Dachdeckermeister mit kluger Strategie auf Erfolgskurs
17. August 2021
Es zieht sich wie ein roter Faden durch die Arbeit von Jan-Marco Hermann. Mit seinem Betrieb Hermann Dachbau GmbH mit Sitz im beschaulichen Dorf Dohnsen zwischen Hameln und Holzminden muss er sich manchmal gar nicht um Aufträge bewerben. Vielmehr fragen Planer die Unternehmer gezielt an. So war es auch jüngst bei einem Großprojekt, der Dachsanierung des denkmalgeschützten Landesmuseums Hannover. Erst gab es eine öffentliche Ausschreibung, dann eine beschränkte Ausschreibung, bei denen tatsächlich kein Betrieb wollte. „Dann wurden wir gefragt und erhielten den Auftrag über eine freihändige Vergabe“, berichtet Dachdeckermeister Hermann.
Eine Expertise ist der Denkmalschutz
Mit seinem Betrieb hat er sich im Weserbergland und im Großraum Hannover einen guten Ruf erarbeitet. Eine ausgewiesene Expertise des Betriebs liegt im Denkmalschutz. Beim Landesmuseum gab es vorher ein Glasdach, das natürliches Licht spendete. Ersetzt hat es das Team von Hermann durch eine weiße Metalleindeckung von Prefa, wobei die Scharen den Größen des vorherigen Glases angepasst werden müssen, damit die optische Wirkung ähnlich bleibt. „Eine sehr aufwendige und spezielle Herausforderung“, erklärt Hermann, der auch Klempnermeister und Zimmerermeister ist.
Dachdeckermeister will Großaufträge aus einer Hand abwickeln
Im breiten Spektrum liegt ein Geheimnis des ihres Erfolgs. „Wir haben den Auftrag auch bekommen, weil wir Dachdeckerei, Zimmerei und Bauklempnerei aus einer Hand anbieten können“, sagt der Dachdeckermeister. Hinzu kommt bei Bedarf die Vorfertigung im Bereich Holz oder Klempnerei mit den eigenen Maschinen in den Firmenräumen. Seit der Übernahme 2002 setzt Hermann darauf, alle drei Gewerke in seinem Betrieb zu vereinen, um flexibler sein und auch größere Aufträge möglichst komplett abwickeln zu können. Das ist sein Prinzip.
Nach der Übernahme mehrere Standbeine schaffen
Zum Zeitpunkt der Übernahme vom Vater Dieter Hermann in wirtschaftlich schwierigen Zeiten war der Betrieb fast komplett auf Privatkunden in der Region und ausschließlich auf Dachdeckerarbeiten ausgerichtet. Jan-Marco Hermann behielt alle zwölf Mitarbeiter und legte los. „Ich habe mich gefragt, wie können wir uns abheben und schwarze Zahlen schreiben.“ Er wollte von Anfang an mehrere Standbeine schaffen, Nischen wie Denkmalschutz erobern und startete das, was man neudeutsch Networking nennt. Der Dachdeckermeister sprach gezielt Hausverwaltungen, Planer und Architekten an. Und er wollte verstärkt in den Großraum Hannover. „Damals hatten wir dort nur einen Kunden, den haben wir auch heute noch.“
Damit wären wir bei einem zweiten wichtigen Aspekt des Erfolgs: Verlässlichkeit. Kunden bleiben und werben neue Kunden, weil der Betrieb top Qualität und besten Service bietet – mit einem Ansprechpartner über die Gewerke hinweg. Verlässlichkeit heißt bei Hermann zudem, dass er großen Wert auf langfristige Partnerschaften legt. Auch als der Betrieb gewachsen ist, wurden alle Kunden weiterhin gut bedient, bei großen und kleineren Aufträgen. Der kurze, schnelle Gewinn passt nicht zu diesem nachhaltigen Denken.
Langjährige Partnerschaften sind Prinzip
Das gilt auch für die Lieferanten. Am Eingang zum Betriebsgelände wehen die Fahnen von Prefa, Velux, Braas und Vedag im Wind. „Wir machen im Ziegelbereich seit Beginn fast alles mit Braas. Da sind langjährige, persönliche Kontakte entstanden“, erklärt Dachdeckermeister Hermann. Wie bei der Industrie so verfährt der Betrieb auch beim Handelspartner, der Dachdecker-Einkauf Ost eG. „Das ist über den persönlichen Kontakt zu Stefan Klusmann entstanden. Auch mit der Technikberatung unter Peter Gehrke gibt es eine enge Kooperation, wie jüngst bei der Bestellung des inzwischen dritten Krans.
Beste Bedingungen für die Mitarbeiter
Extrem verlässlich agiert der Dachdeckermeister auch gegenüber seinen Mitarbeitern. „Drei Dinge braucht ein Team, das im Dachhandwerk hoch hinaus will: Leidenschaft für den Beruf, Fachkompetenz und Freude an der Zusammenarbeit“, steht auf seiner Homepage. Die Leidenschaft müssen seine Leute natürlich selbst mitbringen, aber für alles Weitere schafft der Betrieb den Rahmen und der geht weit über angemessenen Lohn hinaus. Hermann sorgt für beste Bedingungen, damit seine Mitarbeiter beste Arbeit abliefern können und dabei Spaß haben – gerade auch im Miteinander.
