Reinhard Eckstein: Ein Ingenieur wird Dachdecker-Lehrling
Bild von Dachdecker Reinhard Eckstein

Reinhard Eckstein: Ein Ingenieur wird Dachdecker-Lehrling

9. Dezember 2021

 · Harald Friedrich

Die Karriereleiter im Dachdeckerhandwerk haben schon viele erklommen – von der Ausbildung über den Meister bis zum Ingenieurstudium. Und auch die Zahl derer, die sich nach dem Abi keine Auszeit rund um die Welt gönnen, sondern nach oben durchstarten, nimmt zu. So, wie zum Beispiel Reinhard Eckstein aus der oberbayerischen Dachdecker-Dynastie eckstein Bedachungen GmbH in Pfahldorf im Altmühltal, Mitglied der Dachdecker-Einkauf Süd EG.

Gratulation vom Bundestagsabgeordneten

Einen ganz und gar anderen Weg auf der Karriereleiter als der Klassiker Ausbildung – Meister – Studium ging der 29-jährige Reinhard Eckstein aus dieser Dachdeckerfamilie. Und auf diesen Weg wurde auch der Bundestags-Direktkandidat der CSU aus seinem Wahlkreis, Dr. Reinhard Brandl, aufmerksam: „Ein bemerkenswerter Weg – ein Akademiker, der Handwerk erlernt. Das ist ein Weg im Generationenwechsel, zu dem ich nur gratulieren kann.“ Das tat Brandl auf dem Dach des Hotels am Innovations-Campus in Ingolstadt. 

Dachdecker Reinhard Eckstein bekommt von Dr. Reinhard Brandl seine Urkunde überreicht.
Der Bundestagsabgeordnete Dr. Reinhold Brandl gratulierte Reinhard Eckstein zur Gesellenprüfung. (Foto: Friedrich)

Der Hintergrund: Reinhard Eckstein hatte die Gesellenprüfung mit der höchsten Gesamtpunktzahl in Theorie und Praxis aller 89 Prüflinge in Bayern absolviert und damit den Landessieg errungen. Wie sein Cousin Raphael Eckstein, inzwischen Juniorchef im Familienbetrieb und Gründer des Start-Up Airview Bavaria für Drohnenflüge, hat er sich eine Vielfalt an Kompetenzen aufgebaut. 

Schon während des Studiums gearbeitet

Nach dem Abitur 2011 war Reinhard Eckstein hochinteressierter Dauergast im Hörsaal der Technischen Hochschule in Regensburg. Die vorlesungsfreie Zeit nutzte er für diverse Praktika bei Architekten, Ingenieurbüros, dem staatlichen Bauamt Ingolstadt und bei der Audi AG im Bereich Bauplanung und -abwicklung. Ein Praxissemester absolvierte er bei einem Bauunternehmen in Ingolstadt im Bereich der Objektbauleitung.

Bild von Dachdecker Reinhard Eckstein auf dem Dach
Reinhard Eckstein lernte nach dem Studium noch mal von der Pike auf das Dachdeckerhandwerk. (Foto: Eckstein)

Ab 2013 übernahm Reinhard Eckstein zahlreiche Aufgaben im Bereich der Bauleitung, ehe er ab 2015 eigenverantwortlich Hochbau-, Ingenieurbau- und schlüsselfertige Projekte leitete und realisierte. So hatte er auch beim Hotel am Campus maßgeblichen Anteil bei der Planung und Errichtung. Während dieser, ihm sehr gelegenen Tätigkeit neben dem Studium entstanden Vorzeigeobjekte wie das Landesgartenschaugelände in Ingolstadt.

2015 legte er dann seine Studienarbeit vor, in der es um die Wirtschaftlichkeit der energetischen Sanierung einer Halle bei Audi ging. Der große Schritt vom Dachdeckersohn zum Ingenieur Reinhard Eckstein war vollbracht.

