Live vom Style Dach: Schiefer-Dachdecker mit Kultpotenzial
Bild von Mirko Fischer von Style Dach

Live vom Style Dach: Schiefer-Dachdecker mit Kultpotenzial

11. Januar 2024

 · Rainer Sander

Ein YouTube-Star, der in die Luft und aufs Dach geht? Influencer mit Schieferhaubrücke und Schieferhammer? Ein Dachdecker mit eigenem Fanshop und Fanclub? Jeden Tag live und Taktgeber für Tausende von Followern? Ein Branding, das in ganz Deutschland bekannt ist? Wenn Schiefer-Dachdecker Mirko Fischer, Inhaber von Style Dach, Frontmann, Youtuber, Influencer und Autodidakt als Marketingleiter, Drehbuchautor, Kameramann, Fotograf, Storyboard-Writer, Video-Producer, Gestalter, Cutter und Webmaster seinen Tag auf den Baustellen beginnt, sind neben dem Handwerkszeug als Dachdecker auch immer HandyCam, ActionCam oder DashCam dabei.

Fast 200 000 Follower auf vier Kanälen

Mirko Fischer ist online und live zu sehen, zu beobachten und zu verfolgen. Wo immer er ist, seine Fangemeinde erfährt es und fährt im Auto mit, steigt aufs Dach, ist beim Hämmern und Nageln mittendrin. Manche fahren ihm sogar hinterher und recherchieren akribisch seine Baustellenadressen. 42 000 Facebook-Fans, 34 000 YouTube-Abonnenten, 37 000 Instagram-Freunde und 58 000 Follower bei TikTok erreichen viele Mode- und Lifestyle-Influencer nicht. Style Dach Fischer ist rund um die Uhr geöffnet und grenzenlos offen.

Bild von Mitarbeitern von Style Dach auf einem Schieferdach
Synchron in schwindelnder Höhe ein Schieferdach fertigen. (Alle Fotos: Style Dach)

Stolz auf den Dachdeckerberuf

Mirko Fischer ist mächtig stolz auf seinen Beruf als Dachdecker: „Ich kann mir nichts anderes vorstellen.“ Seit 30 Jahren ist er auf dem Dach unterwegs, dort zu Hause und auf Arbeit. Außer in der Bundeswehrzeit hat sich sein Leben in erster Linie auf Dachstühlen zwischen Gauben, Rhomben und Rauten, vor allem mit Schieferplatten in der Hand abgespielt. Annähernd so viel Zeit verbringt er höchstens noch im Auto, denn seine Auftraggeber sind vom östlichsten Sachsen bis an die holländische Grenze, von Schleswig-Holstein bis Bayern über das ganze Bundesgebiet verteilt. Für einen „Biberschwanz“ geht es für das Team von Style Dach, Mitglied der Dachdecker-Einkauf Ost eG, auch mal nach Köln.

Bild von Schieferturm mit aufwendigen Details
Filigrane Dachkunst.

Heute hier und morgen dort

So fing auch alles an. Der Schieferdecker ist durch alle Bundesländer gereist, einfach umhergefahren, wollte andere Regionen und vor allem möglichst viele Dacharten und Handwerkstechniken kennenlernen. Das hat geklappt und war nicht nur ausgesprochen lehrreich, sondern hat auch für Klarheit gesorgt: Das Schieferdach ist seine Nummer 1, sonst zählt fast keins …

Bild von Mirko Fischer von Style Dach
Mirko Fischer live bei der Arbeit.

Das „Heute hier und morgen dort“ ist geblieben und gehört zu seinen Markenzeichen. Sein Antrieb sich selbstständig zu machen war, dass in den Betrieben die gute Bezahlung gefehlt hat. Alle haben das gleiche bekommen, Mindestlohn quasi. Mirko Fischer fühlte seinen „Mehrwert“, meldete am 28. März 2011 als Einzelkämpfer mit Style Dach das Gewerbe an und nahm bald die ersten Selfies auf. Zu Beginn nur Fotos. Einen Meisterbrief hat er nicht: „Ich hab’s auch ohne Meister weit gebracht und in 30 Jahren viele Meister ohne Qualitätsbewusstsein kennengelernt und genauso viele Gesellen, die meisterlich arbeiten.“ Ein Meister ist dennoch da, fest angestellt. Auf die Frage, ob er noch Meister werden will, antwortet er gerne mit einer Gegenfrage: „Können Sie mir garantieren, dass ich dann besser und schneller werde?“

