Das Dachdecker-Modell mitbringen ins Klassenzimmer

Das Dachdecker-Modell mitbringen ins Klassenzimmer

24. Oktober 2019

 · Michael Podschadel

Wenn der Dachdecker zur Schule geht

Die mangelnde Berührung von Schülern mit dem Handwerk ist gravierend und bleibt keineswegs auf die Gymnasien beschränkt. Auch an den Real-, Haupt- und Gesamtschulen muss und kann sich die sogenannte Berufsorientierung dem Handwerk gegenüber deutlich mehr öffnen. Einige Betriebe haben das Potenzial erkannt und gehen mit ihren Lehrlingen aktiv in die Schulen, um für ihr Gewerk Werbung zu machen. Und um in praktischen Übungen herauszufinden, wer das richtige Händchen mitbringt für eine Ausbildung zum Dachdecker. Dass solche lebensnahen Aktionen eine gute Orientierungsmöglichkeit für beide Seiten bedeuten können, hat auch Rudolf Cater erkannt. Er betreut das Projekt „Handwerk macht Schule“ im nordrhein-westfälischen Schmallenberg.

Dachdecker
Handwerklich arbeiten direkt im vertrauten Klassenraum. So können Schüler auf entspannte Weise erproben, welche Tätigkeiten ihnen besonders gut gefallen. Foto: Rotaryclub Schmallenberg.

Dachziegeln und Hammer statt Infobroschüren

Orientierungsveranstaltung, Informationsblätter und Jobmessen gibt es viele. Was diesen Angeboten laut Rudolf Cater fehlt, ist die Möglichkeit für Schüler, sich unbefangen im vertrauten Klassenumfeld einmal ganz nah mit dem Handwerk auseinanderzusetzen. „Am Messestand sitzt dann vielleicht der Betriebsinhaber und gibt Informationen zu Rahmenbedingungen wie Ausbildungsdauer, Lohn oder eine Auflistung der jeweiligen Dienstleistung. Wie aber das Handwerk des Dachdeckers zum Beispiel im Alltag aussieht und sich anfühlt, kann man fast nur vor Ort auf der Baustelle herausfinden“, meint Cater.

Genau dort darf man mit einer Schulklasse aber allein aus Versicherungsgründen nicht hin. Als Projektleiter des Rotaryclubs in Schmallenberg setzte der gelernte Elektriker und spätere Geschäftsführer eines Industrieunternehmens sich daher mit der Frage auseinander, wie man das Handwerk lebensecht in die Schulen bringen kann – und startete mit Unterstützung ansässiger Betriebe und Schulen das Projekt „Handwerk macht Schule“.

Dachdecker Azubi-Challenge Viellechner
Der Betrieb Viellechner aus Berlin bietet für Jugendliche eine Azubi-Challenge. Dort können potenzielle Lehrlinge zeigen, was handwerklich in ihnen steckt. Foto: Viellechner

Schüler legen selbst Hand an für den Aha-Effekt

Das Konzept hinter „Handwerk macht Schule“ ist einfach: Vertreter eines speziellen Gewerkes kommen an einem festen Termin in die Schule und bauen drei Arbeitsplätze mit jeweils unterschiedlichen, aber branchentypischen Arbeitsschritten auf. Der Dachdecker Franz Albers etwa brachte für das Projekt einen Wagen mit einem eigens errichteten Dachmodell mit zur Schule. Hier konnten die Schüler selbst ausprobieren, wie man Dachfolien verklebt, Schiefer bearbeitet und eine Dachrinne kantet.

