Erfolgreich: Spontane Dachdecker-Aktion gegen Fahrverbote
Dachdecker

Erfolgreich: Spontane Dachdecker-Aktion gegen Fahrverbote

25. Februar 2020

 · Harald Friedrich

Im vergangenen Jahr schlug der Frankfurter Verkehrsdezernent Klaus Oesterling (SPD) allen Ernstes vor, Handwerker sollten künftig ihre Autos vor den Toren der Stadt stehenlassen und mit den öffentlichen Verkehrsmitteln und dem Fahrrad ihrer Arbeit nachgehen. Nein, das ist kein Aprilscherz gewesen und auch kein Hinweis darauf, dass die Stadtverwaltung im „Römer“ möglicherweise in der Planung noch in der Römerzeit verweilt. Der Vorschlag war ernst gemeint. Später folgte ein sogenannter Kompromiss-Vorschlag der Frankfurter Verkehrsexperten. Die Handwerker sollten Werkzeuge und Material einmalig auf die Baustelle bringen, ihre Lkw vor der Stadt parken und dann per Fahrrad zur Arbeit fahren.

Dachdecker
Coole, aussagekräftige Bildmotive für eine erfolgreiche Dachdecker-Kampagne zum Thema Fahrverbote und Verkehrsprobleme in Frankfurt. Alle Fotos: Landesinnung Hessen/Innung Frankfurt

Dachdecker-Aktion: Baustellenanfahrt über öffentliche Verkehrsmittel

Der Landesinnungsmeister der hessischen Dachdecker, Ludwig Held, konnte über solch lebensferne Ideen nur den Kopf schütteln. Und dieses Kopfschütteln übertrug sich ebenso auf den Geschäftsführer des Landesinnungsverbandes Hessen, Norbert Hain, sowie auf die Dachdecker-Innung Frankfurt am Main mit deren Obermeister Hermann Schmidt. Auch die Handwerkskammer Frankfurt-Rhein-Main hat das Thema Mobilität für Handwerksbetriebe aktuell als Fokusthema gesetzt. Daran knüpfte Ludwig Held an und entwickelte die Idee zu der Fotokampagne.

DachdeckerDachdecker mit der Schubkarre in der Straßenbahn

Auch wenn die Zusammenarbeit mit vielen anderen Gewerken das Ziel war – zum Schluss blieb nur noch das Schreinerhandwerk als „Leidensgenosse“ der Dachdecker übrig. Den anderen Gewerken war das Aktionsbedürfnis der Dachdecker zu spontan, zu schnell und wohl zu unkonventionell. „Schade, ein Installateur mit einer Kloschüssel in der Straßenbahn wäre bestimmt gut gekommen“, meint Held. Und Norbert Hain ergänzt schmunzelnd: „Und neben ihm ein Konditor mit der Hochzeitstorte.“

Die Frankfurter Dachdecker schalteten mit Unterstützung des Landesinnungsverbandes Hessen eine kreative Werbeagentur ein und schnell waren Ideen gefunden. „Wir wollten einfach mal zeigen, wie wir Handwerker nach den Vorstellungen im Rathaus künftig zu ihren Kunden kommen“, so Obermeister Held. Wer viel fragt, bekommt möglicherweise viele Antworten. Also wurde hier nicht nach Drehgenehmigungen oder Fotoerlaubnis gefragt, sondern einfach losgelegt.

DachdeckerDachdecker machen Guerilla-Marketing pur

Nach der Definition des Erfinders des Begriffs „Guerilla-Marketing“, dem Experten Jay C. Levinson, geht es dabei um „ungewöhnliche Vermarktungsaktionen, die mit geringem Mitteleinsatz eine große Wirkung versprechen“.  So versuchten die Dachdecker etwa, mit der Schubkarre in Straßenbahn und Bus einzusteigen. Und zum Erreichen der U-Bahn musste die Schubkarre natürlich auch über eine Rolltreppe bugsiert werden. In Anlehnung an das Abbey-Road-Cover der Beatles marschierten Handwerker mit Leiter und Türblatt über den Zebrastreifen. Dachdecker radelten mit Leiter und Eimer ausgerüstet durch die Straßen.  Spontan ernteten die kreativen Handwerker und ihre Agentur-Crew Kopfschütteln der Passanten und Fahrgäste. Doch diese Seitwärts-Bewegung des Kopfs wich schnell einem Nicken, einem breiten Grinsen und Lob für die Aktion.

DachdeckerDachdecker-Aktion: schnelle Verbreitung über Zeitungen und sozialen Medien

Selbst Tram- und Busfahrer, die sich anfangs noch wunderten und mit den Verzögerungen ihrer Verkehrsmittel natürlich nicht einverstanden sein konnten, zeigten Verständnis für die Initiative. Vielleicht gab es ihnen einen Vorgeschmack, wie ihr Alltag in Zukunft aussehen würde – Fahrgäste mit Schubkarren und Leitern in Bus und Bahn.

