Neues Aufstiegs-BAföG: Vorteile für Dachdecker
Bild von Matthias Kremer im BBZ Mayen

Neues Aufstiegs-BAföG bringt höhere Förderung

4. August 2020

 · Michael Podschadel

Das neue Aufstiegs-BAföG soll die berufliche Bildung noch attraktiver und flexibler machen. „Dabei wird die finanzielle Unterstützung deutlich angehoben. Denn eine Karriere darf nicht an den finanziellen Möglichkeiten scheitern – und auch nicht an privaten Verpflichtungen“, erklärt Bundesbildungsministerin Anja Karliczek. Ein zentraler Punkt: Die Unterhaltsförderung muss nicht mehr zurückgezahlt werden. „Und Existenzgründern wird das Restdarlehen für die Fortbildungskosten komplett erlassen, damit sie schuldenfrei in die Selbstständigkeit starten können. Gefördert werden unabhängig vom Alter alle, die sich mit einem Lehrgang oder an einer Fachschule auf eine anspruchsvolle berufliche Fortbildungsprüfung in Voll- oder Teilzeit vorbereiten.

Für den 22-jährigen Matthias Kremer steht fest: Schon vor den jüngsten Änderungen war das Aufstiegs-BAföG eine wichtige Komponente in Richtung der Gleichstellung von akademischer und handwerklicher Laufbahn. „Nach dem Abitur sind viele meiner Freunde zur Uni gegangen. Das Handwerk wurde mir am Gymnasium auch nicht ans Herz gelegt“, berichtet der überzeugte Dachdecker aus Trier. Er jobbte bereits als Schüler im elterlichen Traditionsbetrieb Konrad Kremer Bedachungen. „Wenn ich mich heute mit früheren Schulkollegen treffe und höre, welche Unterstützung man als Student erhalten kann, dann fühle ich mich da teilweise benachteiligt. Dass in den Studiengebühren beispielsweise ein ÖPNV-Ticket integriert ist, halte ich für einen finanziellen Vorteil.“

Bild von Matthias Kremer am Modell.
Zum Meistertitel mit Fleiß, Geschick – und Förderung.

Beim Aufstiegs-BAföG zählt nur das Vermögen des Antragstellers

Nachdem Matthias Kremer nicht nur das Abitur als Drittbester absolvierte, sondern auch die anschließende Ausbildung nach 18 Monaten als Bester abschloss, machte ihn die Handwerkskammer in Trier darauf aufmerksam, dass er die sogenannte Begabtenförderung beantragen könne. Dass es außerdem ein Aufstiegs-BAföG und den Meisterbonus gibt, erfuhr der angehende Handwerker eher nebenbei von anderen Auszubildenden. „Nach meinen ersten Recherchen hatte ich das BAföG zunächst abgeschrieben. Ich dachte, dass das Einkommen meiner Eltern zu hoch wäre, weil ich nicht wusste, dass das Aufstiegs-BAföG etwas anderes ist als die Förderung für Studierende.“ Was Kremer erst später herausfand: Beim Aufstiegs-BAföG zählt nicht das Vermögen der Eltern, sondern das des Antragstellers.

Förderungen können kombiniert werden

Als Kremer klar war, dass er das Aufstiegs-BAföG beantragen kann, kamen neue Fragen auf. Lässt sich das BAföG eigentlich mit weiteren Unterstützungen wie dem Meisterbonus und der Begabtenförderung kombinieren? Wo müssen die Anträge gestellt werden? Welche Unterlagen und Noten sind erforderlich? „Ich hatte Glück, dass die Sekretärin im BBZ Mayen mich zur Seite und sich die Zeit genommen hat, um mir die verschiedenen Förderprogramme einmal zu erklären“, lobt Kremer die Unterstützung durch seine Ausbildungsstätte. „Aber trotzdem hätte ich mir eine Anlaufstelle gewünscht, die etwas offensiver und zusammengefasst über die regional ja teils unterschiedliche Förderlandschaft informiert.“ Eine gut strukturierte Übersicht der möglichen Förderungen im Internet bieten zwar einige, aber nicht alle Handwerkskammern an. Allerdings stellt der ZDH verschiedene Förderprogramme auf seiner Internetseite vor.

