Energiesprong - Klimarettung durch serielle Dachsanierung
Bild von Enrgiesprong Bauprojekt

Energiesprong – Klimarettung durch serielle Dachsanierung

5. April 2022

 · Gerald Weßel

Unter Regie der Deutschen Energie Agentur formiert sich in Deutschland eine Koalition verschiedener Unternehmen aus Industrie und Forschung, die die serielle Sanierung in Deutschland etablieren will. Energiesprong will nicht weniger als eine kleine Revolution in der energetischen Sanierung für Mehrfamilienhäuser.

Deutschland steht vor der Herausforderung, zehntausende Gebäude pro Jahr energetisch sanieren zu müssen, um seine Klimaziele erreichen zu können. Abseits der Energie- und Wärmeversorgung stellen hierbei vor allem Dach und Fassade den Löwenanteil an Arbeit dar. Derzeit läuft es meist so, dass beides vor Ort ab- und wieder neu aufgebaut wird. Vereinfacht gesagt: Für sich genommen sind es also direkt am Objekt entstehende Unikate als Resultat einer einzelnen, so aber nicht beliebig an anderer Stelle wiederholbaren Baumaßnahme.

Bild von Energiesprong Bauprojekt
Per Lkw kommen die vorgefertigten Module zur Baustelle, per Kran werden sie dann an die Hauswand gesetzt. (Alle Projektfotos: ecoworks GmbH)

Vorgefertigte Fassadenpaneele und Dachelemente

Dagegen setzt die serielle Sanierung per Energiesprong-Prinzip auf industriell vorgefertigte Paneele und Dachelemente für eine warmmietenneutrale Sanierung mit dem NetZero-Standard. Letzteres heißt, dass das Gebäude über das Jahr so viel Energie für Heizung, Warmwasser und Strom erzeugt, wie von den Bewohnern benötigt wird.

Bild von Nils Bormann
Energiesprong-Ingenieur Nils Bormann (Foto: dena)

Serielle Sanierung macht Sinn. „Denn im Prinzip gleichen sich viele Dächer und Gebäudehüllen“, erklärt Nils Bormann. Es sei zwar nicht alles wirklich identisch, auch wenn es von außen danach aussehe, aber in vielen Fällen könne man hier umdenken. Bormann arbeitet als Ingenieur bei der Deutschen Energie Agentur (dena) und gehört wie seine Kollegin, die Kommunikationsexpertin Christina Stahl, zu dem Team, das vor etwa vier Jahren vom damaligen Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz einen Auftrag erhielt. Sie sollen die Marktentwicklung für das serielle Sanieren voranbringen und hierfür vor allem Marktchancen in Form von Angebot und Nachfrage in Deutschland schaffen. Das Vorbild hierfür kommt – der Name lässt es erahnen – aus den Niederlanden.

Bild von Anlieferung der Energiesprong Bauteile
In Reih und Glied warten die Fassadenmodule auf ihr Entladen vom Lkw.

Weniger Arbeitskräfte notwendig

Den Kern hierbei bilden hochwertige, standardisierte Lösungen mit seriell vorgefertigten Elementen. Dach und Fassade werden also in Masse als Einheitsprodukt hergestellt und vor Ort nur noch an oder aufs Gebäude gesetzt – Photovoltaik inklusive. „Es muss quasi nicht mehr Dämmplatte für Dämmplatte angeklebt werden“, erläutert Bormann mit Blick auf den hierfür enormen Personaleinsatz bei gleichzeitigem Mangel an Arbeitskräften. Die großen Elemente brauchen am Ende des Tages schlicht weniger Hände, um sie anzubringen. „Und das alles, ohne gestalterische Ansprüche preiszugeben“, stellt er klar. „Sanierung wird zu einem Produkt aus einer Hand, nicht mehr vertreten durch etliche Gewerke.“ Ein Wohnungsbauunternehmen kauft quasi bei einem Gesamtlösungsanbieter zehn Stück Sanierung für zehn einander ähnliche Gebäude.

Bild von Energiesprong Arbeiten an der Fassade
Unten ist die neue Fassade bereits instaliert, oben wartet die vorbereitete Hauswand noch auf ihre neue Haut.