Rückkehr in Familienbetrieb: Dachdeckerlehre

Und dann traf er eine nicht alltägliche Entscheidung: „Ich lerne das Dachdeckerhandwerk von der Pike auf.“ Vom Ingenieurweitblick zur Dach- und Wandspezialisierung? „Kein anderes Gewerk ist in so viele andere Gewerke eingebunden wie die Dachdecker“, benennt Reinhard Eckstein den Reiz. „Ob eine Toilette ein Lüfterrohr im Dach benötigt, die PV-Anlage auf dem Dach DIN-konform errichtet oder die Fenstertür eingebaut werden soll, die auf die Dachterrasse führt – ohne Dachdecker läuft eigentlich nichts am Bau“, ist Eckstein überzeugt. Seine weitere Motivation: „Mangels Fachkräften droht ein Qualitätsverlust im Handwerk sowie ein Wissensverlust, weil die erfahrenen Vorarbeiter in den wohlverdienten Ruhestand gehen.“

Reinhard Eckstein unterstützt seine Mitschüler

Mit dieser Überzeugung trat er seine auf zwei Jahre verkürzte Dachdeckerausbildung im bayerischen Kompetenzzentrum Dachtechnik in Waldkirchen an. Dabei war er aber keineswegs der Überflieger, der die anderen Anfänger belächelte. Zusammen mit einigen weiteren Auszubildenden unterstützte er Mitschüler, die sich schwerer taten bei der überbetrieblichen Ausbildung und vor allem in der Theorie. „Wir wollten einfach alle mitnehmen als Fachkräfte für morgen und sie zeitgleich für unsere künftigen Aufgaben sensibilisieren“, so Reinhard Eckstein.

Bild von Dachdecker Reinhard Eckstein auf dem Flachdach
Kein abgehobener Überflieger: Zusammen mit einigen weiteren Auszubildenden unterstützte Eckstein Mitschüler, die sich schwerer taten bei der überbetrieblichen Ausbildung und vor allem in der Theorie. (Foto: Eckstein)

Hohe Fachkompetenz ist wichtig im Handwerk

Wie wichtig (und auch schon selten) Fachkräfte und damit Fachkompetenz im Handwerk sind, weiß Politiker Brandl aus eigener Erfahrung: „In meiner Berliner Wohnung ging mal das Licht aus – und ich versuchte verzweifelt, einen Elektriker zu finden.“ Weder Google-Suche noch zahlreiche E-Mail-Anfragen, die meist unbeantwortet blieben, führten kurzfristig zum Erfolg und zum Wiedereinschalten des Lichts. Sein ganz persönliches Fazit aus diesem Schlüsselerlebnis hat der Bundestagsabgeordnete gezogen: „Immer wieder rufen mich junge Menschen an und fragen mich, welcher Beruf wirklich zukunftssicher ist – und meine Antwort heißt: das Handwerk.“

Mehr Wertschätzung für das Handwerk

Dabei weiß auch Brandl, dass es langfristig für Handwerker ein großes und bislang weitgehend ungelöstes Problem gibt: „Das hohe Renteneintrittsalter wird auch für künftige Regierungen zur Herausforderung.“ Und er meint dabei nicht nur den Dachdecker, der mit 67 wohl kaum noch auf dem Steildach arbeitet. Für ihn ist das auch eine Sache der Wertschätzung: „Das Handwerk wird in der Öffentlichkeit leider immer noch falsch eingeschätzt.“

Bild von Dachdecker Reinhard Eckstein bei der Arbeit auf dem Dach
Reinhard Eckstein will sein Wissen aus dem Studium in die Arbeit auf dem Dach einbringen. (Foto: Eckstein)

Wissen ins Dachdeckerhandwerk einbringen

Brandl, dem durchaus eine Affinität für das Thema Digitalisierung nachgesagt werden kann, lässt sich gerne von Reinhard Eckstein belehren, wie das im Dachdeckerhandwerk aussieht. „Auch wenn erste Häuser aus dem 3D-Drucker kommen oder Fertighäuser seit Jahrzehnten in nur drei Tagen aufgestellt werden: Erst wir Dachdecker machen ein bewohnbares Haus daraus und hier ist das Meiste nur durch Handarbeit zu erreichen“, so Eckstein nicht ohne Stolz. Deshalb möchte er sein Wissen und den Weitblick immer mehr einbringen – maschinell oder auch digital.“

Inzwischen arbeitet Reinhard Eckstein projektabhängig als Vorarbeiter auf den Baustellen des Familienbetriebs. „Zudem betreibe ich auch Auftragsakquise oder übernehme die Kalkulation von Neubauten, wo unser Betrieb oft als Generalunternehmer Dachdecker alle Arbeiten inklusive Dachstuhl, Dämmung, Eindeckung, Abdichtung und Spenglerei ausführt.“ 20 qualifizierte Dachdecker, Spengler und Helfer arbeiten aktuell für eckstein Bedachungen auf den Baustellen. „Mein Vater führt mit seinem Bruder das Unternehmen. Ob ich einmal in die Geschäftsführung komme, liegt nicht in meiner Hand. Ich denke jedoch, dass ich alle Voraussetzungen erfülle“, sagt Eckstein.

