„Das Dach-Bewusstsein hat sich positiv verändert“

„Das Dach-Bewusstsein hat sich positiv verändert“

13. Februar 2020

 · Harald Friedrich

DACH\LIVE: Klimawandel – ein Hype oder eine echte Bedrohung?

Karl-Heinz Krawczyk: Der Klimawandel ist Realität. Eine Bedrohung ist er heute schon für die Natur und  für Teile der Menschheit. Zum Hype gemacht wird er medial begleitet von diversen Gruppen, die zu Recht eine schnelle und nachhaltige Veränderung fordern. Ob diese so schnell funktionieren kann, wird sich zeigen. Erfreulicherweise ist der Klimawandel zumindest aktuell im Gespräch und in den Köpfen der Menschen. Jeder Einzelne hat hierbei die Gelegenheit, sein Verhalten klimafreundlich zu gestalten, das ist auf Dauer unvermeidlich.

Dach Karl-Heinz Krawczyk
Sieht jeden Einzelnen in der Pflicht, sein Verhalten zu verändern: Karl-Heinz Krawczyk, Landesinnungsmeister der Dachdecker in Baden-Württemberg. Er führt einen Betrieb in Freiburg.

DACH\LIVE: Die Umsetzung des Klimapakets lockt mit steuerlichen Anreizen und vielen Fördermöglichkeiten. Wird das Dachdeckerhandwerk zum ersten Ansprechpartner für Bauherren?

Karl-Heinz Krawczyk: Das Dachdeckerhandwerk wird in Sachen Dach-, Wand- und Abdichtungstechnik bei der Umsetzung des Klimapakets sicherlich ein erster Ansprechpartner für Bauherren werden. Das waren wir auch schon vor dem Klimapaket. Unser Gewerk hat neben einigen anderen Gewerken schon seit langer Zeit daran gearbeitet, die Gebäude klimafreundlicher zu machen. Der Bund, das Land und auch die Städte gewähren seit geraumer Zeit diverse Fördermittel für klimafreundliche Baumaßnahmen. Wir beraten und betreuen unsere Kunden dabei von Beginn an.

Dach Karl-Heinz Krawczyk
Dämmen spart: In Wohngebäuden ist die Raumwärme Energiefresser Nummer eins.

DACH\LIVE: Das Dachdeckerhandwerk steht für die Umsetzung bereit, lautet die Meldung des ZVDH. Gibt es noch leere Seiten in den Auftragsbüchern?

Karl-Heinz Krawczyk: Leere Seiten in den Auftragsbüchern gibt es derzeit wohl bei keinem Handwerker. Das Bereitsein bezieht sich diesbezüglich auf die technische Herausforderung, die wir fachgerecht umsetzen können. Das Dachdeckerhandwerk hat sich schon vor langer Zeit auf den Klimawandel eingestellt. Das Thema ist ja nicht neu, es erfährt derzeit nur durch Greta Thunbergs Aktivitäten neue und große Aufmerksamkeit.

 DACH\LIVE: Hat sich das Dach-Bewusstsein bei den Kunden verändert – zum Beispiel durch mehr Aufgeschlossenheit für einen DachCheck?

Karl-Heinz Krawczyk: Das Dach-Bewusstsein bei den Kunden hat sich positiv verändert. Die Kunden legen zunehmend Wert auf Qualität. Und diese Qualität ist ihren Preis wert, wenn man sieht und weiß, was man dafür bekommt. Die Niedrigzinsphase motiviert viele Gebäudeeigentümer dazu, in ihre Immobilie zu investieren. Dazu kommen vermehrt Starkregen- und Hitzeperioden, die ein gedämmtes und dichtes Dach unvermeidlich für die Wohn- und Lebensqualität machen.

Dach Karl-Heinz Krawczyk
Es braucht gut ausgebildete Fachkräfte, um die gesetzlichen Vorgaben in der energetischen Sanierung auch sauber und exakt umsetzen zu können.

DACH\LIVE: Die Anforderungen an die energetische Sanierung sind hoch. Zu hoch für den normalen Auszubildenden im Dachdeckerhandwerk?

Karl-Heinz Krawczyk: Die Anforderungen an die energetische Sanierung sind hoch und die Ausbildung unserer Auszubildenden ist ausgezeichnet dafür ausgerichtet. Die Ausbildungsordnung wird fortwährend an alle Anforderungen angepasst, sei es technischer oder auch digitaler Natur. Auch Hersteller, Lieferanten und Verarbeiter haben ein großes Interesse daran, dass ihre Dämm-Systeme fachgerecht verarbeitet werden. Dazu werden Materialien und Schulungen in den Ausbildungszentren angeboten, dies gehört zum regulären Ausbildungsbetrieb dazu.

