Zimmerer Alex Bruns gewinnt Gold bei der EM und den WorldSkills
6. August 2019
Seinen Gesellenbrief erhielt Alex Bruns 2016 mit der Note 1,2. Damit war der Grundstein für die Teilnahme an den Landesmeisterschaften, an der deutschen Meisterschaft und für die Aufnahme in die deutsche Nationalmannschaft der Zimmerer im gleichen Jahr gelegt. Sein persönlicher Anspruch an das Handwerk ist denkbar einfach: „Genauigkeit ist mir wichtig.“ Gerade bei den Wettbewerben ist laut Bruns Präzision gefragt. „Während man im Berufsalltag ja tendenziell nach einfachen Lösungen sucht, muss man im Wettkampf möglichst komplizierte Konstruktionen meistern.“
Zimmerei als sportliche Herausforderung: von der EM zu den WorldSkills
Nach zwei Jahren hartem Training folgte im vergangenen Jahr gleich die zweifache Auszeichnung. 2018 holten die deutschen Zimmerer bei der Europameisterschaft sowohl den Mannschaftstitel als auch den Einzeltitel mit Bruns, siehe Titelfoto. „Ich bin über diese Zeit erwachsener und selbständiger geworden“, resümiert der Zimmerer seine mehrjährige Vorbereitung. Der Wettkampf hat für ihn einen besonderen Reiz. „Ich finde es toll, dass man sich im Handwerk auf sportlicher Ebene messen kann. Außerdem habe ich gemerkt, dass ich viel mehr Energien freisetze, wenn ich ein konkretes Ziel vor Augen habe.“
Fahrradunfall überschattet Vorbereitung auf WorldSkills
Bei den WorldSkills 2019 gewann Bruns dann die Goldmedaille. Fast wäre es zu der Teilnahme jedoch nicht gekommen – bei einem Radunfall zog sich der sportliche Handwerker eine Schulterverletzung zu. Gemeinsam mit seinem Vater rammte Bruns ein Fahrzeug, dass ihnen die Vorfahrt nahm. Beide stürzten schwer. „Das war schon bitter. Da hatte ich so viel Zeit und Energie in den Wettkampf gesteckt und plötzlich stand das alles auf der Kippe“, berichtet der National-Zimmerer. Über einen Kontakt bekam Bruns jedoch den Hinweis auf eine sportmedizinische Fachabteilung, die auf Schulterverletzungen spezialisiert ist. Nach einigen Untersuchungen kam dann die erlösende Diagnose: Bruns‘ Schulter wird bei den WorldSkills womöglich leicht eingeschränkt sein, er kann aber bedenkenlos teilnehmen.
Der einzige Handwerker in der Familie
Als einziger Handwerker sticht Alex Bruns etwas aus seiner Familie heraus. Seine Eltern und Geschwister sind Akademiker, Musiker oder beides. Bruns spielte in seiner Jugend zwar Trompete in der Bigband der Schule, fühlte sich ansonsten am Gymnasium aber nie so richtig aufgehoben. Der Schulstoff erschien ihm zu realitätsfern, die Versetzung wurde zur Zitterpartie. Handwerkliche Ambitionen hatte Bruns aber damals schon. „Während der Schulzeit habe ich angefangen, einen Handwerkskurs zu besuchen und gerne mit Speckstein und Holz gearbeitet“, erzählt der heute 22-Jährige.
„Meine Mutter hat mich dabei bestärkt. Sie war wohl froh, dass ich etwas gefunden hatte, das mich fesselt.“ Später leitete er dann selbst Werkkurse für Kinder. Noch während der Schulzeit wuchs in ihm der Wunsch, auch professionell ein Handwerk zu erlernen. Dabei hatte er zunächst zwei Berufsbilder im Sinn: Steinmetz oder Zimmerer wollte er werden.
Die beste Entscheidungshilfe: ein Berufspraktikum
In der 9. Klasse nahm Schüler Bruns ein Berufspraktikum bei der Zimmerei Wolfgang Schlatter in Kleinkarlbach auf. Hier konnte er tiefer ins Handwerk hineinschauen und war sofort Feuer und Flamme. „Ich war total begeistert und mir wurde schnell klar, dass der Beruf des Zimmerers genau das ist, was ich lernen will.“ Obwohl seine Eltern ihm rieten, lieber zuerst das Abitur zu machen, unterstützten sie den Sohn schließlich auf seinem weiteren Werdegang. „In meinem Handwerk bin ich wirklich richtig aufgehoben, weil ich am Ende des Tages sehe, was ich geschafft habe“, erklärt Bruns die Begeisterung für seinen Beruf. Er verließ das Gymnasium 2013 mit dem Realschulabschluss in der Tasche und ging noch im gleichen Jahr bei Schlatter in die Zimmerer-Lehre, wo er bis heute arbeitet.
Vom Wackelkandidaten zum Klassenbesten der Berufsschule
Sah Bruns seine Versetzung auf dem Gymnasium öfters gefährdet, stiegt er auf der Berufsschule schnell zum Klassenbesten auf – über alle drei Ausbildungsjahre. Für Bruns hat das einen einfachen Grund. „Auf dem Gymnasium habe ich mich immer gefragt, wozu ich den unterrichteten Stoff eigentlich im Leben brauche. Mathematik ist da das beste Beispiel. Auf der Berufsschule war das ganz anders. Hier hatte alles, was ich gelernt habe, einen Bezug zu meinem Alltag“, meint der junge Handwerker. Lächelnd ergänzt er: „Heute sind Winkelfunktionen für mich gar kein Problem, in meinem Beruf komme ich ohne gar nicht aus.“
Interview mit Alex Bruns auf der Messe BAU 2019:
Nach den WorldSkills startet gleich die Meisterschule
Auch für die Zeit danach hat sich Bruns Ziele gesetzt. Nach seiner Rückkehr aus Russland geht es gleich an die Meisterschule. Da man an den WorldSkills nur einmal im Leben teilnehmen kann, liegen die nächsten sportlichen Herausforderungen für den Zimmermann im Privaten. „Ich war früher sehr aktiv, bin geschwommen, habe später täglich Kraftsport gemacht. Für die Nationalmannschaft und die Wettbewerbe habe ich alle Freizeitaktivitäten geopfert – sehr gerne übrigens“, berichtet Bruns.
„Nach den WorldSkills will ich mich im Halbmarathon erproben. Schwimmen und Radfahren liegen mir ja ohnehin. Mit dem Langstreckenlauf mache ich mich dann für zukünftige Triathlons fit.“ Wer den jungen Zimmerer kennen lernt, der merkt gleich: Alex Bruns stellt sich gerne Herausforderungen. Für die WorldSkills ist er damit bestens gerüstet.
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