Über die sozialen Medien machten die Motive sehr schnell die Runde und kamen auch in den großen Regionalzeitungen, bei Focus online und bei der BILD-Zeitung an. Für eine große Verbreitung sorgte auch der Landesinnungsverband Hessen, der allen interessierten Innungsbetrieben die Kampagnenmotive zur Einbindung auf deren eigenen Websites zur Verfügung stellte. Keine offizielle Reaktion kam dagegen aus dem Frankfurter Rathaus. Dort war der Verkehrsdezernent offenbar anderweitig beschäftigt: Laut Frankfurt Rundschau vom 14. Juli 2019 bat Oesterling die hessische Umweltministerin Priska Hinz (Grüne) in der Debatte um drohende Fahrverbote „um mehr Sachlichkeit“. Ah, ja…

DachdeckerLastenfahrrad für Tonnen Dachziegeln ungeeignet

Ein unerwarteter Gegenwind kam von einem süddeutschen Landesverband der Zweiradmechaniker. Was diese Kampagne denn solle? Es gäbe schließlich auch Lastenfahrräder. Aus dem Gegenwind wurde jedoch sehr schnell Windstille, als die hessischen Dachdecker um eine Erklärung baten, wie denn bitte schön mal schnell ein paar Tonnen Dachziegel mit dem Lastenvelo zur Baustelle kommen sollen? „Wir haben nichts gegen Fahrradfahrer und stellen uns auch nicht gegen den Ausbau des Radwegenetzes. Aber schwere Materialtransporte mit dem Fahrrad sind an der Lebenswirklichkeit vorbei gedacht“, so Norbert Hain. Und Ludwig Held, selbst begeisterter Fahrradfahrer, zu dem Shitstorm: „Ganz sicher gibt es Gewerke, für die das Fahrrad eine Alternative sein kann. Das Bauhandwerk gehört wohl kaum dazu.“

Sie interessieren sich für interessante Neuigkeiten und Aktionen aus den Innungen? Dann lesen Sie unseren Artikel über die Kampagne „3,5 für schwarze Zahlen“.

 

Artikel jetzt teilen!

Weitere Artikel

Newsletter-Anmeldung

DACH-Ticker

Georg Harrasser wird neuer Geschäftsführer bei Nelskamp

Georg Harrasser übernimmt ab November 2024 die Geschäftsführung der Dachziegelwerke Nelskamp. Der 58-jährige Maschinenbauingenieur ist ein alter Bekannter in der Bedachungsbranche. Nach mehr als 25 Jahren bei der BMI Group war Harrasser zuletzt als Präsident bei der Carlisle Construction Materials Europe tätig. Er folgt auf Heiner Nelskamp, der im Mai 2024 als Geschäftsführer in Rente gegangen ist. „Nelskamp ist ein bekannter Name und wird als ein führender Hersteller von Dacheindeckungsmaterial in Deutschland sehr geschätzt. Der Ausbau des deutschen sowie internationalen Geschäfts ist eine spannende Aufgabe, auf die ich mich sehr freue“, so Harrasser.

17. September 2024

A. Ewald Kreuzer wird Ehren-Landesinnungsmeister der bayerischen Dachdecker

Nach Abschluss der Neuwahlen der Vorstandschaft auf dem jüngsten Landesverbandstag der bayerischen Dachdecker stellte der neu gewählte Landesinnungsmeister Mario Kunzendorf den Antrag, A. Ewald Kreuzer für seine herausragenden Verdienste während seiner knapp 20-jährigen Amtszeit als Landesinnungsmeister zum Ehren-Landesinnungsmeister zu ernennen. Kunzendorf bekräftigte die Aussage von ZVDH-Präsident Dirk Bollwerk, dass mit der Zeit von Kreuzer als Landesinnungsmeister eine „Ära“ zu Ende gehe und ergänzte, dass dieser Begriff selten treffender hätte sein können.

18. Juli 2024

ifo Institut erhöht Prognose auf 0,4 Prozent Wirtschaftswachstum für 2024

Das ifo Institut hat seine Prognose für das Wirtschaftswachstum im laufenden Jahr auf 0,4 Prozent heraufgesetzt, von 0,2 Prozent bislang. Im kommenden Jahr dürfte es sich beschleunigen auf 1,5 Prozent. „Es entsteht gerade neue Hoffnung“, sagt ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser. „Die deutsche Wirtschaft arbeitet sich langsam aus der Krise. Das zweite Halbjahr 2024 dürfte deutlich besser ausfallen als das erste.“ Gleichzeitig wird die Inflation abflauen, von 5,9 Prozent im vergangenen Jahr auf 2,2 Prozent in diesem und auf nur noch 1,7 Prozent im kommenden Jahr.  

20. Juni 2024

17 Prozent weniger Baugenehmigungen im April 2024 als im Vorjahr

Im April 2024 wurde in Deutschland der Bau von 17 600 Wohnungen genehmigt. Wie das Statistische Bundesamt mitteilt, waren das 17 Prozent oder 3600 Baugenehmigungen weniger als im April 2023. Im Vergleich zum April 2022 sank die Zahl der Baugenehmigungen sogar um 43,5 Prozent oder 13 500 Wohnungen. Von Januar bis April 2024 wurden 71 100 Wohnungen genehmigt. Das waren 21 Prozent oder 18 900 Wohnungen weniger als im Vorjahreszeitraum. „Deutschlands Wohnungsnot verschärft sich weiter. Was heute nicht genehmigt wird, können wir morgen nicht bauen und wird den Mieterinnen und Mietern am Markt fehlen“, erklärt Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe.