 DACH\LIVE: Baden-Württemberg verzeichnet eine Steigerung bei der Zahl der Auszubildenden im Dachdeckerhandwerk. Wie haben Sie das geschafft?

Karl-Heinz Krawczyk: Der Landesverband Baden-Württemberg ist schon seit vielen Jahren sehr aktiv in der Nachwuchswerbung, sowohl in Printmedien als auch in sozialen Medien. In diesem Jahr werden wir mit einer außergewöhnlichen PR-Kampagne an den Start gehen.

Ein schöner Anreiz, um Nachwuchs-Fachkräfte zu gewinnen: das Azubi-Konzept.
Smart als Dienstwagen: Ein schöner Anreiz, um Nachwuchs-Fachkräfte zu gewinnen. Das Azubi-Konzept stammt von der Dachdeckerinnung Stuttgart. Mal sehen, was die neue PR-Kampagne der Landesinnung Baden-Württemberg zu bieten hat.

Der Trend zum Studium ist verständlich, weil man sich erhofft, mit einem akademischen Beruf weniger Schmutzfinger, mehr Ansehen und mehr Verdienst zu haben. Ob das dann hilft, wenn das Dach des schönen Eigenheims undicht ist und kein Handwerker zu finden ist, wage ich zu bezweifeln. Der Handwerksberuf ist zukunftsträchtig und nicht wegzudenken. Junge Leute lernen bei einem Betriebspraktikum praxisnah die Tätigkeit eines Dachdeckers kennen, erfahrungsgemäß macht etwa die Hälfte der Praktikanten im Anschluss eine Handwerksausbildung und bleibt danach dem Betrieb als unverzichtbare Fachkraft erhalten.

 DACH\LIVE: Alle reden von bezahlbarem Wohnraum. Gleichzeitig werden die Auflagen und Anforderungen immer höher. Brauchen wir so viele Gesetze und Vorschriften?

Dach Karl-Heinz Krawczyk
Lobbyarbeit auf der Messe Dach+Holz: Karl-Heinz Krawczyk empfängt Ministerpräsident Winfried Kretschmann und ZVDH-Präsident Dirk Bollwerk (von links) am Stand der Landesinnung Baden-Württemberg zum Gespräch.

Karl-Heinz Krawczyk: Dieses Übermaß an Gesetzen und Vorschriften in den letzten Jahren ist gewiss diskutabel. Eine Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis lässt sich nicht so leicht leugnen. Die Auflagen und Anforderungen machen bezahlbaren Wohnraum sehr teuer, so dass er schlussendlich unbezahlbar wird. Natürlich wäre „einfach bauen“ eine Lösung. Damit gemeint ist, dass wirtschaftlich gebaut wird: Praktisch, funktionell, nachhaltig, energie- und auch platzsparend. Dabei ist der Baustoff Holz ein großes Thema. Wie hoch die Anforderungen an Stellplätze oder den sehr strengen Brandschutz sein sollten, lässt sich diskutieren. Auch ein Preistreiber ist sicherlich die Vergabe der Bauaufträge an den günstigsten Anbieter. Denn der leistet vielleicht nicht zwingend die beste Arbeit und die dadurch entstandenen Baumängel müssen kostenintensiv beseitigt werden.

 DACH\LIVE: Alle reden von der Digitalisierung – auch im Dachdeckerhandwerk. Was merkt der Mitarbeiter davon – außer, dass der Chef vielleicht eine Drohne einsetzt?

Karl-Heinz Krawczyk: Tatsächlich merken unsere Mitarbeiter, dass ich als Chef gelegentlich eine Drohne im Einsatz habe. Der Ablauf einer Drohneninspektion ist bei uns mittlerweile ganz normaler Arbeitsalltag. Tatsächlich merken sie aber auch, dass sich in unserem Betrieb seit einigen Jahren schleichend die Digitalisierung breitmacht. Diese Veränderungen werden von allen Beteiligten sehr positiv wahrgenommen und unterstützt. Für Anregungen von allen Seiten und weitere digitale Veränderungen sind wir sehr offen. Unsere Mitarbeiter haben mehrere Apps auf ihren Handys, die im Arbeitsalltag ohne Probleme genutzt werden. Übrigens ist die Nutzung von WhatsApp auch betriebliche Digitalisierung.

DACH\LIVE: Die Flächenversiegelung durch Bebauung beträgt pro Jahr in Deutschland rund 100 Quadratkilometer. Muss da nicht eigentlich eine Gründach-Pflicht kommen?

Dach Karl-Heinz Krawczyk
Begrünte Dächer sehen schön aus, dämmen sehr gut und binden CO2.

