Über Einstiegsqualifizierung in den Traumberuf Dachdecker
14. Juni 2022
Egal mit welchem Dachdecker oder Zimmerer man spricht, das Thema Fachkräfte finden und halten beschäftigt die meisten. Nicht allein Abiturienten sind schwer zu gewinnen, auch Schulabgänger generell. Wir stellen eine Möglichkeit vor – die Einstiegsqualifizierung.
Ein Beispiel dafür ist Nico Hoffmann aus Bremen-Nord, dem es nach seiner Schulzeit an Ideen für einen Berufseinstieg mangelte. „Allerdings war mir klar, dass ich keinen Papierkram am Schreibtisch bearbeiten will, den der Chef mir auf den Tisch packt“, sagt der 19-Jährige. Sein Wunsch: Handwerker werden. „Mein Zeugnis war nicht das Beste, aber ich habe zwei Hände, mit denen ich etwas leisten kann“, so Nico.
Einstiegsqualifizierung als Chance für Betriebe
Er schrieb rund 200 Bewerbungen an Betriebe in verschiedenen Gewerken, „leider ohne Erfolg“, wie Nico ergänzt. Doch dann wurde er durch die Jobvermittlung der Arbeitsagentur auf die sogenannte „Einstiegsqualifizierung“ (EQ) aufmerksam. Dieses von den Bundesländern geförderte Angebot bietet als Jahrespraktikum eine Brücke hin zu einer regulären Ausbildung.
Für Betriebe ist das eine Chance, ohne großes Risiko. Sie erhalten von der Bundesagentur für Arbeit oder dem Jobcenter auf Antrag einen Zuschuss zur Praktikumsvergütung und einen pauschalierten Anteil zur Sozialversicherung. Dafür schließen sie mit dem EQ-Teilnehmenden einen Praktikumsvertrag ab. Der Erfolg spricht für sich: 70 Prozent der Teilnehmer werden danach in eine betriebliche Ausbildung übernommen.
Freund des Vaters hat den Kontakt
Genauso lief es auch bei Nico Hoffmann. Ein Freund seines Vaters, der einst bei der Friedrich-Schmidt-Bedachungs GmbH in Bremen gearbeitet hatte, empfahl ihm, dort wegen einer EQ-Maßnahme nachzufragen und sich zu bewerben. „Der Betrieb fand das gut und ich habe dort erstmal ein kürzeres Praktikum gemacht“, erzählt Nico Hoffmann. Chef Lutz Detring, immer auf der Suche nach geeigneten Nachwuchskräften, bot ihm dann das einjährige Projekt im Zuge der Einstiegsqualifizierung an.
Mit Langzeitpraktikum zur Dachdeckerausbildung
Heute ist der 19-Jährige happy. Seit rund einem halben Jahr erlebt er nun schon auf verschiedenen Dachbaustellen des Mitgliedsbetriebes der Dachdecker-Einkauf Nordwest eG in luftiger Höhe, wie abwechslungsreich die Arbeit als Dachdecker ist. „Ich lerne jeden Tag etwas Neues und alles ist sehr abwechslungsreich. Heute eine Abdeckung, morgen Fenster einbauen und immer an der frischen Luft. Oft wird auch erst kurzfristig entschieden, mit wem und zu welcher Baustelle ich fahre. Da muss man flexibel sein und gut aufpassen“, sagt der angehende Auszubildende, dem man ansieht, dass er sich in diesem Metier wohlfühlt.
„Die Leute hier sind alle prima und ich kann mit meinen eigenen Händen etwas Nützliches tun und abends sehen, was ich geschafft habe“, schwärmt der junge Mann. „Beim Spaziergang durch die Stadt zeige ich meinen Eltern, auf welchen Dächern ich mitgearbeitet und was ich dort gemacht habe.“
Zeugnis nach Einstiegsqualifizierung
Die Kolleginnen und Kollegen freuen sich ebenfalls über den zupackenden Mitarbeiter. Auch Chef Lutz Detring zeigt sich sehr zufrieden mit der Entwicklung des jungen Mannes, der nach seinem EQ-Jahr in die dreijährige Dachdeckerlehre einsteigen will. „Ich bekomme jetzt schon das Gehalt des ersten Lehrjahres“, sagt Hoffmann, der auch die Berufsschule besucht und bei guter Leistung seine spätere Lehrzeit um bis zu sechs Monate verkürzen kann. Am Ende der Einstiegsqualifizierung werden die Leistungen in einem betrieblichen Zeugnis erfasst. Zudem gibt es ein offizielles Zertifikat, das den Übergang in Ausbildung oder Berufstätigkeit erleichtert.
Länger, aber dafür gründlicher
Nico Hoffmann fühlt sich wohl in seiner Haut: „Hier herrscht ein gutes Klima, die Gesellen und Meister erklären mir viele Dinge. Und wenn ich letztlich insgesamt vier Jahre in der Ausbildung bin, so ist das ja nicht unbedingt ein Nachteil. Ich lerne dadurch mehr und alles etwas gründlicher.“
Jugendberufsagentur hilft
Geholfen hat dem jungen Mann Annika Port von der Jugendberufsagentur (JBA) Bremen. Sie hat sichtlich Freude an ihrer Aufgabe, junge Schulabsolventen oder Studienabbrecher bis 25 Jahre bei der Berufsfindung zu unterstützen „Vor einem Jahr haben wir für die JBA den Instagram-Kanal ‚Zukunft klarmachen‘ eingerichtet. Da können wir die Jugendlichen direkt ansprechen, indem wir in kurzen Videos über verschiedene Berufsbilder berichten und kleine Geschichten erzählen.“ So erhalten die Berufe ein Gesicht und die Videos klären über Ausbildungsmöglichkeiten auf. Das ist eine gute Möglichkeit, die potenziellen Interessenten zu erreichen. Mit Nico Hoffmann hat sie im Februar 2022 zwei kleine Videos gedreht und auf den Instagram-Kanal gestellt.
Nico hat sein Ding gefunden
Die Empfehlung von Nico Hoffmann an jemanden, der seinen Traumberuf finden will: „Sich gut beraten lassen, wie zum Beispiel von der Jugendberufsagentur. Sich zwei bis drei Firmen raussuchen. Die Chefs anrufen und nach der Möglichkeit für ein Praktikum fragen. Dann merkst du, ob es dein Ding ist. Ich hab meines hier gefunden.“ Und geholfen hat ihm hierbei die Einstiegsqualifizierung.
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