Frauen im Handwerk: Dachdeckermeisterin wird Chefin
Dachdeckermeisterin Joana Wegner

Frauen im Handwerk: Dachdeckermeisterin wird Chefin

27. November 2018

 · Knut Köstergarten

Gleich zwei Schwestern hat Joana Wegner. Aufgewachsen sind sie alle in direkter Nähe zum Dachdeckerbetrieb des Vaters. Das Wohnhaus steht mit auf dem firmeneigenen Grundstück in Loxstedt bei Bremerhaven. „Meine Schwestern haben beide was anderes gelernt. Ich bin die einzige, die in die Fußstapfen unseres Vaters treten wollte“, berichtet die Dachdeckermeisterin.

Frauen im Handwerk: Eigener Betrieb als Ziel

Warum sie den Beruf erlernt hat nach dem Abitur mit Leistungskurs Betriebswirtschaftslehre? Wegner nennt zwei Gründe. Einerseits wollte sie etwas Praktisches machen. Etwas, wo sie am Ende des Tages sehen kann, was sie geschafft hat. Zum anderen wollte sie gerne als Frau im Handwerk einen eigenen Betrieb führen. „Das war von Anfang an klar für mich.“

Also Dachdecker, aber in der Ausbildung bei einem anderen Bremerhavener Betrieb. „Es war ein Kollege meines Vaters aus der Innung. Ich wollte erstmal den Schritt nach außen machen, wo ich nicht die Tochter des Chefs bin“, erläutert Wegner. Die Ausbildung hat sie verkürzt um ein halbes Jahr, weiter verkürzen kam nicht infrage.

Meine Schwestern haben beide was anderes gelernt. Ich bin die einzige, die in die Fußstapfen unseres Vaters treten wollte“, berichtet die Dachdeckermeisterin
„Meine Schwestern haben beide was anderes gelernt. Ich bin die einzige, die in die Fußstapfen unseres Vaters treten wollte“, berichtet die Dachdeckermeisterin.

Frauen im Handwerk: Lernen auf dem Dach

„Ich wollte unbedingt die Praxis auf dem Dach.“ Für die männlichen Kollegen war es zuerst eine Umstellung, als da plötzlich eine Frau mit auf der Baustelle war. „Aber ich bin mit allen immer gut klargekommen, auch jetzt wieder im väterlichen Betrieb“, sagt die heute 28-Jährige. Wegner erzählt mit einem strahlenden Lächeln.

Sie fühlt sich wohl in ihrem Job und macht als Frau im Handwerk genau das, was sie machen will. Wer mit ihr spricht, bemerkt das schnell. Wegner kann gut mit Menschen umgehen und ist gerne unter Leuten. Auf dem Dach ist sie zwar heute nur noch, wenn Not am Mann ist. Stattdessen macht sie Kundentermine und ist so auch immer wieder auf den Baustellen unterwegs. Das sind die Dinge, die sie zufriedenstellen am Abend. „Denn im Büro ist es nicht immer so erfüllend, weil man am Ende des Tages oft gar nicht weiß, was und wie viel man geschafft hat.“

Betrieb: Schwerpunkt Flachdach für Industriekunden

Seit Abschluss der Meisterschule in St. Andreasberg 2013 arbeitet die 28-Jährige als angestellte Meisterin im väterlichen Betrieb von Jürgen Wegner, 1966 gegründet von Großvater Gerhard Wegner. „Mein Vater hat mehr auf Industriekunden gesetzt und den Schwerpunkt Flachdach ausgebaut, auch mit vielen Großprojekten. Die gewerbliche Stammbelegschaft wuchs unter ihm auf rund 15 Mitarbeiter inklusive Auszubildende. Meine Mutter macht weiterhin die Buchhaltung“, berichtet Wegner. In den letzten fünf Jahren konnte sie so Schritt für Schritt hineinwachsen in ihre Aufgaben als Frau im Handwerk und Chefin.

