„Wer als Betrieb nicht online ist, existiert nicht für junge Leute“
3. Oktober 2019
Warum ist es für Betriebe so wichtig, sich als attraktiver Arbeitgeber zu präsentieren?
Wippermann: Es gibt mehr Stellenangebote als qualifizierte Arbeitnehmer. Unternehmen suchen händeringend nach Fachkräften. Dabei nimmt die Wahrscheinlichkeit ab, dass sie in ihrem direkten Umfeld neue Mitarbeiter finden. Da ist es wichtig, bei potenziellen Mitarbeitern weit oben im Ranking zu stehen.
Wie findet man die passende Marke für sich und den Betrieb?
Wippermann: Indem man sich fragt, warum man diesen Job macht und warum man seinen Betrieb erfolgreich machen will. Was treibt mich an, was liebe ich an dieser Tätigkeit? Wofür steht mein Betrieb, was ist an ihm attraktiv? Da gibt es natürlich ganz unterschiedliche Antwortmöglichkeiten: Es kann handwerkliche Qualität sein, eine bestimmte Innovation oder die Unternehmenskultur. Gerade im Handwerk reicht es nicht zu sagen, ich mache das nur, um Geld zu verdienen. Denn da stehe ich als Arbeitgeber in direkter Konkurrenz zu Unternehmen, in denen das vielleicht leichter ist oder bei denen ich als Mitarbeiter weit mehr Geld verdienen kann.
Was würden Sie als Handwerksunternehmer in den Vordergrund stellen?
Wippermann: Im Handwerk gibt es, traditionell gesehen, die Möglichkeit, Dinge händisch zu fertigen, Aufgaben auch digital zu lösen und das fertige Ergebnis zu erleben. Hinzu kommen wichtige Werte wie Vertrauen. Denn im Handwerk haben wir häufig Familienunternehmen. Das heißt, die Person, die den Betrieb führt, ist oft auch die Kernidee der Marke. Bisher wird das bei Handwerksunternehmen wenig nach außen getragen und viel zu selten genutzt.
Das bedeutet, die Persönlichkeit ist ein Vorteil?
Wippermann: Viele Unternehmen sind heute sehr anonymisiert. Es ist für junge Berufsanfänger nicht so attraktiv, wenn sie im Grunde keine Vorstellung haben, wo und bei wem sie sich bewerben. Die menschliche Dimension ist in Handwerksunternehmen oft viel mehr vorhanden.
Welche weiteren Werte sind heutzutage für Arbeitnehmer wichtig?
Wippermann: Für viele ist wichtig, dass das tägliche Arbeiten nicht monoton ist, dass sie eine gewisse Art Freiheit und Verantwortung innerhalb der Arbeit haben. Dass man Kollegen hat, mit denen man gerne zusammenarbeitet, mit denen man Erfahrungen austauschen kann. Letztlich geht es darum, kooperativ zu arbeiten. Die klassische Befehlsstruktur von oben nach unten ist für junge Arbeitnehmer nicht mehr so attraktiv.
Muss man seinen ganzen Betrieb ändern, um für die nächste Generation angesagt zu sein?
Wippermann: Nein. Wer sich verbiegt, verliert seine Identität und das ist auch nicht sinnvoll. Es geht vielmehr darum, zu zeigen, warum man etwas gerne tut und warum man es toll finden würde mit jungen Menschen Projekte zu realisieren. Und ja, es ist wichtig, die Jungen anzusprechen – auch wenn Unternehmen momentan keine Schwierigkeiten haben, Aufträge zu bekommen und das Problem vor sich herschieben können. Die bestehenden Mitarbeiter werden aber eben nicht jünger. Und so kommt irgendwann der Punkt, an dem man eine Belegschaft hat, die für junge Mitarbeiter einfach nicht mehr attraktiv ist. Unternehmen brauchen eine gute Durchmischung, vom Alter, von den Kenntnissen, von den Nationalitäten her.
Wie aufwändig ist es, eine Arbeitgeber-Marke zu schaffen?
Wippermann: Im Prinzip genügt ein Wochenende. Eines, an dem man sich frei macht von den Dingen, die alltäglich erledigt werden müssen. Man muss darüber nachdenken, womit man bisher zufrieden ist, was man weglassen sollte und wo man hin will mit seinem Betrieb. Fragen, die helfen können, die eigene Marke zu entwickeln, sind: Was ist das Besondere an meinem Beruf? Bin ich interessiert daran, neue Technologien zu integrieren? Wie ist mein Verhältnis als Führungsperson zu den Mitarbeitern? Wie autonom können sie arbeiten? Wie steht es um Themen wie Umweltschutz, Klimawandel, soziale Verantwortung?
Wie trage ich dann meine Botschaften nach außen?
Wippermann: Man muss aktiv werden und erzählen, was man macht, wie man es macht, wie erfolgreich man ist und weshalb man Spaß an der Arbeit hat. Die Möglichkeiten, das zu erzählen, in Bildern und Videos zu zeigen, sind durch die sozialen Netzwerke viel größer geworden. Denn sie bieten die Chance, mit den Adressaten direkt in Kontakt zu treten. Es gibt tolle Beispiele, wie das im Handwerk fantastisch umgesetzt wird: etwa Metzgermeister Steffen Schütze von der Metzgerei Hack in Freising oder aus dem Bauhandwerk Karl Preiser aus Augsburg.
An Social-Media-Plattformen führt demnach kein Weg vorbei?
Wippermann: Man muss dort präsent sein, wo sich die zukünftigen Mitarbeiter gerne aufhalten. Natürlich sollte man sich überlegen, welches Medium zum Unternehmen und den jeweiligen Zielen passt: WhatsApp und andere Messenger-Dienste, Instagram, YouTube oder meinetwegen auch noch Facebook. Es kommt auch darauf an, wo sich das Unternehmen wohlfühlt.
Welche Rolle könnten Auszubildende dabei spielen?
Wippermann: Sie könnten solche Aufgaben übernehmen und in den sozialen Netzwerken über ihr Lieblings-Projekt berichten. Das Schöne an diesen Netzwerken ist: Es kostet nichts außer die eigene Zeit – und vielleicht die Initiative und die Lust der Mitarbeiter, dabei mitzumachen.
Was ist mit der eigenen Unternehmenswebsite?
Wippermann: Die Wahrscheinlichkeit, dass jemand ein Netzwerk verlässt, um auf eine einzelne Seite abseits zu gehen, ist eher gering. Interessant für Betriebe sind andere Möglichkeiten wie „Google My Business“. Auch dort lassen sich einfach und relativ detailliert Informationen veröffentlichen.
Sie interessieren sich für das Thema Personalführung? Dann lesen Sie unseren Artikel über den bundesweit ersten Dachdecker-Campus für Auszubildende.
Artikel jetzt teilen!
Arbeitgeber-MarkeDACH+HOLZFachkräftesicherungPeter WippermannSoziale Medien