Das ist konsequent, denn nur wer ein Handwerk im wortwörtlichen Sinn ausprobiert, kann eine entsprechende Berufswahl überhaupt ernsthaft ins Auge fassen. Zudem gehen die Schüler laut Cater im Klassenverbund eher aus sich heraus: „Vor den Schulfreunden und in der gewohnten Umgebung der Schule verlieren junge Menschen viel schneller ihre Hemmungen und gehen offen nach vorn. Innerhalb eines Praktikums unter den unvertrauten Mitarbeitern des Betriebs würden die wenigsten diese Spontanität zeigen.“

Dachdecker Dachdeckerin Chiara Monteton
Auszubildende wie Chiara Monteton üben immer wieder an Dachmodellen. Warum nicht auch schon Schüler im Klassenraum Dacharbeiten praxisnah ausprobieren lassen? Foto: Monteton

Das Image des Handwerks ist die größte Hürde

Bei der Zusammenarbeit mit den Schmallenberger Schulen hat Rudolf Cater gute Erfahrungen mit der Hauptschule gemacht. Sie versteht das Projekt als zusätzliches, attraktives Angebot, mit dem die Schüler in der Berufsorientierungsphase unterstützt werden. „Unserer Erfahrung nach sind die Schüler der achten Klasse genau die richtige Zielgruppe. In dieser Phase setzen sie sich ernsthaft mit der Frage nach einem konkreten Berufsziel auseinander“, berichtet Cater. Bei der Realschule und vor allem beim Gymnasium wurde das Projekt hingegen nicht mit offenen Armen begrüßt. Beide Schulformen definieren sich als Ausbildungsorte, die auf vermeintlich „höhere“ Bildungsziele abstellen.

Dachdecker Zimmerer Alex Bruns
Hat das Handwerk nicht in der Schule, sondern in außerschulischen Werkkursen kennengelernt: Alex Bruns, frischgebackener Zimmerer-Weltmeister. Foto und Titelfoto oben: Küttner, FGHA.

Am Gymnasium sorgte man sich zudem um die Resonanz der Eltern. „Diese wollen offensichtlich nicht, dass die Schule auf etwas anderes als die Universität vorbereitet. Geht es nach dem Abitur in eine Lehre, könnte man der Schule nachsagen, das Bildungsziel verfehlt zu haben“, mutmaßt Cater. Auch hier zeigt sich ein schlechtes und völlig falsches Bild. Das Handwerk ist keine Sackgasse; nach der Ausbildung gibt es viele Weiterbildungen bis zum Meister mit der Perspektive eines eigenen Betriebs. Und Ausbildung kann auch in ein Studium münden – oft verlaufen Ausbildung und Studium sogar parallel.

Die Gleichstellung der beruflichen Bildung beginnt in den Köpfen

Es wissen immer noch zu wenige Menschen, dass Dachdecker und Zimmerer nicht nur Ziegel und Holzbalken von A nach B tragen, sondern die unterschiedlichsten Fachkenntnisse benötigen oder Photovoltaik und Aufmaße per Drohne machen. Damit die handwerkliche und akademische Ausbildung tatsächlich als gleichwertig angesehen werden, braucht es daher nicht nur politische Maßnahmen, sondern in großem Maße auch ein Umdenken in der Mitte der Gesellschaft. Vor allem Eltern und auch Lehrer gilt es überzeugen, dass auch das Handwerk interessante Berufe mit Perspektive bietet, dass auch praktische, körperliche Arbeit ihren Wert hat. Wenn sich das öffentliche Image verbessert, werden sich Schüler offener und zielstrebiger zu einer Lehre im Handwerk bekennen.

Dachdecker Schiefer
Schieferherzen schlagen ist ein Klassiker in Sachen Test des handwerklichen Geschicks.

Sie wollen mehr zum Thema Fachkräftesicherung lesen. Dann empfehlen wir Ihnen unseren Artikel über den bundesweit ersten Dachdecker-Campus.

Artikel jetzt teilen!

