken‘ ab. Das brutale Konkurrenzdenken wird weniger. Noch vor zehn Jahren hätten wir uns das nicht vorstellen können“, so Andreas Helfert.
HeRo-Holzbau verfügt etwa über eine Maschine für die Einblasdämmung. Da nur wenige andere Betriebe das Verfahren anbieten, übernimmt das Team diese Arbeit auch als Subunternehmer für andere Zimmereien. „Dabei lassen wir uns gerne in die Karten gucken, damit dieses Verfahrens, von dem wir überzeugt sind, bekannter wird“, berichtet Helfert.
Auch die Kunden und Kundinnen lädt er mit Kollege Rossmanith auf Baustellen ein, um das Verfahren vorzuführen. „Der Beratungsbedarf ist hier höher. Wir nehmen die Leute an die Hand, erklären die Maschine, zeigen die Dämmstoffe.“
Selbst ausbilden steht im Fokus
Die Suche nach guten Auszubildenden stand früh im Fokus der beiden Meister. Der Betrieb HeRo-Holzbau sollte wachsen können. Es brauchte Werbung, Geduld und Glück, aber jetzt sind die Meister stolz auf ihre beiden ersten Lehrlinge, Klassenbeste alle beide. Einer von beiden stand plötzlich abends vor dem Büro. Statt zu studieren wollte er eine Ausbildung absolvieren. „Fang an“, haben die Meister zu ihm gesagt, „wir gucken, dass wir aus dir was machen.“ Ein dritter junger Mann ist schon im Praktikum.
Ohne Geselle kein vierter Lehrling
Auch eine junge Frau würden Helfert und Rossmanith gerne demnächst ausbilden. Doch hier legt sich die Handwerkskammer quer, weil es für einen vierten Lehrling einen Gesellen braucht laut Handwerksordnung. Gesellen aber sind aktuell kaum zu finden, man muss sie ausbilden, und da beißt sich die Katze in den Schwanz. „Absurd“, findet Andreas Helfert. „Wir sind zwei Meister mit Führungserfahrung, und dürfen diese Frau vielleicht nicht ausbilden, die vorher schon von mehreren Zimmereien eine Absage bekommen hat. Nicht weil sie nicht gut wäre, sondern angeblich wegen fehlender Toiletten. Das ist Steinzeitdenken.“
„Wir lieben, was wir tun“
Bei HeRo-Holzbau aber geht es um die Zukunft des Handwerks. Ihren jungen Leuten wollen die Meister ein gutes Betriebsklima bieten, nicht nur gemeinsame Schulungen, sondern auch gemeinsame Unternehmungen. Auf dem Programm stehen eine Brauereiführung, Dart-Turniere im Betrieb, gemeinsam Blutspenden oder Erntehilfe bei einem Winzer. Wenn die Belegschaft des Betriebes an der Bergstraße aufs Winzerfest geht, dann tragen Meister und Lehrlinge die schöne Ausgehkluft. Darauf prangt das Firmenmotto: „Wir lieben, was wir tun.“
Sie interessieren sich für das Thema Gründung? Dann lesen Sie unsere Story über den Weg von Carpenter Flo in die Selbstständigkeit.
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