Man erkennt den YouTuber inzwischen

Jetzt ist Mirko Fischer in bewegten Bildern bereits zu beobachten, wenn er mit seinem Auto zur nächsten Baustelle fährt. Das Fahrzeug ist übrigens ein etwas gehobenes Handwerkermodell. Dafür gibt es aber auch nur dieses eine Fahrzeug, das der „Influencer vom Dach“ benutzt. Den Porsche in der Garage oder den SUV zum Einkaufen sucht man vergeblich. Lediglich für die Mitarbeiter und wenn mehrere Baustellen gleichzeitig bedient werden müssen, gibt es weitere Baustellenfahrzeuge.

Bild von Team von Style Dach auf einem Kirchturm
Höher geht nicht: Kirchturm in der St Nicolai Kirche in Alfeld!

Wo immer der YouTuber aussteigt und die Leiter hinaufklettert, ist die Kamera auf dem Helm dabei und filmt die Aktion. Ob live oder als späteren Beitrag, entweder kann man das Decken eines Schieferdaches mit allen seinen Facetten, den Kehlen, der Altdeutschen, der Wilden, der Schuppen- oder der Waben-Deckung in Echtzeit beobachten oder eben später spannend geschnitten für TikTok oder Instagram.

Kritik prallt ab – Dachdecker steht zu Fehlern

Bei einem Besuch auf der Messe Dach+Holz in Köln wurde Fischer von vielen Dachdeckern mit Applaus begrüßt. Inzwischen kennt man ihn nicht nur im Kollegenkreis, sondern die Kunden teilen die Videos und längst hat sich eine Community gebildet, die dem „Star“ auf Schritt und Tritt folgt. Da wird kommentiert und gefragt, manchmal auch gebasht. Dann allerdings gibt’s auch Feuer zurück: „Ich bin nicht kritikfähig“, sagt Fischer, „warum auch? Alles, was ich mache, mache ich so gut es geht und wer meint keine Fehler zu machen, den kann ich nicht ernst nehmen. Ich kann zu meinen Fehlern stehen, zeige sie sogar öffentlich und gebe gerne zu, wenn’s mal nicht so war wie geplant.“

Bild von Mitarbeiter von Style Dach mit Schieferhammer
Schiefer hauen in luftiger Höhe

Fanshop mit Hoodie von Style Dach

Mit dieser Offenheit geht der Handwerker durchs Leben und in seiner sächsisch-schnodderigen Art kommt er überall gut an. Inzwischen wird er im Urlaub auf dem Campingplatz angesprochen, auf der Straße beim Einkaufen und seit sein Branding zu einer echten Marke geworden ist, hat er den Fanshop ordentlich ausgebaut. Längst tragen die Fans das Hoodie oder die Mütze von Style Dach, immer mit Logo. Nicht nur das: Würde er sie alle nehmen, könnte er sich vor Praktikanten kaum retten. Die weiteste Anreise dafür, kam aus der Ukraine. Immer mehr Follower wollen nicht nur folgen, sondern mit aufs Dach. Wenn Mirko Fischer eine offene Stelle ausschreibt, dann erhält er aus ganz Deutschland Bewerbungen. Das ist ein cooler Typ, bei dem will ich arbeiten, lautet das Credo.

Bild von Mitarbeiter von Style Dach mit Hoodie
Je komplizierter desto besser – Mirko Fischer über die Schulter geschaut.

Qualität geht vor – Mitmachen ist ok

„Ich habe bisher immer schöne Sachen gemacht“, sagt Mirko Fischer, „wie Kirchtürme“. Für den Betrieb ist eines klar: „Qualität geht grundsätzlich vor, es muss gut aussehen!“ Das mag den einen oder anderen Euro mehr kosten als bei Kollegen, was aber die Nachfrage nicht bremst. Wer es preisgünstiger haben will, dem macht der Dachdecker gelegentlich ein unmoralisches Angebot: „Übernimm einen Teil der Arbeiten selbst, ich zeige Dir, wie’s geht!“ Oder: „Wir rüsten ein, Ihr ruppt das Dach runter und habt gespart. Wir kommen wieder zum Eindecken.“ Das wissen viele Kunden an Style Dach zu schätzen.

