Tarifeinigung im Dachdeckerhandwerk: 8 Prozent mehr Lohn
8. November 2022
Nachdem die Arbeitgeber das erste vorläufige Tarifergebnis Mitte September noch abgelehnt hatten, konnten sich der Zentralverband des Deutschen Dachdeckerhandwerks (ZVDH) und die IG BAU jetzt in einer weiteren Verhandlungsrunde im Oktober doch noch einigen. Wir erläutern die Ergebnisse.
Steuerfreie Inflationsprämie von 950 Euro
Ein Knackpunkt war, dass der ZVDH das von der Bundesregierung vor kurzem im Zuge des dritten Entlastungspaketes beschlossene steuer- und abgabenfreie Gehaltsextra von 3.000 Euro pro Jahr mit in die Verhandlungen einbeziehen wollte. Dies ist jetzt auch geschehen. Zusätzlich zur Steigerung der Löhne erhalten die gewerblichen und kaufmännischen Beschäftigten im Dachdeckerhandwerk einen Ausgleich der deutlich gestiegenen Lebenshaltungskosten in Form einer steuer- und sozialabgabenfreien Inflationsprämie in Höhe von 950 Euro, zahlbar in zwei gleichen Raten im Frühjahr 2023 und 2024. Teilzeitbeschäftigte erhalten eine anteilige Zahlung, Azubis erhalten 315 Euro Inflationsprämie.
Was unverändert bleibt gegenüber dem ersten vorläufigen Tarifergebnis vom August: Die Löhne und Gehälter für die rund 100.000 Beschäftigten steigen zum 1. November 2022 um 5,0 Prozent und zum 1. Oktober 2023 um weitere 3,0 Prozent. Die Laufzeit der neuen Tarifverträge beträgt 27 Monate.
Mehr Geld für Azubis in zwei Stufen
Auch die Auszubildenden im Dachdeckerhandwerk können sich über mehr Geld freuen: Die Ausbildungsvergütung wird für jedes Ausbildungsjahr in zwei Schritten angehoben.
Erhöhter Zuschuss für Ausbildungsbetriebe
1. Ausbildungsjahr
ab 01.10.2022: 820 Euro
ab 01.10.2023: 860 Euro
2. Ausbildungsjahr
ab 01.10.2022: 990 Euro
ab 01.10.2023: 1.040 Euro
3. Ausbildungsjahr
ab 01.10.2022: 1.260 Euro
ab 01.10.2023: 1.320 Euro
Ausbildungsbetriebe werden durch eine erweiterte Erstattung einer Monatsvergütung für Auszubildende im 3. Ausbildungsjahr gestärkt. Bisher wurden sieben Monate im 1. Ausbildungsjahr, fünf im 2. Lehrjahr und einer im 3. Jahr erstattet. Jetzt wird im dritten Lehrjahr ein zweiter Monat über die Soka-Dach erstattet. Im Gegenzug übernehmen die Arbeitgeber im Dachdeckerhandwerk anfallende Fahrt- und gegebenenfalls Übernachtungskosten und Verpflegungskosten der Auszubildenden für die Gesellenprüfung.
Finanzierung Schlechtwettergeld: Arbeitnehmer müssen weiter zahlen
Gewerbliche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erhalten zudem zwei Urlaubstage mehr als bisher, denn der Arbeitnehmeranteil an der Winterbeschäftigungsumlage wird künftig ausschließlich durch einen Abzug von 0,8 Prozent des Bruttomonatslohns erbracht. Diese Umlage ist ein monatlich zu leistender Beitrag von Arbeitnehmern und Arbeitgebern. Er dient dazu, ergänzende Leistungen des Saison-Kurzarbeitergeldes, ehemals Schlechtwettergeld, zu finanzieren. Die IG BAU wollte, dass der Arbeitnehmeranteil ganz entfällt zu Lasten der Arbeitgeber.
In die Beschäftigten investieren
„Der Kompromiss ist uns nicht leichtgefallen“, erklärt ZVDH-Präsident Dirk Bollwerk, Verhandlungsführer auf Arbeitgeberseite. Es sei aber gerade jetzt besonders wichtig, „in unsere Beschäftigten zu investieren, die auch unter den gestiegenen Kosten leiden. Und als Klimahandwerk wollen wir im Kampf um die Talente auch weiterhin attraktiv sein für die Fachkräfte von morgen.“ Die Anhebung der Vergütung für Azubis sei hier ebenfalls ein deutliches Signal.
Ein starkes Signal für das Handwerk
„In diesen, für beide Seiten unsicheren Zeiten, war es ein hartes Stück Arbeit, einen Tarifkompromiss zu erzielen“, erläutert Carsten Burckhardt, Verhandlungsführer für die IG BAU. „Am Ende ist es aber ein starkes Signal für das Handwerk, das zeigt, dass Tarifpartnerschaft im Sinne der Beschäftigten und der Betriebe gerade im Handwerk funktionieren kann. Die Beschäftigten können, vor dem Hintergrund steigender Lebenshaltungskosten, wieder optimistischer in die Zukunft schauen und dem Dachdeckerhandwerk die Treue halten.“
Attraktivität der Ausbildung weiter steigern
Die Tarif- und Sozialpartner wollen im Dachdeckerhandwerk in den nächsten Wochen Vorhaben erarbeiten, die die Attraktivität der Ausbildung und den Verbleib in der Branche erhöhen sollen. Dazu zählen die Förderung von lernschwachen Auszubildenden, Angebote für die digitale Berufsbildung, die kontinuierliche Qualifizierung von Ausbildern und Ausbilderinnen, ein Starter-Kit für neue Auszubildende und anderes mehr. „Auch diese Übereinkunft freut mich wirklich sehr, endlich gehen wir gezielt gegen den Fachkräftemangel vor“, sagt Burckhardt.
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