Dachdeckermeister Erik Schulz: Mit der Wende aufs Dach
Bild von Dachdeckermeister Erik Schulz

Dachdeckermeister Erik Schulz: Mit der Wende aufs Dach

6. Oktober 2022

 · Gerald Weßel

Mit ihrem Ende kam für ihn der Neuanfang: Erik Schulz hatte noch für sie die Waffe in der Hand, da stieg die DDR in die Annalen der Geschichte hinab: „1989 wurde ich nach bestandener Prüfung einberufen“, erinnert sich der damalige gelernte Baumaschinist. Kaum zwei Jahre war es damals her, dass er diese Ausbildung begonnen hatte. „Aber als ich im Mai 1990 aus dem Dienst entlassen wurde, stand ich wie Viele in einer komplett neuen Welt.“ Für Ostdeutschland begann als Teil der Bundesrepublik eine neue Epoche und für den heute 51-jährigen Dachdeckermeister seine Reise hin zur eigenen Firma.

Bild von Dachdeckermeister Erik Schulz mit seinem Team
Erik Schulz ist mit seinem Team auch, aber nicht nur auf Flachdächern unterwegs. (Titelbild und Abbildungen: Erik Schulz GmbH)

Scheidewege im Leben

Die Erik Schulz GmbH in Dessau-Roßlau ist heute als Mitgliedsbetrieb der Dachdecker-Einkauf Ost eG fest verankert in seiner Heimat, doch es hätte auch ganz anders laufen können. Sein einstiger Ausbildungsbetrieb wurde von einem westdeutschen Unternehmer aufgekauft und dort konnte er nicht weiter als Baumaschinist arbeiten. Dafür hätte der junge Erik Schulz nach Essen umziehen müssen. Doch: „Ich bin eine Dorfjacke und das bleibe ich auch“, war und ist für ihn klar. Die Alternative war, als ungelernter Dachdeckerhelfer zu arbeiten. Er nahm an und mit Blick auf die Lage von einst weiß er: „Ich hatte Glück, Millionen wurden arbeitslos, Betriebe schlossen für immer, ich bekam direkt eine neue Chance.“

Nur 10 000 Euro Startkapital

1995 bestand er schließlich seine zweite Gesellenprüfung, dieses Mal zum Dachdecker, und ab Anfang 1998 durfte er sich sogar stolz Meister nennen. In den kommenden fünf Jahren übernahm Erik Schulz die fachliche Geschäftsführung bei einer Bauinvest-Firma, die ein Unternehmer in Roßlau kurz zuvor gegründet hatte. Doch mit der Zeit regte sich seine Lust, selbst wieder aufs Dach zu kommen und so gründete er 2003 gemeinsam mit einem Freund die S&S Baudienstleistungen GbR. 

Bild von Dachdeckermeister Erik Schulz mit seinen Mitarbeitern
Erik Schulz ist überzeugt, dass vor allem in der aktuellen Spirale aus steigenden Preisen, Lieferengpässen und nachlassender Kaufbereitschaft Vielfalt bei Aufträgen für Dachdecker entscheidend ist, um gut durchzukommen.

Der Anfang war nicht einfach mit 10 000 Euro Startkapital. „Das ist nicht viel für eine eigene Handwerkerfirma“, sagt Erik Schulz. „Dann noch einen Transporter mit Pritsche auf Kredit gekauft.“ Und da man auch nicht der einzige Dachdecker am Ort war, hielten sich die zwei Freunde auch Türen in eher fremde Branchen offen. „Trockenbau zum Beispiel“, nennt er als Beispiel für eines ihrer damaligen Aushilfsfelder.

Schnell neue Mitarbeiter eingestellt

Doch das Geschäft lief flott an, bereits nach einem halben Jahr brauchten sie Verstärkung. Probleme jemanden zu finden, hatten sie keine. „Es gab Handwerker im Überschuss, egal ob Dachdecker, Klempner, Elektriker“, zählt Erik Schulz auf und sieht hier einen klaren Unterschied zu heute. Zügig folgten auch die ersten beiden Azubis, wobei der eine heute sogar Meister geworden ist – wenn auch nicht mehr bei ihm im Betrieb: „Mich freut das natürlich trotzdem, sie alle sind ihren Weg gegangen“, so der 51-Jährige, der seine Firma seit 13 Jahren alleine leitet. 