Dach und Fassade neu aus einem Guss

Allerdings ist allen Beteiligten klar, dass die serielle Sanierung natürlich nicht für jedes Gebäude geeignet ist: „Wir sagen immer: möglichst bisher unsaniert, Nachkriegsbau, quadratisch, praktisch, gut“, fasst Bormann vereinfacht zusammen und betont dabei auch, dass das Konzept sein volles Potenzial vor allem dann entfalten kann, wenn Fassade und Dach aus einem Guss neu an und aufs Gebäude gebracht werden können. Die Bauform spielt also eine entscheidende Rolle: „Wir reden über Projekte, die einander sehr ähnlich sind, was zum Glück auf etliche Bauten in Deutschland im Kern zutrifft.“

Bild von Energiesprong Gebäude
Photovoltaikmodule können im Zuge der seriellen Sanierung direkt installiert werden.

dena als Vermittler

„Wir von der dena sollen die maßgeblichen Akteure finden und zusammenbringen“, erläutert Stahl. Die dena unterstützt vielfältig und schafft Öffentlichkeit. „Wir produzieren selbst nichts, wir kaufen oder verkaufen auch nichts“, stellt sie klar. „Wir koordinieren, bringen zusammen und unterstützen aktive Unternehmen bei der Produktentwicklung oder der Planung und Umsetzung erster Sanierungsvorhaben nach dem Energiesprong-Ansatz.“ Niemand müsse alles offenlegen. „Wir haben einen Überblick über das, was am Markt derzeit angeboten und was entwickelt wird“, sagt sie weiter. 

Bild von Christina Stahl
Presseverantwortliche bei Energiesprong Deutschland, Christina Stahl (Foto: dena)

„Es geht uns um nicht weniger als den Erhalt unserer Lebensgrundlage“, bringt es Nils Bormann auf den Punkt. „Und mit Blick auf den Gebäudesektor kann uns das serielle Sanieren hier ein gutes Stück weiterbringen und ist ein wichtiger Baustein für den Klimaschutz.“ Die Hauptrollen bei dieser beabsichtigten Beschleunigung spielen die bereits eingestiegenen Anbieter, wie die B&Q Gruppe, ecoworks GmbH mit Nachunternehmern wie Kingspan, Fischbach Gruppe, GAP Solution GmbH sowie die ersten Pilotprojekte, die bereits umgesetzt worden sind.

Erste Energiesprong-Projekte sind bereits umgesetzt

In Bochum wird zum Beispiel bei einem Wohnungsbau die Fassade seriell von einem Betrieb aus Nordrhein-Westfalen saniert. Für das Flachdach fand sich keine wirtschaftlich machbare Lösung. „Aber das wollen wir ändern, wir suchen händeringend nach Lösungen für Flachdächer“, erklärt Bormann. Auf der Erfolgsseite finden sich weitere Projekte, die entweder schon fertig sind (Hameln – Baufirma ecoworks GmbH) oder kurz vor Fertigstellung stehen (Herford – Baufirma Gap Solution GmbH, weiteres Projekt in Bochum – Baufirma B&O Bau NRW GmbH). Für 2022 ist die serielle Sanierung von rund 400 weiteren Wohneinheiten geplant. Zudem möchte ein großes Wohnungsbauunternehmen in Erlangen in den kommenden Jahren einen Großteil seines Bestandes seriell sanieren. „Das sind nach und nach bis zu 6000 Wohneinheiten“, so Christina Stahl aus dem Energiesprong-Team.

Bild von Energiesprong-Projekt in Bochum
Ein neues Modul wird an die vorbereitete Wand eines Altbaus gesetzt.

Innovationen und Vorreiter weiterhin gesucht

„Was wir sehen ist nur die Spitze des Eisberges“, ist Christina Stahl überzeugt. Aktuell werde auch vieles auf dem Papier ausprobiert, ehe es überhaupt öffentlich einsehbar erprobt wird. Die ersten Schritte sind gemacht, die Pilotprojekte nehmen Form an und immer mehr Menschen werden auf das Thema aufmerksam. „Wir brauchen aber auch mehr Anbieter, die Komplettlösungen anbieten“, benennt Bormann den Bedarf an Herstellern, die Fassade und Dach als ein Produkt auf den Markt bringen. „Je kompletter das Paket, desto besser.“ Ein wachsender Markt und Wettbewerb kann sich auch positiv auf Entwicklungen bei Preisen, Rohstoffbedarf und Qualität der Sanierung auswirken. 