Seit Abschluss der Meisterschule in St. Andreasberg 2013 arbeitet die 28-Jährige als angestellte Dachdeckermeisterin im väterlichen Betrieb von Jürgen Wegner, 1966 gegründet von Großvater Gerhard Wegner.
Seit Abschluss der Meisterschule in St. Andreasberg 2013 arbeitet die 28-Jährige als angestellte Dachdeckermeisterin im väterlichen Betrieb von Jürgen Wegner, 1966 gegründet von Großvater Gerhard Wegner.

Frauen im Handwerk: Kompetenz als Dachdeckermeisterin unter Beweis stellen

„Zu Anfang bin ich viel mit meinem Vater mitgefahren und habe unsere Kunden kennengelernt. Denn es gibt viele langjährige Geschäftsbeziehungen, bei denen es gilt, erstmal eine Vertrauensbasis herzustellen“, berichtet Wegner. Inzwischen habe sie sich mit dem Vater die Kunden aufgeteilt. Er kümmert sich weiter um die Industriepartner, sie vor allem um die Privatkunden.

„Da habe ich bisher immer positive Erfahrungen gemacht. Die Kunden sind eher mal überrascht, dass da eine Frau zu ihnen kommt. Nach dem Motto: Sie wollen wirklich bei uns aufs Dach steigen?“ Kompetenz wird eher mal auf den größeren Baustellen abgefragt, gerade bei Kunden aus der älteren Generation. Doch auch da ist Wegner entspannt – sie weiß ja, was sie tut, und was sie inzwischen kann.

Frauen im Handwerk: Persönliche Kontakte sind wichtig

Mit dem Vater hat sie einen guten Übergang gemeinsam entwickelt. Wegner ist vorbereitet, wenn er irgendwann in den Ruhestand geht. „Die heutige Größe ist so richtig für unseren Familienbetrieb und ich kann mir derzeit kein größeres Wachstum vorstellen.“ Persönlich hat sie mehr Spaß an dem Privatkundengeschäft. „Da sieht man schneller den Erfolg und es gibt mehr Wertschätzung.“

Das Persönliche ist ihr wichtig, auch im Kontakt mit der Dachdecker Einkauf Nordwest. Sie hat einen guten Draht zur Bremerhavener Zweigstellenleiterin Janeke de Beet. Mit dem Finden von Fachkräften gibt es bislang keine Probleme. Der Stamm ist Jahrzehnte schon da, aber auch viele junge Gesellen sind mittlerweile darunter. „Wir bilden selber aus und übernehmen die Azubis in der Regel. Aktuell haben wir zwei Lehrlinge“, erklärt die Frau im Handwerk. Sie sucht interessierte Jugendliche über eine Facebookseite, eben da, wo die sowieso in ihrer Freizeit surfen.

Das Thema Ausbildung liegt der Dachdeckermeisterin besonders am Herzen. Deshalb engagiert sie sich auch in der Innung Bremerhaven-Wesermünde als Lehrlingswartin und im Prüfungsausschuss.
Das Thema Ausbildung liegt der Dachdeckermeisterin besonders am Herzen. Deshalb engagiert sie sich auch als Lehrlingswartin und im Prüfungsausschuss.

Engagement als Lehrlingswartin in der Innung

Das Thema Ausbildung liegt der Dachdeckermeisterin besonders am Herzen. Deshalb engagiert sie sich auch in der Innung Bremerhaven-Wesermünde als Lehrlingswartin und im Prüfungsausschuss. „Viele wollen kein Ehrenamt übernehmen, aber ich bin da irgendwie hineingewachsen, denn mein Vater war bis vor Kurzem Obermeister“, berichtet Wegner. Insgesamt sei es heute schwieriger, Haupt- und Realschüler zu gewinnen. „Wir informieren junge Leute und beteiligen uns mit der Innung in Bremerhaven an der Berufsinformationsmesse.“

Neben Betrieb und Ehrenamt findet Wegner noch die Zeit für ihre holländischen Schäferhunde. Die kommen mit ins Büro. Und nach dem Feierabend geht es raus in die Natur mit den Hunden oder zum Sport im Verein. „Ich nehme mit den beiden auch an Turnieren teil.“ Wegner läuft selber mit und führt die Hunde über einen Parcours. Da geht es durch Tunnel, über Hindernisse und durch Reifen hindurch. „Ohne Hund geht gar nicht“, sagt Wegner. Die gab es immer schon in der Familie. Und auch in diesem Fall führt die Dachdeckermeisterin die Tradition im Hause Wegner gerne fort.

