Bester Dachdecker-Azubi: Geschichte eines Geflüchteten

Bester Dachdecker-Azubi: Geschichte eines Geflüchteten

12. November 2020

 · Harald Friedrich

Auf dem Weg zum Dachdecker-Azubi: Flucht von Afghanistan in den Iran

Ziya Rahimi wurde 1999 im Süden Afghanistans geboren – in einen Konflikt hinein, der zu diesem Zeitpunkt schon 20 Jahre andauerte und bis heute noch währt. Ziya war gerade einmal elf Jahre alt, als seine Familie beschloss, ihm ein anderes Leben zu ermöglichen. Abseits von der täglich drohenden Lebensgefahr in vielen Regionen Afghanistans. Zusammen mit seinem Onkel floh er in den Iran. Während andere Kids in seinem Alter in Deutschland Fußball spielten, auf dem Skateboard unterwegs waren oder einfach nur chillten, arbeitete Ziya Rahimi als Koch und später als Schweißer auf einer Baustelle.

Bild von Dachdecker-Azubi Ziya Rahimi auf dem Flachdach.
 Lernte in nur zwei Monaten Deutsch: der Geflüchtete Ziya Rahimi.

Auf dem Weg zum Dachdecker-Azubi: vom Iran geht es Richtung Deutschland

Mit knapp 15 Jahren entschied er sich, den Weg nach Westen anzutreten. Vom Iran über die Türkei, Griechenland, Mazedonien, Serbien, Ungarn und Österreich erreichte er nach sechs Monaten Deutschland. Dort ist er allein auf sich gestellt. Schon damals war ihm klar, dass er die Sprache seines Aufnahmelandes lernen muss, um eine Chance zu bekommen. Und diese Chance wollte er nutzen. In nur zwei Monaten lernte er in München Deutsch, bevor er von den Behörden nach Himmelthal im tiefsten Spessart verlegt wurde.

Auf dem Weg zum Dachdecker-Azubi: Pflegemutter schlägt Praktikum vor

Im Nachhinein ein Glücksfall für ihn, denn hier fand er bereits nach zwei Wochen bei einer deutschen Pflegefamilie in Bürgstadt ein neues Zuhause. Dort absolvierte er binnen kürzester Zeit seinen Schulabschluss. Dann folgten mehrere Praktika – von Bäcker über Schweißer bis zum Kfz-Mechatroniker. „Meine Pflegemutter hat mir dann den Tipp mit dem Dachdeckerhandwerk gegeben“, erinnert sich Ziya. „Bis dahin wusste ich nicht mal, dass es so einen Beruf gibt“, sagt er und lacht.

Bild von Dachdecker-Azubi Ziya Rahimi in der Werkstatt.
In der Werkstatt der Klemens Ott GmbH können die Dachdecker-Azubis ihre praktischen Kenntnisse vertiefen.

Und nach einem Praktikum bei der Klemens Ott GmbH in Miltenberg, Mitgliedsbetrieb der Dachdecker-Einkauf Süd eG, stand für ihn fest: Dachdecker – mein Beruf. Hier ganz oben war seine Welt der Baustellen, die er ja schon als Kind im Iran kennengelernt hatte. Die Lehre als Dachdecker-Azubi beendete er nach drei Jahren im Frühjahr 2020 – als Innungsbester der Dachdecker-Innung Aschaffenburg-Miltenberg. Buchstäblich noch druckfrisch ist sein Autoführerschein, den er im September mit null Fehlern bestanden hat.

Bild von Dachdecker-Azubi Ziya Rahimi mit Kollegen und Chef Peter Ott und dem Zeugnis in der Hand nach der Freisprechung.
Chef Peter Ott (rechts) unterstützt seinen afghanischen Dachdecker, wo er kann.

Auf dem Weg zum Bleiberecht: Junggeselle gefällt die neue Heimat

Ziya Rahimi ist damit eigentlich genau der ehemalige Geflüchtete, von dem so viele behaupten, es gäbe ihn nicht: Er spricht nahezu perfekt Deutsch, hat Schule und Ausbildung erfolgreich abgeschlossen, finanziert selbst seine kleine Wohnung. Und bei der Frage, was ihm in Deutschland eigentlich am besten gefällt, muss er nicht lange überlegen. „Die freundlichen Menschen, die Sauberkeit und dass es in Deutschland Recht gibt.“ Ihm gefällt seine neue Heimat, auch wenn er gerade erneut ein Bleiberecht beantragen musste, weil die Behörden ihm dies bislang verweigern.

Foto von Ziya Rahimi bei der Arbeit auf dem Flachdach.
Ziya Rahimi verdient jetzt als Dachdeckergeselle sein eigenes Geld – das Bleiberecht wird ihm jedoch weiterhin verweigert.

Flüchtlinge als Dachdecker-Azubis: Peter Ott macht gute Erfahrungen

Von seinem Arbeitsgeber, der Klemens Ott GmbH, wird er auch in Sachen Bleiberecht unterstützt. Inhaber Peter J. Ott hat bislang beste Erfahrungen mit jungen Geflüchteten gemacht. Deshalb beschäftigt er aktuell einen weiteren jungen Mann aus Afghanistan als Dachdecker-Azubi. Der hatte zuvor bereits mehrere Monate mit vollem Einsatz als Helfer bei ihm gearbeitet. „Diese Menschen nehmen ihre Ausbildung sehr ernst – trotz aller Hürden und Hindernisse“, berichtet Ott. Deshalb ist es auch Ehrensache für ihn, das Netzwerk „Unternehmer integrieren Flüchtlinge“ zu unterstützen.

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