18. Juni 2024

Bundesweite Zoll-Razzia gegen Ring von Dachdecker-Betrügern

Die Staatsanwaltschaft Osnabrück ist mit einer Großrazzia unter anderem im Raum Osnabrück und Leer gegen ein illegales Netzwerk sogenannter fliegender Dachdecker vorgegangen. Bei den Ermittlungen gegen Dachdecker-Betrüger geht es unter anderem um den Vorwurf Schwarzarbeit. Laut Staatsanwaltschaft Osnabrück vollstreckten in einer Razzia 590 Zollbeamte mehr als hundert Durchsuchungsbeschlüsse in Niedersachsen, Hamburg und Berlin. Außerdem unterstützten Spezialkräfte der Polizei die Durchsuchungen von Wohnungen und Gebäuden. Es wurden laut Staatsanwaltschaft Arrestbeschlüsse in Höhe von mehr als 800 000 Euro erwirkt. Es seien deshalb umfangreiche Vermögenswerte in bar sichergestellt worden.

4. Juni 2024

Auftragseingang im Bauhauptgewerbe steigt im Februar 2024 erstmals wieder an

Der reale, also preisbereinigte Auftragseingang im Bauhauptgewerbe ist nach Angaben des Statistischen Bundesamtes im Februar 2024 gegenüber Januar 2024 kalender- und saisonbereinigt um 1,8 Prozent gestiegen. Das gilt auch für die Umsätze, die sich sogar um 2 Prozent erhöhten. Der Auftragseingang nahm im Hochbau um 0,5 und im Tiefbau um 2,9 Prozent zu. Auch gegenüber dem Februar 2023 gibt es eine Steigerung um 0,9 Prozent.

25. April 2024

Positiver Trend im Dachdeckerhandwerk: Steigerung der Azubizahlen

Die aktuellen Zahlen zeigen einen erfreulichen Anstieg der Azubizahlen im Dachdeckerhandwerk. Derzeit erlernen 8490 junge Menschen diesen Beruf, was einem leichten Anstieg um 0,75 Prozent im Vergleich zum Vorjahr mit 8427 Auszubildenden entspricht. Rolf Fuhrmann, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands des Deutschen Dachdeckerhandwerks (ZVDH), betont die positive Entwicklung trotz der allgemeinen Ausbildungssituation und intensiver Konkurrenz mit anderen Berufen.

7. Februar 2024

Holzhandel erzielt im Jahr 2023 deutlich weniger Umsatz

Das schwierige wirtschaftliche Umfeld verbunden mit einer sehr schwachen Baukonjunktur sorgten beim deutschen Holzhandel 2023 insgesamt für einen Umsatzrückgang von 15 Prozent. Teilweise ist dieser Umsatzrückgang aber auch weiter nachgebenden Preisen geschuldet. Die Jahresauswertung des monatlichen GD Holz Betriebsvergleiches zeigt deutlich, dass die schwachen Absatzmärkte im vergangenen Jahr voll auf die Umsatzentwicklung der Branche durchgeschlagen haben. Alle wichtigen Sortimente im Holzhandel sind von diesem Umsatzrückgang betroffen, am stärksten Schnittholz mit einem Umsatzrückgang von 24 Prozent.

2. Februar 2024

ifo Institut: Rentenalter an steigende Lebenserwartung koppeln

Das ifo Institut Dresden hat sich dafür ausgesprochen, das Rentenalter an die steigende Lebenserwartung zu koppeln. „Einige unserer Nachbarländer haben das bereits beschlossen, so die Niederlande, Schweden und Finnland“, sagt ifo-Rentenexperte Joachim Ragnitz. In den Niederlanden werde folgende Regel angewendet: Wenn die Menschen drei Jahre länger leben, müssen sie zwei Jahre länger arbeiten und bekommen ein Jahr länger Rente. Das Verhältnis von Rentnern zu Erwerbstätigen würde damit auch nach dem Jahr 2040 stabil bei rund 40 Prozent liegen und nicht auf fast 50 Prozent steigen, wie derzeit prognostiziert. 

16. Januar 2024

Beschäftigung auf Rekordniveau: Arbeitsmarkt zeigt sich 2023 widerstandsfähig

Im Dezember 2023 waren rund 2,6 Millionen Menschen arbeitslos. Im Vergleich zum November stieg die Arbeitslosenquote saisonbedingt um 0,1 Prozentpunkte auf 5,7 Prozent. Staatssekretärin Leonie Gebers, Bundesministerium für Arbeit und Soziales: „Erfreulich ist, dass die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit 35,1 Millionen im Oktober erneut einen Höchststand erreicht hat und die Nachfrage nach neuen MitarbeiterInnen im Dezember trotz weiterhin schwacher Konjunktur wieder leicht gestiegen ist. Der Arbeitsmarkt erweist sich als verlässlich und widerstandsfähig.“

8. Januar 2024