Der Bundestagsabgeordnete Dr. Reinhard Brandl betont abschließend nochmals seine Empfehlung für das Handwerk in seinen Gesprächen mit Jugendlichen: „Ihr müsst am Ende eurer Ausbildung etwas können, wofür euch jemand Geld gibt.“ Schöner kann man wohl kaum für die Ausbildung im Handwerk plädieren.

Sie interessieren sich für das Thema Handwerker werden? Dann lesen Sie unsere Story über die Klempnermeisterin Jennifer Konsek

Artikel jetzt teilen!

Weitere Artikel

Newsletter-Anmeldung

DACH-Ticker

Positiver Trend im Dachdeckerhandwerk: Steigerung der Azubizahlen

Die aktuellen Zahlen zeigen einen erfreulichen Anstieg der Azubizahlen im Dachdeckerhandwerk. Derzeit erlernen 8490 junge Menschen diesen Beruf, was einem leichten Anstieg um 0,75 Prozent im Vergleich zum Vorjahr mit 8427 Auszubildenden entspricht. Rolf Fuhrmann, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands des Deutschen Dachdeckerhandwerks (ZVDH), betont die positive Entwicklung trotz der allgemeinen Ausbildungssituation und intensiver Konkurrenz mit anderen Berufen.

7. Februar 2024

Holzhandel erzielt im Jahr 2023 deutlich weniger Umsatz

Das schwierige wirtschaftliche Umfeld verbunden mit einer sehr schwachen Baukonjunktur sorgten beim deutschen Holzhandel 2023 insgesamt für einen Umsatzrückgang von 15 Prozent. Teilweise ist dieser Umsatzrückgang aber auch weiter nachgebenden Preisen geschuldet. Die Jahresauswertung des monatlichen GD Holz Betriebsvergleiches zeigt deutlich, dass die schwachen Absatzmärkte im vergangenen Jahr voll auf die Umsatzentwicklung der Branche durchgeschlagen haben. Alle wichtigen Sortimente im Holzhandel sind von diesem Umsatzrückgang betroffen, am stärksten Schnittholz mit einem Umsatzrückgang von 24 Prozent.

2. Februar 2024

ifo Institut: Rentenalter an steigende Lebenserwartung koppeln

Das ifo Institut Dresden hat sich dafür ausgesprochen, das Rentenalter an die steigende Lebenserwartung zu koppeln. „Einige unserer Nachbarländer haben das bereits beschlossen, so die Niederlande, Schweden und Finnland“, sagt ifo-Rentenexperte Joachim Ragnitz. In den Niederlanden werde folgende Regel angewendet: Wenn die Menschen drei Jahre länger leben, müssen sie zwei Jahre länger arbeiten und bekommen ein Jahr länger Rente. Das Verhältnis von Rentnern zu Erwerbstätigen würde damit auch nach dem Jahr 2040 stabil bei rund 40 Prozent liegen und nicht auf fast 50 Prozent steigen, wie derzeit prognostiziert. 

16. Januar 2024

Beschäftigung auf Rekordniveau: Arbeitsmarkt zeigt sich 2023 widerstandsfähig

Im Dezember 2023 waren rund 2,6 Millionen Menschen arbeitslos. Im Vergleich zum November stieg die Arbeitslosenquote saisonbedingt um 0,1 Prozentpunkte auf 5,7 Prozent. Staatssekretärin Leonie Gebers, Bundesministerium für Arbeit und Soziales: „Erfreulich ist, dass die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit 35,1 Millionen im Oktober erneut einen Höchststand erreicht hat und die Nachfrage nach neuen MitarbeiterInnen im Dezember trotz weiterhin schwacher Konjunktur wieder leicht gestiegen ist. Der Arbeitsmarkt erweist sich als verlässlich und widerstandsfähig.“

