Dachdecker macht erfolgreich Comedy auf TikTok
13. Mai 2021
Dachdecker auf Instagram – ja, da sind schon viele erfolgreich unterwegs. Doch wie sieht es auf TikTok aus, dem zweiten angesagten sozialen Medium für Jugendliche, also potenzielle Azubis? Hier dreht sich alles um kurze Videos, die interessant, überraschend und humorvoll sein sollten. Unter den bislang wenigen Dachdeckern und Zimmerern auf TikTok ist Maurice Odendahl der erfolgreichste mit bereits über 150.000 Followern. Sein Videoformat heißt „Herr Geselle & Lehrling!“ und bietet interessante Einfälle und witzige Dialoge.
Kleine Geschichten aus dem Alltag gefilmt
„Ich erzähle gerne auf Instagram und TikTok von meinem Beruf. Auf TikTok ist es mehr Comedy.“ Auf lockere Weise filmt er kleine Geschichten aus dem Alltag, was halt so passieren kann zwischen dem Gesellen und dem Lehrling. „Ich habe da selbst als Lehrling vieles erlebt, positiv und negativ. Heute will ich ein Vorbild für den eigenen Lehrling sein“, sagt der 20-Jährige, der vor einem Jahr selbst die Rollen gewechselt hat und seitdem als Geselle arbeitet.
Auf TikTok Vorurteile gegenüber dem Dachdecker-Handwerk widerlegen
Odendahl findet es schade, dass noch so wenige Handwerker auf TikTok aktiv sind. Gerade weil dort so viele junge Menschen unterwegs sind und man dadurch bei der jungen Generation die Vorurteile gegenüber dem Handwerk widerlegen kann. Er selbst hat mit seinem eigenen Format großen Erfolg. „Es macht halt keiner so, und es kommt gut an bei den Leuten.“ Auf die Idee ist der junge Dachdecker gekommen, als er nach der Ausbildung mal als Herr Geselle angesprochen wurde.
Dächer und Höhe hatten schon immer ihren Reiz
Dächer haben Odendahl schon als Jugendlichen gereizt. Wie das viele so machen, raufklettern und dort oben rumlaufen. Etwas in der Höhe wollte er dann auch beruflich machen. Erst sollte es eine Lehre zum Schornsteinfeger sein, doch dann zog der damals 14-Jährige vor der zehnten Klasse um in eine andere Stadt, nach Kalkar. „Meine Mutter war für mich sehr negativ, da musste ich raus. Ich hatte unter diesen Umständen weder Perspektiven noch eine Zukunft und kam in einer Pflegefamilie unter.“ Odendahl hatte eine harte Kindheit, seinen Vater lernte er erst mit 17 Jahren kennen. Doch er macht daraus keine große Sache.
Dachdeckerbetrieb über die Freundin gefunden
In Kalkar kannte er zunächst niemanden. Doch Odendahl fand seine Freundin und sie stellte den Kontakt zur Dachdeckerfirma her, wo er bis heute arbeitet. Schon in der zehnten Klasse stand er als Praktikant jeden Donnerstag mit auf dem Dach und in den Ferien auch länger am Stück. Dann war klar, dass Odendahl nach der Schule seine Ausbildung im Betrieb Ge-Mo-Bau startet. Allerdings nicht für die Pflegeeltern, die sich eine andere Lehrstelle für ihn vorgestellt hatten. Aufgrund dieser und weiterer Probleme zog der damals 16-Jährige kurzerhand in eine kleine eigene Wohnung. „Gehe deinen eigenen Weg, nicht einen, der dir vorgeschrieben wird“, so beschreibt er es in einem Instagram-Post.
Die Chefs unterstützen den 16-Jährigen mit der eigenen Wohnung
„Die Vermieter kannten meine Chefs und die standen damit quasi als Bürgen im Hintergrund“, sagt Odendahl. Überhaupt hätten ihn seine Chefs in allem super unterstützt, etwa bei Verträgen für die Wohnung oder den Strom. „Und sie haben sich auch Zeit genommen für meine Probleme, abends beim Bierchen nach der Arbeit.“ Eine wichtige Unterstützung für einen Jugendlichen, der sehr früh selbstständig werden musste. „Mein Prinzip ist, im Moment zu bleiben, mich nicht hängenzulassen. Ich habe viel Fleiß und wollte schnell eigenes Geld verdienen“, erzählt der Dachdecker. Bis Corona hatte er noch einen Nebenjob in der Gastronomie, und auch heute jobbt er noch nach seiner Arbeit als Dachdeckergeselle.
Als Geselle jetzt schon selbstständig Dächer gedeckt
Dachdecker in einem Familienbetrieb, das ist genau sein Ding. „Diese Ausbildung hat gepasst. Ich liebe die Höhe, den Ausblick. Und ich brauche Bewegung, ruhig sitzen bleiben, das kann ich nicht so gut.“ Er ist gerne unter Menschen und möchte sehen, was er hergestellt hat. Seine Chefs haben ihn gerade bei der Theorie gut unterstützt. „Da gab und gibt es viele Gespräche. Ich habe auch Lust, mit zu überlegen und Lösungen zu finden.“ Inzwischen deckt der Geselle ganze Dächer selbstständig und kümmert sich um seine Baustellen, alles natürlich mit seinem Lehrling. „Ich bin absolut zufrieden.“
Stolz auf das bislang Erreichte
Der nächste Schritt könnte irgendwann der Meisterkurs sein. Doch das ist für Odendahl bislang noch Zukunftsmusik. Er will die nächsten Jahre möglichst viel Praxis auf Baustellen sammeln. „Mir fehlt da noch die Routine. Ich kontrolliere momentan eher zweimal zu viel und habe immer Sorge, dass mir ein Fehler unterläuft.“ In seiner Kindheit ist vieles schief gelaufen, jetzt sieht sich Odendahl auf dem richtigen Weg. „Ich bin weiter als andere in meinem Alter und richtig stolz auf das, was ich bislang erreicht habe.“
Nächste Idee: qualitativ hochwertigere Videos auf YouTube
Zukünftig möchte Odendahl weiterhin jungen Leute Einblicke in seine Arbeit auf den Baustellen bieten. In Planung ist ein YouTube-Kanal, um dort längere und qualitativ hochwertigere Videos zu präsentieren. „Ich freue mich darauf und hoffe, dass es weiterhin gut bei meinen Zuschauern ankommt.“
Sie interessieren sich für das Thema Dachdecker werden? Dann lesen Sie unsere Story, über Celina Hansen, die gemeinsam mit dem Zwillingsbruder auf die Dächer steigt.