Bild von Dachdeckermeister Erik Schulz
Der Kirchturm als Mittelpunkt – aber nicht im Sinne des Glaubens: Erik Schulz konzentriert sich in Sachen Dachdeckerarbeit stark auf die Region, Radius um den Kirchturm: gut 30 Kilometer.

Privatkundengeschäft als Schwerpunkt

Das zweite S im Firmennamen stand einst für Heiko Schleehahn. „Auch er kam einst per Zufall zum Dachhandwerk“, erinnert sich Schulz. „Bis zur Wende hatte er auf einer Schiffswerft gearbeitet.“ Inzwischen ist er aber nicht mehr Teil der Firma, wodurch auch die Umbenennung zur heutigen Form folgte. Heute arbeiten im Betrieb fünf Gesellen, Dachdecker und Zimmerer. Im Tagesgeschäft bilden Dachsanierungen bei Privatkunden den Schwerpunkt. Doch generell sei man offen für alles rund ums Dach oder an der Fassade. „Die Vielfalt kommt vom Kundenwunsch“, schildert Schulz. „Wenn der Kunde es will und wir es uns zutrauen, dann machen wir es.“ Deshalb gehört inzwischen auch Photovoltaik oder das eine oder andere Gründach ins Portfolio.

Und die Mischung macht auch geschäftlich Sinn: „Wenn man sich nur auf eine Sache spezialisiert hat, dann braucht man Sprit im Tank“, erklärt Erik Schulz. „Wir fahren ja quasi nur um unseren Kirchturm drum herum“, umschreibt er den 30 Kilometerradius, in dem sich fast alle Aufträge abspielen.

Bild von Dachdeckermeister Erik Schulz mit seinen Mitarbeitern
Nicht nur für sein Team setzt sich Erik Schulz ein, er ist auch Dachdecker-Innungsobermeister in seiner Heimat.

Innungsobermeister Erik Schulz

Seit einiger Zeit ist Erik Schulz auch Innungsobermeister von Dessau-Roßlau – einer der zahlenmäßig stärksten Innungen im Landesverband Sachsen-Anhalt. „Das Amt wurde an mich als Stellvertreter herangetragen.“ Sein Vorgänger hörte altersbedingt auf, Erik Schulz übernahm. 

Zeichen setzen als Dachdeckerinnung

Die aktuelle Krise treibt ihn in dieser Funktion auch in die Öffentlichkeit – wortwörtlich wie sinnbildlich. In einem offenen Brief der Kreishandwerkerschaft Anhalt Dessau-Roßlau fordert man ein Ende der Sanktionen gegenüber Russland und einen Stopp der Waffenlieferungen an die Ukraine. Denn die sich seitdem entfaltende Dynamik sei fatal und richte sich massiv gegen die deutsche Wirtschaft und Bevölkerung. Vor allem sind es die steigenden Preise und die damit verbundenen Unwägbarkeiten, die Erik Schulz umtreiben: „Wir stehen vor einem Zeitalter der wirtschaftlichen Ungewissheit.“

Schulz nahm auch an einer Demonstration mit mehr als 2 000 Teilnehmern unter dem Motto „Handwerker für den Frieden“ teil und hielt auch eine Rede. „Ich wollte ein Zeichen für die 850 Handwerksbetriebe mit etwa 5 000 Beschäftigten in Dessau-Roßlau setzen“, begründet er seine Haltung. 