8. Januar 2024

Dachdecker gilt als am wenigsten durch Künstliche Intelligenz gefährdeter Beruf

Die meisten Büroberufe halten viele Menschen nach einer repräsentativen Umfrage der Marktforscher von YouGov für akut gefährdet, durch Künstliche Intelligenz (KI) ersetzt zu werden. Besser sind die Zukunftsaussichten für die handwerklich geprägten Berufe, bei denen sich die menschliche Komponente nur sehr schwer ersetzen lässt. Den Beruf des Schreiners halten 64 Prozent der Befragten für wenig oder gar nicht gefährdet, 65 Prozent den Beruf Maler und für den Beruf Dachdecker sehen gar 71 Prozent der Befragten wenig oder gar keine Gefahr.

21. Dezember 2023

Mayener Meisterwoche 2024 mit aktuellen Themen

In Mayen werden vom 24.-26. Januar 2024 wieder Tür und Tor für die Mayener Meisterwoche (MMW) geöffnet. Das Programm lässt keine Wünsche offen und beleuchtet die aktuellen Themen der Zeit: Neben wichtigen Neuerungen im Fachregelwerk geht es um Schadensfälle bei PV-Anlagen, die Möglichkeiten und Grenzen einer 4-Tage-Woche in Dachdeckerbetrieben, aber auch Cybersicherheit und KI im Handwerk versprechen interessante Einsichten. Ein Blick in das Programm lohnt auf jeden Fall.

15. Dezember 2023

Neues Führungs-Duo bei Velux Deutschland

Mit sofortiger Wirkung übernehmen Silke Stehr als Sprecherin der Geschäftsführung und Matthias Mager als Geschäftsführer Vertrieb die Leitung von Velux Deutschland. Jacob Madsen, bisheriger Geschäftsführer, wechselt als Executive Vice President Region North Europe in das Top-Management der Velux Gruppe. „Silke und Matthias haben viel Markt- und Branchen-Erfahrung und gestalten Velux schon lange erfolgreich mit,“ erklärt Madsen. „Gemeinsam werden wir unser Qualitätsversprechen, die enge Zusammenarbeit mit den Partnerbetrieben im Fachhandel und Handwerk und die starke Position des Unternehmens weiter ausbauen.“

4. Dezember 2023

Auftragszahlen im Wohnungsbau gehen weiter abwärts

„Seit mehr als einem Jahr verzeichnen wir nun schon negative Zahlen bei Baugenehmigungen und Auftragseingängen im Wohnungsbau. Von Januar bis September wurden fast 77.000 Wohneinheiten weniger genehmigt als im Vorjahreszeitraum. Die Order sind im September um real 15 Prozent zurückgegangen“, so Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer Zentralverband Deutsches Baugewerbe. Der Der Wohnungsbau brauche neben dem beim Kanzlergipfel verabschiedeten 14-Punkte-Plan kurzfristige Hilfe, sonst werde der Einbruch noch dramatischer.

24. November 2023

ifo Institut: Auftragsstornierungen im Wohnungsbau erreichen neuen Höchststand  

Die Stornierungswelle im Wohnungsbau reißt nicht ab. Im Oktober meldeten 22,2 Prozent der Unternehmen gestrichene Projekte, im Vormonat waren es 21,4 Prozent. „Es wird immer schlimmer, mehr und mehr Projekte scheitern am gestiegenen Zinsniveau und den teuren Baupreisen“, sagt Klaus Wohlrabe, Leiter der ifo Umfragen. „Das Neugeschäft im Wohnungsbau ist weiterhin sehr schwach, die Auftragsbestände der Firmen schmelzen ab.“ 

15. November 2023

ifo Institut: Wirtschaftsleistung 2023 schrumpft um 0,4 Prozent

Das ifo Institut hat seine Konjunkturprognose bestätigt. Demnach wird die deutsche Wirtschaftsleistung 2023 um 0,4 Prozent schrumpfen. Im kommenden Jahr wird sie dann um 1,4 Prozent steigen, aber 0,1 Prozentpunkte weniger als bislang gedacht. Im Jahre 2025 wird das Wachstum 1,2 Prozent betragen. „Anders als bislang erwartet dürfte die Erholung in der zweiten Jahreshälfte 2023 ausbleiben. Die Abkühlung setzt sich fort, in nahezu allen Branchen steht die Tendenz auf Flaute“, sagt ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser. 

8. September 2023