Karl-Heinz Krawczyk: Eine Gründach-Pflicht muss nicht kommen, eine Gründach-Empfehlung wäre aber durchaus sinnvoll. Unter Umständen könnte es für den Fall einer Nachverdichtung zur Pflicht werden, den Anteil der Grünfläche, die durch diese Bebauung wegfällt, oben auf dem Dach durch eine entsprechende Grünfläche zu ersetzen. Auch die Aufstockung von Bestandsgebäuden ist sehr empfehlenswert, wenn sie technisch durchführbar sein sollte. Die Flächenversiegelung ist kein neues Problem, sie wird heutzutage nur stärker wahrgenommen. Die Fassadenbegrünung wird immer mehr thematisiert, das wäre auch ein Lösungsansatz. Durch den Zuzug von Menschen in die Ballungsräume wächst unvermeidlich der Bedarf an Wohnraum. Die Notwendigkeit einer Flächenversiegelung ist damit quasi absehbar. Dieses Problem zu lösen, bedarf umfangreicheren Überlegungen und ist aktuell nicht einfach zu bewältigen.

 DACH\LIVE: Was wird der Dachdeckermeister Karl-Heinz Krawczyk mit 67 machen?

Karl-Heinz Krawczyk: Mit 67 Jahren werde ich weiterhin mein Leben genießen, hoffentlich gesund sein,  in einer klimafreundlichen Welt leben und meinen potenziellen Enkelkindern von der guten neuen Zeit erzählen.

Sie interessieren sich für Themen aus den Verbänden & Innungen? Dann lesen Sie unseren Artikel über die bürokratischen Hürden, als Dachdecker auch Zimmerer auszubilden.

Artikel jetzt teilen!

Weitere Artikel

Newsletter-Anmeldung

DACH-Ticker

Positiver Trend im Dachdeckerhandwerk: Steigerung der Azubizahlen

Die aktuellen Zahlen zeigen einen erfreulichen Anstieg der Azubizahlen im Dachdeckerhandwerk. Derzeit erlernen 8490 junge Menschen diesen Beruf, was einem leichten Anstieg um 0,75 Prozent im Vergleich zum Vorjahr mit 8427 Auszubildenden entspricht. Rolf Fuhrmann, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands des Deutschen Dachdeckerhandwerks (ZVDH), betont die positive Entwicklung trotz der allgemeinen Ausbildungssituation und intensiver Konkurrenz mit anderen Berufen.

7. Februar 2024

Holzhandel erzielt im Jahr 2023 deutlich weniger Umsatz

Das schwierige wirtschaftliche Umfeld verbunden mit einer sehr schwachen Baukonjunktur sorgten beim deutschen Holzhandel 2023 insgesamt für einen Umsatzrückgang von 15 Prozent. Teilweise ist dieser Umsatzrückgang aber auch weiter nachgebenden Preisen geschuldet. Die Jahresauswertung des monatlichen GD Holz Betriebsvergleiches zeigt deutlich, dass die schwachen Absatzmärkte im vergangenen Jahr voll auf die Umsatzentwicklung der Branche durchgeschlagen haben. Alle wichtigen Sortimente im Holzhandel sind von diesem Umsatzrückgang betroffen, am stärksten Schnittholz mit einem Umsatzrückgang von 24 Prozent.

2. Februar 2024

ifo Institut: Rentenalter an steigende Lebenserwartung koppeln

Das ifo Institut Dresden hat sich dafür ausgesprochen, das Rentenalter an die steigende Lebenserwartung zu koppeln. „Einige unserer Nachbarländer haben das bereits beschlossen, so die Niederlande, Schweden und Finnland“, sagt ifo-Rentenexperte Joachim Ragnitz. In den Niederlanden werde folgende Regel angewendet: Wenn die Menschen drei Jahre länger leben, müssen sie zwei Jahre länger arbeiten und bekommen ein Jahr länger Rente. Das Verhältnis von Rentnern zu Erwerbstätigen würde damit auch nach dem Jahr 2040 stabil bei rund 40 Prozent liegen und nicht auf fast 50 Prozent steigen, wie derzeit prognostiziert. 