Das beginnt bei der Organisation im Betrieb. „Wir wollen alles vernünftig vorbereiten, von der Angebotserstellung bis zur Materialdisposition, für eine höhere Produktivität“, sagt Hermann. Mit einem externen Berater aktualisiert er jedes Jahr den Stundenverrechnungssatz. Vier angestellte Meister – drei Dachdecker und ein Zimmerer – wickeln weitgehend in Eigenregie das Tagesgeschäft ab. Jede Woche sitzt Hermann mit ihnen in der Meister-Runde zusammen. „Da gehen wir alle Bauvorhaben durch, sprechen über die Personal- und Geräteeinteilung, den Bautenstand der laufenden Projekte, den aktuellen Stand der laufenden Nachkalkulation, anstehenden Urlaub und die Übergabe von Projekten.“
Alle Angebote und Rechnungen gehen einmal über den Tisch des Chefs, sonst haben seine Meister freie Hand. Auf den Baustellen sind Teamleiter verantwortlich. Einmal im Monat findet das Teamleiter-Treffen statt. „Da kann sich jeder einbringen und auch sagen, welche Probleme es vielleicht gerade gibt, welche Weiterbildungen er machen möchte und seine Ideen und Vorschläge anbringen“, erklärt der Dachdeckermeister.
Weiterbildung der Mitarbeiter möglichst jedes Jahr
Bei Hermann ist Weiterbildung gelebte Praxis. Vor Corona machte fast jeder Mitarbeiter jährlich eine Fortbildung. „Wir schulen viel im Ausbildungszentrum St. Andreasberg. Dort buchen wir auch mal komplette Kurse nur für unsere Mitarbeiter, etwa zu Flachdachanschlüssen“, erläutert Hermann. Das Angebot kommt gut an bei den allermeisten Beschäftigten. Und es beschränkt sich nicht allein auf das Fachliche. Hinzu kommt etwa Gesundheitsprävention, wie Rückenschule, Stressmanagement oder Ernährung. „Das sind einfache Dinge, aber mit großer Wirkung“, erklärt der Dachdeckermeister. Diese Kurse laufen natürlich während der Arbeitszeit.
Auch bei Finanzen unterstützt der Betrieb seine Leute. Mithilfe eines externen Partners wird der Nettolohn optimiert für eine betriebliche Altersvorsorge. Jeder Mitarbeiter wird persönlich zum Thema beraten, wodurch die anfängliche Skepsis gewichen ist. „Da fließen bis zu 300 Euro pro Person in die betriebliche Altersvorsorge. Das ist ein echter Mehrwert und spricht sich auch herum“, sagt Hermann. Oder es gibt steuerfrei ein E-Bike. Dagegen biete die betriebliche Altersvorsorge über die Soka-Dach zu wenig Ertrag, um als Säule der Altersvorsorge zu dienen.
Insgesamt ist das Betriebsklima sehr gut. Dachdeckermeister Hermann: „Wir machen auch Veranstaltungen, wie das jährliche Bergfest im Sommer.“ Der Chef will Top-Mitarbeiter, nimmt sich dafür Zeit und lässt sich etwas einfallen. So hat er auch genug Auszubildende, die sich initiativ bewerben.
Hermann will seine Ideen verwirklichen
Hermann selbst führt die Auftragsverhandlungen, bestimmt die Ausrichtung des Betriebs und entwickelt neue Ideen. Er wusste schon als Jugendlicher, dass er Dachdecker werden wollte, und half bereits mit 13 Jahren in den Ferien auf den väterlichen Baustellen. Dass er nach dem Meister einen eigenen Betrieb führen wollte, war klar. „Ich will meine Ideen verwirklichen, ohne andere fragen zu müssen.“
So hat er Mitte 2017 zusätzlich den Betrieb HW Hannover Dachbau GmbH gemeinsam mit seinem Kompagnon Bastian Westmann gegründet. „Dort war ein Betrieb in Schwierigkeiten und ich wurde gefragt“, erinnert sich Hermann. Den Großteil der Beschäftigten konnten beide übernehmen. Heute sind es bereits 15 Mitarbeiter in Hannover, das passte auch in seine strategische Ausrichtung. Das Tagesgeschäft überlässt er dem dortigen Co-Geschäftsführer und Mitinhaber, Zimmerermeister Bastian Westmann, und einem angestellten Dachdeckermeister.
Nächste Idee: Holzhäuser komplett realisieren
Seine neueste Geschäftsidee verwirklicht Hermann gemeinsam mit Ehefrau Tina, einer gelernten Bauzeichnerin. ES-MO Immobilien, benannt nach den beiden Kindern Emma-Sophie und Moritz, ist ein Bauträger. „Wir haben Grundstücke gekauft, realisieren die Häuser selbst im Holzrahmenbau mit Partnerfirmen für die Installation und verkaufen danach.“ Fünf barrierefreie Einfamilienhäuser nach KfW-55-Standard werden noch dieses Jahr fertiggestellt, für das nächste Jahr plant das Ehepaar aktuell weitere Einfamilienhäuser und ein „Betreutes Wohnen“. Dabei ergeben sich viele Synergien mit den eigenen Dachdecker- und Zimmerereibetrieben sowie dem dort angestellten Malermeister und den Trockenbauern.
Nachfolge ist schon jetzt ein Thema
Der 43-jährige Dachdeckermeister will aber nicht immer mehr arbeiten, sondern Aufgaben abgeben und die Freizeit mit seinen Kindern ausbauen. Schon jetzt nimmt er sich jeden Mittwochnachmittag frei, fährt öfter in den Urlaub, wo er dann wirklich frei hat. „Ich rufe einmal in zwei Wochen im Betrieb an.“ Klar ist auch, dass mit 58 Jahren für ihn Schluss sein soll. Das gehört zur klaren strategischen Ausrichtung. Die Betriebe werden in jedem Fall weitergeführt, ob es tatsächlich durch die eigenen Kinder sein wird, ist noch nicht abzusehen. Aber auch für den Fall, dass nicht, gibt es schon klare Pläne. Hermann kann diesem Zeitpunkt gelassen entgegenblicken, denn er hat seine Betriebe für die Zukunft gut positioniert.
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