Bild von Umsetzung der Energiesprong Projekte
Im Optimalfall sollten Dach und Fassade in einem Zug aus einer Hand als Komplettpaket erneuert werden.

 „Wir brauchen weiter Innovationen und Vorreiter, die sich neue aussichtsreiche Geschäftsfelder im seriellen Sanieren erschließen“, werben Christina Stahl und Nils Bormann für eine Zukunft mit Energiesprong.

Sie interessieren sich für Dachsanierungen? Dann lesen Sie unsere Story über eine Sanierung nach klassischer Art, bei der ein Haus aus dem 19. Jahrhundert ein komplett neues Biberdach bekommen hat.

Artikel jetzt teilen!

Weitere Artikel

Aus der Praxis

Dachdeckermeister Markus Berg hat preisverdächtig restauriert

Newsletter-Anmeldung

DACH-Ticker

Positiver Trend im Dachdeckerhandwerk: Steigerung der Azubizahlen

Die aktuellen Zahlen zeigen einen erfreulichen Anstieg der Azubizahlen im Dachdeckerhandwerk. Derzeit erlernen 8490 junge Menschen diesen Beruf, was einem leichten Anstieg um 0,75 Prozent im Vergleich zum Vorjahr mit 8427 Auszubildenden entspricht. Rolf Fuhrmann, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands des Deutschen Dachdeckerhandwerks (ZVDH), betont die positive Entwicklung trotz der allgemeinen Ausbildungssituation und intensiver Konkurrenz mit anderen Berufen.

7. Februar 2024

Holzhandel erzielt im Jahr 2023 deutlich weniger Umsatz

Das schwierige wirtschaftliche Umfeld verbunden mit einer sehr schwachen Baukonjunktur sorgten beim deutschen Holzhandel 2023 insgesamt für einen Umsatzrückgang von 15 Prozent. Teilweise ist dieser Umsatzrückgang aber auch weiter nachgebenden Preisen geschuldet. Die Jahresauswertung des monatlichen GD Holz Betriebsvergleiches zeigt deutlich, dass die schwachen Absatzmärkte im vergangenen Jahr voll auf die Umsatzentwicklung der Branche durchgeschlagen haben. Alle wichtigen Sortimente im Holzhandel sind von diesem Umsatzrückgang betroffen, am stärksten Schnittholz mit einem Umsatzrückgang von 24 Prozent.

2. Februar 2024

ifo Institut: Rentenalter an steigende Lebenserwartung koppeln

Das ifo Institut Dresden hat sich dafür ausgesprochen, das Rentenalter an die steigende Lebenserwartung zu koppeln. „Einige unserer Nachbarländer haben das bereits beschlossen, so die Niederlande, Schweden und Finnland“, sagt ifo-Rentenexperte Joachim Ragnitz. In den Niederlanden werde folgende Regel angewendet: Wenn die Menschen drei Jahre länger leben, müssen sie zwei Jahre länger arbeiten und bekommen ein Jahr länger Rente. Das Verhältnis von Rentnern zu Erwerbstätigen würde damit auch nach dem Jahr 2040 stabil bei rund 40 Prozent liegen und nicht auf fast 50 Prozent steigen, wie derzeit prognostiziert. 

16. Januar 2024

Beschäftigung auf Rekordniveau: Arbeitsmarkt zeigt sich 2023 widerstandsfähig

Im Dezember 2023 waren rund 2,6 Millionen Menschen arbeitslos. Im Vergleich zum November stieg die Arbeitslosenquote saisonbedingt um 0,1 Prozentpunkte auf 5,7 Prozent. Staatssekretärin Leonie Gebers, Bundesministerium für Arbeit und Soziales: „Erfreulich ist, dass die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit 35,1 Millionen im Oktober erneut einen Höchststand erreicht hat und die Nachfrage nach neuen MitarbeiterInnen im Dezember trotz weiterhin schwacher Konjunktur wieder leicht gestiegen ist. Der Arbeitsmarkt erweist sich als verlässlich und widerstandsfähig.“

8. Januar 2024

Dachdecker gilt als am wenigsten durch Künstliche Intelligenz gefährdeter Beruf

Die meisten Büroberufe halten viele Menschen nach einer repräsentativen Umfrage der Marktforscher von YouGov für akut gefährdet, durch Künstliche Intelligenz (KI) ersetzt zu werden. Besser sind die Zukunftsaussichten für die handwerklich geprägten Berufe, bei denen sich die menschliche Komponente nur sehr schwer ersetzen lässt. Den Beruf des Schreiners halten 64 Prozent der Befragten für wenig oder gar nicht gefährdet, 65 Prozent den Beruf Maler und für den Beruf Dachdecker sehen gar 71 Prozent der Befragten wenig oder gar keine Gefahr.