Sie interessieren sich für das Berufsbild Dachdecker? Dann lesen Sie unseren Artikel über eine Dachdeckerin, die als beste Absolventin der Meisterschule ausgezeichnet wurde.

Artikel jetzt teilen!

Weitere Artikel

Newsletter-Anmeldung

DACH-Ticker

Positiver Trend im Dachdeckerhandwerk: Steigerung der Azubizahlen

Die aktuellen Zahlen zeigen einen erfreulichen Anstieg der Azubizahlen im Dachdeckerhandwerk. Derzeit erlernen 8490 junge Menschen diesen Beruf, was einem leichten Anstieg um 0,75 Prozent im Vergleich zum Vorjahr mit 8427 Auszubildenden entspricht. Rolf Fuhrmann, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands des Deutschen Dachdeckerhandwerks (ZVDH), betont die positive Entwicklung trotz der allgemeinen Ausbildungssituation und intensiver Konkurrenz mit anderen Berufen.

7. Februar 2024

Holzhandel erzielt im Jahr 2023 deutlich weniger Umsatz

Das schwierige wirtschaftliche Umfeld verbunden mit einer sehr schwachen Baukonjunktur sorgten beim deutschen Holzhandel 2023 insgesamt für einen Umsatzrückgang von 15 Prozent. Teilweise ist dieser Umsatzrückgang aber auch weiter nachgebenden Preisen geschuldet. Die Jahresauswertung des monatlichen GD Holz Betriebsvergleiches zeigt deutlich, dass die schwachen Absatzmärkte im vergangenen Jahr voll auf die Umsatzentwicklung der Branche durchgeschlagen haben. Alle wichtigen Sortimente im Holzhandel sind von diesem Umsatzrückgang betroffen, am stärksten Schnittholz mit einem Umsatzrückgang von 24 Prozent.

2. Februar 2024

ifo Institut: Rentenalter an steigende Lebenserwartung koppeln

Das ifo Institut Dresden hat sich dafür ausgesprochen, das Rentenalter an die steigende Lebenserwartung zu koppeln. „Einige unserer Nachbarländer haben das bereits beschlossen, so die Niederlande, Schweden und Finnland“, sagt ifo-Rentenexperte Joachim Ragnitz. In den Niederlanden werde folgende Regel angewendet: Wenn die Menschen drei Jahre länger leben, müssen sie zwei Jahre länger arbeiten und bekommen ein Jahr länger Rente. Das Verhältnis von Rentnern zu Erwerbstätigen würde damit auch nach dem Jahr 2040 stabil bei rund 40 Prozent liegen und nicht auf fast 50 Prozent steigen, wie derzeit prognostiziert. 

16. Januar 2024

Beschäftigung auf Rekordniveau: Arbeitsmarkt zeigt sich 2023 widerstandsfähig

Im Dezember 2023 waren rund 2,6 Millionen Menschen arbeitslos. Im Vergleich zum November stieg die Arbeitslosenquote saisonbedingt um 0,1 Prozentpunkte auf 5,7 Prozent. Staatssekretärin Leonie Gebers, Bundesministerium für Arbeit und Soziales: „Erfreulich ist, dass die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit 35,1 Millionen im Oktober erneut einen Höchststand erreicht hat und die Nachfrage nach neuen MitarbeiterInnen im Dezember trotz weiterhin schwacher Konjunktur wieder leicht gestiegen ist. Der Arbeitsmarkt erweist sich als verlässlich und widerstandsfähig.“

8. Januar 2024

Dachdecker gilt als am wenigsten durch Künstliche Intelligenz gefährdeter Beruf

Die meisten Büroberufe halten viele Menschen nach einer repräsentativen Umfrage der Marktforscher von YouGov für akut gefährdet, durch Künstliche Intelligenz (KI) ersetzt zu werden. Besser sind die Zukunftsaussichten für die handwerklich geprägten Berufe, bei denen sich die menschliche Komponente nur sehr schwer ersetzen lässt. Den Beruf des Schreiners halten 64 Prozent der Befragten für wenig oder gar nicht gefährdet, 65 Prozent den Beruf Maler und für den Beruf Dachdecker sehen gar 71 Prozent der Befragten wenig oder gar keine Gefahr.