Weitere Artikel

Newsletter-Anmeldung

DACH-Ticker

ZDBF-Mitgliederversammlung: KI und Marktsituation im Fokus

Mit knapp 80 Teilnehmern aus Bedachungsfachhandel und Industrie war die Mitgliederversammlung des Zentralverbandes des Deutschen Bedachungsfachhandels (ZDBF) am Mittwoch in Hannover gut besucht. Ein wichtiger, positiver Fakt: Das Einkaufsvolumen der meldenden Fachhandelsunternehmen im Jahr 2024 mit bei einem Minus von 0,8 Prozent nahezu stabilisiert. Der ZDBF kündigte zudem an, Mitglied der Aktion Dach zu werden, um die notwendigen und für alle Marktbeteiligten wertvollen Aktivitäten zur Nachwuchsgewinnung zu unterstützen. Martin Langen von B+L Marktdaten informierte über Marktentwicklung in Neubau und Sanierung, den Schlussvortag unter dem Titel „Künstliche Intelligenz im Praxiseinsatz“ hielt Prof. Dr. Marco Barenkamp.

9. Mai 2025

Dirk Sindermann zum neuen ZVDH-Vizepräsidenten gewählt

Dachdeckermeister Dirk Sindermann ist auf dem jüngsten Dachdeckertag in Dresden in einer Kampfabstimmung gegen den bisherigen Amtsinhaber André Büschkes mit knapper Mehrheit zum neuen Vizepräsidenten des Zentralverbands des Deutschen Dachdeckerhandwerks (ZVDH) gewählt worden. „Ein zentrales Anliegen ist es für mich, das Dachdeckerhandwerk in der öffentlichen Wahrnehmung gemeinsam mit den Mitgliedern der Organisation zu stärken“, so Sindermann. „Ein Schwerpunkt liegt auf der Öffentlichkeitsarbeit, um die Bedeutung unseres Gewerks in der Gesellschaft sowie bei relevanten Akteuren weiter zu festigen.“

28. März 2025

Böcker eröffnet neue Niederlassung in Burghaslach bei Nürnberg

Kranhersteller Böcker verstärkt seine deutschlandweite Präsenz mit der neuen Niederlassung in Burghaslach bei Nürnberg und eröffnet diese feierlich mit einem 360 Grad Höhentag. Ein Jahr nach dem Spatenstich im konnte nun laut einer Pressemeldung das moderne Servicegebäude fertig gestellt werden. Damit ist Böcker deutschlandweit an sieben Standorten, einschließlich des Firmensitzes im westfälischen Werne, als Partner direkt vor Ort.

21. März 2025

Baugenehmigungen 2024 stark rückläufig

Im Jahr 2024 wurde in Deutschland der Bau von 215 900 Wohnungen genehmigt. Wie das Statistische Bundesamt nach vorläufigen Ergebnissen mitteilt, waren das 16,8 Prozent oder 43 700 Wohnungen weniger als im Vorjahr. Damit sank die Zahl der Baugenehmigungen bereits im dritten Jahr in Folge. Weniger neue Wohnungen waren zuletzt im Jahr 2010 mit 187 600 Wohnungen genehmigt worden. In den Zahlen sind die Baugenehmigungen für Wohnungen sowohl in neuen als auch in bestehenden Gebäuden enthalten.

27. Februar 2025

Bauder eröffnet neues Werk in Landsberg

Ein bedeutender Meilenstein für die Paul Bauder GmbH & Co. KG: Mit der feierlichen Einweihung seines neuen Werks in Landsberg stärkt das Stuttgarter Familienunternehmen seine Produktionskapazitäten und setzt zugleich ein klares Signal für Wachstum und Innovation. Rund 12,5 Millionen Euro wurden laut einer Pressemeldung von Bauder in die neue Anlage investiert, die speziell für die Herstellung des Flüssigkunststoffs Liquitec konzipiert wurde und Raum für modernste Forschungs- und Entwicklungsarbeit umfasst. Dabei wurde ein ganzheitlicher Ansatz für eine bestmögliche Ökobilanz des Produktionsprozesses verfolgt.