Style Dach kann sich die Aufträge aussuchen

Zwischendurch war die Nachfrage so groß, dass Fischer den Betrieb erweitert hat. Zehn Mitarbeiter waren es in der Spitze und bis zu sieben Baustellen parallel. Heute ist er wieder auf sechs Mann, darunter sein Meister, geschrumpft: „Mehr kann ich nicht übersehen und bevor die Qualität leidet, lieber weniger Aufträge. Das reicht für eine große oder ein paar kleine Baustellen.“ Die Aufträge kann er sich längst aussuchen und muss nicht jeden Job machen. Wer Style Dach engagiert, weiß, dass er in den Medien zu sehen ist und was er bekommt. Das ist tausendfach zu recherchieren in den sozialen Medien und bei YouTube. Mehr Sicherheit und Vertrauensbildung kann es kaum geben.

Bild von Schieferdachprojekt von Style Dach
Biberschwanz-Dach.

Videos als Lehrmittel im Einsatz

Gestaunt hat Fischer über die Meldung, dass Berufsschullehrer seine Videos inzwischen im Unterricht einsetzen. So geht wohl digitales Lernen. Tatsächlich gibt es auch eigene Schulungsprogramme von Style Dach, zum Beispiel für eine farbige Blume aus Schiefer. Um einem Kunden ein bisschen Schieferdecken beizubringen, ist er sogar bis nach Dänemark geflogen.

Die Menschen schauen online live bei Bauprojekten zu

Eine klassische Referenzliste gibt es nicht. „Meine Kunden wissen, wie ich mit Vornamen heiße und wann ich geboren bin und haben sich auf der Internetseite umgesehen. Ein paar besondere Baustellen gab es trotzdem. Vor zwei Jahren beispielsweise eine riesige Kirche in Alfeld, mit einer Begrünung: „Es war wahnsinnig.“ Über die Facebook-Gruppe der Stadt waren 20 000 Nutzer live dabei. Zu sehen gab es nicht nur Gerüst und Dach, sondern auch Details. Die Menschen haben weder geschimpft noch die Kosten des Projekts kritisiert, weil alle live mit dabei sein konnten.

Bild von Kirchtürmen
Perfekter Job: Kirchtürme sanieren mit Schieferdeckung.

In Ibbenbüren ist ein Fan rumgefahren und hat die Baustelle gesucht. „Ich muss die Leute manchmal abwehren, weil das die Kunden stören könnte.“ Auch Hilfe kommt gelegentlich. „Einmal rückten drei Dachdecker mit einem Kasten Bier auf der Baustelle an und wollten mit mir zusammen Schiefer machen.“ Er hat schon Autogramme auf Schieferplatten gegeben und im Gegenzug brachte ein Hufschmied einmal ein Herz aus Hufeisen mit.“ Manche Kunden fahren während der Baumaßnahme beruhigt in den Urlaub, denn sie können den Fortschritt an ihrem Dach täglich live verfolgen.

Bild von Mitarbeiter von Style Dach auf Schieferdach
Aussichten eines Dachdeckers: Kloster Michelsberg in Bamberg.

Dachdecken ist Mirko Fischers Berufung

2000 Videos stehen inzwischen im Internet, darunter hunderte Stunden Live-Videos. Zehn Millionen Aufrufe addiert Fischer über alle Kanäle. Längst verdient er auch ein bisschen an Werbeeinnahmen bei YouTube und bekommt PayPal-Spenden. Geld, das er wieder in Kamera- und Studioausrüstung investiert. Das lohnt sich, denn inzwischen hat er bereits Preise als Influencer abgeräumt.

80 Prozent der Kundenanfragen bei Style Dach kommen über das Internet. Der Preis spielt manchmal gar keine Rolle. Das ist aber nicht sein Maßstab. Mirko Fischer arbeitet nicht für Geld, sondern die Arbeit macht ihm Freude. Und der ganze Spaß wird schließlich noch bezahlt. Schöner kann der Beruf nicht sein. Im wahrsten Sinne des Wortursprungs: Der Schieferdecker und Social Media-Star aus Sachsen hat seine Berufung gefunden.

Sie interessieren sich für Schiefer-Storys? Dann lesen Sie unseren Artikel über Schiefer-Ornamente als Kunstwerke.

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