16. Januar 2024

Beschäftigung auf Rekordniveau: Arbeitsmarkt zeigt sich 2023 widerstandsfähig

Im Dezember 2023 waren rund 2,6 Millionen Menschen arbeitslos. Im Vergleich zum November stieg die Arbeitslosenquote saisonbedingt um 0,1 Prozentpunkte auf 5,7 Prozent. Staatssekretärin Leonie Gebers, Bundesministerium für Arbeit und Soziales: „Erfreulich ist, dass die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit 35,1 Millionen im Oktober erneut einen Höchststand erreicht hat und die Nachfrage nach neuen MitarbeiterInnen im Dezember trotz weiterhin schwacher Konjunktur wieder leicht gestiegen ist. Der Arbeitsmarkt erweist sich als verlässlich und widerstandsfähig.“

8. Januar 2024

Dachdecker gilt als am wenigsten durch Künstliche Intelligenz gefährdeter Beruf

Die meisten Büroberufe halten viele Menschen nach einer repräsentativen Umfrage der Marktforscher von YouGov für akut gefährdet, durch Künstliche Intelligenz (KI) ersetzt zu werden. Besser sind die Zukunftsaussichten für die handwerklich geprägten Berufe, bei denen sich die menschliche Komponente nur sehr schwer ersetzen lässt. Den Beruf des Schreiners halten 64 Prozent der Befragten für wenig oder gar nicht gefährdet, 65 Prozent den Beruf Maler und für den Beruf Dachdecker sehen gar 71 Prozent der Befragten wenig oder gar keine Gefahr.

21. Dezember 2023

Mayener Meisterwoche 2024 mit aktuellen Themen

In Mayen werden vom 24.-26. Januar 2024 wieder Tür und Tor für die Mayener Meisterwoche (MMW) geöffnet. Das Programm lässt keine Wünsche offen und beleuchtet die aktuellen Themen der Zeit: Neben wichtigen Neuerungen im Fachregelwerk geht es um Schadensfälle bei PV-Anlagen, die Möglichkeiten und Grenzen einer 4-Tage-Woche in Dachdeckerbetrieben, aber auch Cybersicherheit und KI im Handwerk versprechen interessante Einsichten. Ein Blick in das Programm lohnt auf jeden Fall.

15. Dezember 2023

Neues Führungs-Duo bei Velux Deutschland

Mit sofortiger Wirkung übernehmen Silke Stehr als Sprecherin der Geschäftsführung und Matthias Mager als Geschäftsführer Vertrieb die Leitung von Velux Deutschland. Jacob Madsen, bisheriger Geschäftsführer, wechselt als Executive Vice President Region North Europe in das Top-Management der Velux Gruppe. „Silke und Matthias haben viel Markt- und Branchen-Erfahrung und gestalten Velux schon lange erfolgreich mit,“ erklärt Madsen. „Gemeinsam werden wir unser Qualitätsversprechen, die enge Zusammenarbeit mit den Partnerbetrieben im Fachhandel und Handwerk und die starke Position des Unternehmens weiter ausbauen.“

4. Dezember 2023

Auftragszahlen im Wohnungsbau gehen weiter abwärts

„Seit mehr als einem Jahr verzeichnen wir nun schon negative Zahlen bei Baugenehmigungen und Auftragseingängen im Wohnungsbau. Von Januar bis September wurden fast 77.000 Wohneinheiten weniger genehmigt als im Vorjahreszeitraum. Die Order sind im September um real 15 Prozent zurückgegangen“, so Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer Zentralverband Deutsches Baugewerbe. Der Der Wohnungsbau brauche neben dem beim Kanzlergipfel verabschiedeten 14-Punkte-Plan kurzfristige Hilfe, sonst werde der Einbruch noch dramatischer.

24. November 2023

ifo Institut: Auftragsstornierungen im Wohnungsbau erreichen neuen Höchststand  

Die Stornierungswelle im Wohnungsbau reißt nicht ab. Im Oktober meldeten 22,2 Prozent der Unternehmen gestrichene Projekte, im Vormonat waren es 21,4 Prozent. „Es wird immer schlimmer, mehr und mehr Projekte scheitern am gestiegenen Zinsniveau und den teuren Baupreisen“, sagt Klaus Wohlrabe, Leiter der ifo Umfragen. „Das Neugeschäft im Wohnungsbau ist weiterhin sehr schwach, die Auftragsbestände der Firmen schmelzen ab.“ 

15. November 2023

ifo Institut: Wirtschaftsleistung 2023 schrumpft um 0,4 Prozent

Das ifo Institut hat seine Konjunkturprognose bestätigt. Demnach wird die deutsche Wirtschaftsleistung 2023 um 0,4 Prozent schrumpfen. Im kommenden Jahr wird sie dann um 1,4 Prozent steigen, aber 0,1 Prozentpunkte weniger als bislang gedacht. Im Jahre 2025 wird das Wachstum 1,2 Prozent betragen. „Anders als bislang erwartet dürfte die Erholung in der zweiten Jahreshälfte 2023 ausbleiben. Die Abkühlung setzt sich fort, in nahezu allen Branchen steht die Tendenz auf Flaute“, sagt ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser. 

8. September 2023