21. Dezember 2023

Mayener Meisterwoche 2024 mit aktuellen Themen

In Mayen werden vom 24.-26. Januar 2024 wieder Tür und Tor für die Mayener Meisterwoche (MMW) geöffnet. Das Programm lässt keine Wünsche offen und beleuchtet die aktuellen Themen der Zeit: Neben wichtigen Neuerungen im Fachregelwerk geht es um Schadensfälle bei PV-Anlagen, die Möglichkeiten und Grenzen einer 4-Tage-Woche in Dachdeckerbetrieben, aber auch Cybersicherheit und KI im Handwerk versprechen interessante Einsichten. Ein Blick in das Programm lohnt auf jeden Fall.

15. Dezember 2023

Neues Führungs-Duo bei Velux Deutschland

Mit sofortiger Wirkung übernehmen Silke Stehr als Sprecherin der Geschäftsführung und Matthias Mager als Geschäftsführer Vertrieb die Leitung von Velux Deutschland. Jacob Madsen, bisheriger Geschäftsführer, wechselt als Executive Vice President Region North Europe in das Top-Management der Velux Gruppe. „Silke und Matthias haben viel Markt- und Branchen-Erfahrung und gestalten Velux schon lange erfolgreich mit,“ erklärt Madsen. „Gemeinsam werden wir unser Qualitätsversprechen, die enge Zusammenarbeit mit den Partnerbetrieben im Fachhandel und Handwerk und die starke Position des Unternehmens weiter ausbauen.“

4. Dezember 2023

Auftragszahlen im Wohnungsbau gehen weiter abwärts

„Seit mehr als einem Jahr verzeichnen wir nun schon negative Zahlen bei Baugenehmigungen und Auftragseingängen im Wohnungsbau. Von Januar bis September wurden fast 77.000 Wohneinheiten weniger genehmigt als im Vorjahreszeitraum. Die Order sind im September um real 15 Prozent zurückgegangen“, so Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer Zentralverband Deutsches Baugewerbe. Der Der Wohnungsbau brauche neben dem beim Kanzlergipfel verabschiedeten 14-Punkte-Plan kurzfristige Hilfe, sonst werde der Einbruch noch dramatischer.

24. November 2023

ifo Institut: Auftragsstornierungen im Wohnungsbau erreichen neuen Höchststand  

Die Stornierungswelle im Wohnungsbau reißt nicht ab. Im Oktober meldeten 22,2 Prozent der Unternehmen gestrichene Projekte, im Vormonat waren es 21,4 Prozent. „Es wird immer schlimmer, mehr und mehr Projekte scheitern am gestiegenen Zinsniveau und den teuren Baupreisen“, sagt Klaus Wohlrabe, Leiter der ifo Umfragen. „Das Neugeschäft im Wohnungsbau ist weiterhin sehr schwach, die Auftragsbestände der Firmen schmelzen ab.“ 

15. November 2023

ifo Institut: Wirtschaftsleistung 2023 schrumpft um 0,4 Prozent

Das ifo Institut hat seine Konjunkturprognose bestätigt. Demnach wird die deutsche Wirtschaftsleistung 2023 um 0,4 Prozent schrumpfen. Im kommenden Jahr wird sie dann um 1,4 Prozent steigen, aber 0,1 Prozentpunkte weniger als bislang gedacht. Im Jahre 2025 wird das Wachstum 1,2 Prozent betragen. „Anders als bislang erwartet dürfte die Erholung in der zweiten Jahreshälfte 2023 ausbleiben. Die Abkühlung setzt sich fort, in nahezu allen Branchen steht die Tendenz auf Flaute“, sagt ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser. 

8. September 2023