21. Dezember 2023

Mayener Meisterwoche 2024 mit aktuellen Themen

In Mayen werden vom 24.-26. Januar 2024 wieder Tür und Tor für die Mayener Meisterwoche (MMW) geöffnet. Das Programm lässt keine Wünsche offen und beleuchtet die aktuellen Themen der Zeit: Neben wichtigen Neuerungen im Fachregelwerk geht es um Schadensfälle bei PV-Anlagen, die Möglichkeiten und Grenzen einer 4-Tage-Woche in Dachdeckerbetrieben, aber auch Cybersicherheit und KI im Handwerk versprechen interessante Einsichten. Ein Blick in das Programm lohnt auf jeden Fall.

15. Dezember 2023

Neues Führungs-Duo bei Velux Deutschland

Mit sofortiger Wirkung übernehmen Silke Stehr als Sprecherin der Geschäftsführung und Matthias Mager als Geschäftsführer Vertrieb die Leitung von Velux Deutschland. Jacob Madsen, bisheriger Geschäftsführer, wechselt als Executive Vice President Region North Europe in das Top-Management der Velux Gruppe. „Silke und Matthias haben viel Markt- und Branchen-Erfahrung und gestalten Velux schon lange erfolgreich mit,“ erklärt Madsen. „Gemeinsam werden wir unser Qualitätsversprechen, die enge Zusammenarbeit mit den Partnerbetrieben im Fachhandel und Handwerk und die starke Position des Unternehmens weiter ausbauen.“

4. Dezember 2023

Auftragszahlen im Wohnungsbau gehen weiter abwärts

„Seit mehr als einem Jahr verzeichnen wir nun schon negative Zahlen bei Baugenehmigungen und Auftragseingängen im Wohnungsbau. Von Januar bis September wurden fast 77.000 Wohneinheiten weniger genehmigt als im Vorjahreszeitraum. Die Order sind im September um real 15 Prozent zurückgegangen“, so Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer Zentralverband Deutsches Baugewerbe. Der Der Wohnungsbau brauche neben dem beim Kanzlergipfel verabschiedeten 14-Punkte-Plan kurzfristige Hilfe, sonst werde der Einbruch noch dramatischer.

24. November 2023

ifo Institut: Auftragsstornierungen im Wohnungsbau erreichen neuen Höchststand  

Die Stornierungswelle im Wohnungsbau reißt nicht ab. Im Oktober meldeten 22,2 Prozent der Unternehmen gestrichene Projekte, im Vormonat waren es 21,4 Prozent. „Es wird immer schlimmer, mehr und mehr Projekte scheitern am gestiegenen Zinsniveau und den teuren Baupreisen“, sagt Klaus Wohlrabe, Leiter der ifo Umfragen. „Das Neugeschäft im Wohnungsbau ist weiterhin sehr schwach, die Auftragsbestände der Firmen schmelzen ab.“ 

15. November 2023

ifo Institut: Wirtschaftsleistung 2023 schrumpft um 0,4 Prozent

Das ifo Institut hat seine Konjunkturprognose bestätigt. Demnach wird die deutsche Wirtschaftsleistung 2023 um 0,4 Prozent schrumpfen. Im kommenden Jahr wird sie dann um 1,4 Prozent steigen, aber 0,1 Prozentpunkte weniger als bislang gedacht. Im Jahre 2025 wird das Wachstum 1,2 Prozent betragen. „Anders als bislang erwartet dürfte die Erholung in der zweiten Jahreshälfte 2023 ausbleiben. Die Abkühlung setzt sich fort, in nahezu allen Branchen steht die Tendenz auf Flaute“, sagt ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser. 

8. September 2023