Aufstiegs-BAföG gibt Karrieren zusätzlichen Schub

Dank der finanziellen Unterstützung, die das Aufstiegs-BAföG, der Meisterbonus und die Begabtenförderung bietet, konnte Kremer seinen Dachdeckermeister deutlich schneller realisieren. „Dass ich den Meistertitel will, war mir immer klar. Aber ohne die Förderungen hätte ich mir mehr Zeit gelassen, um Geld zu verdienen. Und ich wäre vermutlich erst in ein paar Jahren zur Meisterschule gegangen.“ Für den jungen Handwerker steht fest, dass ein solcher Aufschub für machen Handwerker am Ende den Verzicht auf den Meistertitel bedeutet. „Ich denke, dass man solche Weiterbildungsziele unter der alltäglichen Arbeitsbelastung schnell aus den Augen verlieren kann.“ Ist der (finanzielle) Druck zu groß, bleibt die Karriere ohne Förderung eher auf der Strecke.

Aufstiegs-BAföG fördert auch weitere Meistertitel

Matthias Kremer ist sich sicher, an der Meisterschule eine positive Auswirkung der Förderungen zu erkennen. „Plötzlich sind alle 15 Plätze für den aktuellen Kurs zum Klempnermeister besetzt. Das war nicht immer so und liegt meiner Meinung nach sicherlich mit am Aufstiegs-BAföG.“ Auch Kremer will den Klempnermeister noch anschließen. Schon im August soll es losgehen – auch deshalb, weil das Aufstiegs-BAföG nun eine mehrfache Förderung ermöglicht. „Über den zweiten Meister hatte ich zwar vorher auch schon nachgedacht, aber durch die Erweiterungen im BAföG ist das nun ganz konkret geworden“, berichtet Dachdecker Kremer.

Obwohl Matthias Kremer das Aufstiegs-BAföG als einen Schritt auf dem Weg der Gleichstellung akademischer und handwerklicher Weiterbildung begrüßt, sieht er durchaus noch Verbesserungsmöglichkeiten. Etwa im Hinblick auf eine Selektion bei den geförderten Handwerkern. „Ich wundere mich oft, wie unmotiviert manche Menschen in den Meisterkursen sind oder wie oft sie von Beginn an fehlen“, berichtet Kremer. „Natürlich gibt es immer die, bei denen man merkt: Hier ist das Handwerk keine Herzensangelegenheit, sondern der Druck durch die Familie, die einen Nachfolger braucht, hat den Anstoß gegeben.“ Dass das keine Motivation für gute Leistungen ist, versteht sich von selbst. „Aber warum man in dieser Situation auch noch eine Förderung erhält, ist mir etwas schleierhaft. Vielleicht sollte man bei der Förderung auch den Notenspiegel während der Förderphase berücksichtigen“, meint Kremer.

Bild von Matthias Kremer vor seinem Meisterstück.
Matthias Kremer im BBZ Mayen vor seinem Meisterstück im BBZ Mayen Matthias Kremer im BBZ Mayen vor seinem Meisterstück, gefertigt aus Schiefer. (Foto: BBZ Mayen)

Dachdecker seit 1756 – Nachfolge im Traditionsbetrieb

Auch an Matthias Kremer waren große Erwartungen gerichtet. Immerhin sind die Dachdecker in seiner Familie bereits im 18. Jahrhundert nachgewiesen, der heutige Betrieb Konrad Kremer Bedachungen wurde 1932 gegründet. Als einziges Kind trägt man da eine schwere Last auf seinen Schultern. „Tatsächlich habe ich mich nach dem guten Abschneiden beim Abitur 2017 dann doch gefragt, ob nicht auch etwas anderes als das Handwerk für mich infrage käme“, berichtet der frisch gebackene Dachdeckermeister.

Zum Glück waren die Zweifel nicht von Dauer. „Heute bin ich froh, den richtigen Weg eingeschlagen zu haben.“ Im Handwerk fühlt sich Matthias Kremer einfach zuhause und kompetent. So hat er sich für die Teilnahme an der diesjährigen Dachdecker-WM in China qualifiziert, die jedoch wegen Corona um ein Jahr verschoben wird. Der Erfolg gibt ihm da offensichtlich Recht – die Meisterprüfung konnte der junge Vorzeige-Handwerker als zweitbester ablegen.

Sie interessieren sich für das Thema Dachdecker werden? Dann lesen Sie unseren Artikel über Julia Peetz, beste Meisterschülerin 2020 am BBZ Mayen.

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