31. Januar 2025

Baugenehmigungen 2024 weiterhin auf Talfahrt

Im November 2024 wurde in Deutschland der Bau von 17 900 Wohnungen genehmigt. Wie das Statistische Bundesamt mitteilt, waren das 13 Prozent oder 2700 Baugenehmigungen weniger als im November 2023. Im Zeitraum von Januar bis November 2024 wurden 193 700 Wohnungen genehmigt. Das waren 18,9 Prozent oder 45 200 weniger als im Vorjahreszeitraum. In diesen Ergebnissen sind sowohl Baugenehmigungen für Wohnungen in neuen Wohn- und Nichtwohngebäuden als auch für neue Wohnungen in bestehenden Gebäuden enthalten.

17. Januar 2025

Valentin Bremer gewinnt German Craft Skills 2024 der Dachdecker

Der Sieger der German Craft Skills 2024 Valentin Bremer kommt aus Hessen und hat von 200 möglichen Punkten 178,70 erreicht. Den zweiten Platz belegte John Seltmann aus Sachsen, Dritter wurde Linus Esseln, der Landessieger aus Rheinland-Pfalz. Bremer und Seltmann haben sich für die 30. IFD-Weltmeisterschaft junger DachdeckerInnen im Jahr 2026 qualifiziert. „Es ist immer wieder eine große Freude zu sehen, wie sehr sich junge Menschen für ihr Handwerk begeistern“, erklärte ZVDH-Vizepräsident Jan Voges, der als Zuschauer vor Ort war.

30. Oktober 2024

Georg Harrasser wird neuer Geschäftsführer bei Nelskamp

Georg Harrasser übernimmt ab November 2024 die Geschäftsführung der Dachziegelwerke Nelskamp. Der 58-jährige Maschinenbauingenieur ist ein alter Bekannter in der Bedachungsbranche. Nach mehr als 25 Jahren bei der BMI Group war Harrasser zuletzt als Präsident bei der Carlisle Construction Materials Europe tätig. Er folgt auf Heiner Nelskamp, der im Mai 2024 als Geschäftsführer in Rente gegangen ist. „Nelskamp ist ein bekannter Name und wird als ein führender Hersteller von Dacheindeckungsmaterial in Deutschland sehr geschätzt. Der Ausbau des deutschen sowie internationalen Geschäfts ist eine spannende Aufgabe, auf die ich mich sehr freue“, so Harrasser.

17. September 2024

A. Ewald Kreuzer wird Ehren-Landesinnungsmeister der bayerischen Dachdecker

Nach Abschluss der Neuwahlen der Vorstandschaft auf dem jüngsten Landesverbandstag der bayerischen Dachdecker stellte der neu gewählte Landesinnungsmeister Mario Kunzendorf den Antrag, A. Ewald Kreuzer für seine herausragenden Verdienste während seiner knapp 20-jährigen Amtszeit als Landesinnungsmeister zum Ehren-Landesinnungsmeister zu ernennen. Kunzendorf bekräftigte die Aussage von ZVDH-Präsident Dirk Bollwerk, dass mit der Zeit von Kreuzer als Landesinnungsmeister eine „Ära“ zu Ende gehe und ergänzte, dass dieser Begriff selten treffender hätte sein können.

18. Juli 2024

ifo Institut erhöht Prognose auf 0,4 Prozent Wirtschaftswachstum für 2024

Das ifo Institut hat seine Prognose für das Wirtschaftswachstum im laufenden Jahr auf 0,4 Prozent heraufgesetzt, von 0,2 Prozent bislang. Im kommenden Jahr dürfte es sich beschleunigen auf 1,5 Prozent. „Es entsteht gerade neue Hoffnung“, sagt ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser. „Die deutsche Wirtschaft arbeitet sich langsam aus der Krise. Das zweite Halbjahr 2024 dürfte deutlich besser ausfallen als das erste.“ Gleichzeitig wird die Inflation abflauen, von 5,9 Prozent im vergangenen Jahr auf 2,2 Prozent in diesem und auf nur noch 1,7 Prozent im kommenden Jahr.  

20. Juni 2024