Bild von Dachdeckermeister Erik Schulz
Dachdeckermeister Erik Schulz

Auftragslage des Betriebs weiterhin gut

Bei seinem Betrieb schaue es derweil jedoch noch okay aus: „Wir sind klein, wir können das überstehen“, verweist er auch auf das breite Spektrum an Arbeiten und den geringen Anteil an Neubauten, für die die Aufträge in der Region bereits stark einbrechen. Deshalb: „In einigen Jahren wird es etliche Dachdeckerbetriebe nicht mehr geben“, fürchtet Schulz die traurige Aussicht für nicht wenige Kollegen zu kennen.

Sie interessieren sich für Dachdeckermeister, die sich ehrenamtlich über den eigenen Betrieb hinaus engagieren? Dann lesen Sie unsere Story über Melanie Bernhardt, die als Pressesprecherin ihrer Innung tätig ist.

Bild von Velux-Banner

Artikel jetzt teilen!

Weitere Artikel

Newsletter-Anmeldung

DACH-Ticker

Valentin Bremer gewinnt German Craft Skills 2024 der Dachdecker

Der Sieger der German Craft Skills 2024 Valentin Bremer kommt aus Hessen und hat von 200 möglichen Punkten 178,70 erreicht. Den zweiten Platz belegte John Seltmann aus Sachsen, Dritter wurde Linus Esseln, der Landessieger aus Rheinland-Pfalz. Bremer und Seltmann haben sich für die 30. IFD-Weltmeisterschaft junger DachdeckerInnen im Jahr 2026 qualifiziert. „Es ist immer wieder eine große Freude zu sehen, wie sehr sich junge Menschen für ihr Handwerk begeistern“, erklärte ZVDH-Vizepräsident Jan Voges, der als Zuschauer vor Ort war.

Bild von Velux-Banner

30. Oktober 2024

Georg Harrasser wird neuer Geschäftsführer bei Nelskamp

Georg Harrasser übernimmt ab November 2024 die Geschäftsführung der Dachziegelwerke Nelskamp. Der 58-jährige Maschinenbauingenieur ist ein alter Bekannter in der Bedachungsbranche. Nach mehr als 25 Jahren bei der BMI Group war Harrasser zuletzt als Präsident bei der Carlisle Construction Materials Europe tätig. Er folgt auf Heiner Nelskamp, der im Mai 2024 als Geschäftsführer in Rente gegangen ist. „Nelskamp ist ein bekannter Name und wird als ein führender Hersteller von Dacheindeckungsmaterial in Deutschland sehr geschätzt. Der Ausbau des deutschen sowie internationalen Geschäfts ist eine spannende Aufgabe, auf die ich mich sehr freue“, so Harrasser.

Bild von Velux-Banner

17. September 2024

A. Ewald Kreuzer wird Ehren-Landesinnungsmeister der bayerischen Dachdecker

Nach Abschluss der Neuwahlen der Vorstandschaft auf dem jüngsten Landesverbandstag der bayerischen Dachdecker stellte der neu gewählte Landesinnungsmeister Mario Kunzendorf den Antrag, A. Ewald Kreuzer für seine herausragenden Verdienste während seiner knapp 20-jährigen Amtszeit als Landesinnungsmeister zum Ehren-Landesinnungsmeister zu ernennen. Kunzendorf bekräftigte die Aussage von ZVDH-Präsident Dirk Bollwerk, dass mit der Zeit von Kreuzer als Landesinnungsmeister eine „Ära“ zu Ende gehe und ergänzte, dass dieser Begriff selten treffender hätte sein können.

Bild von Velux-Banner

18. Juli 2024

ifo Institut erhöht Prognose auf 0,4 Prozent Wirtschaftswachstum für 2024

Das ifo Institut hat seine Prognose für das Wirtschaftswachstum im laufenden Jahr auf 0,4 Prozent heraufgesetzt, von 0,2 Prozent bislang. Im kommenden Jahr dürfte es sich beschleunigen auf 1,5 Prozent. „Es entsteht gerade neue Hoffnung“, sagt ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser. „Die deutsche Wirtschaft arbeitet sich langsam aus der Krise. Das zweite Halbjahr 2024 dürfte deutlich besser ausfallen als das erste.“ Gleichzeitig wird die Inflation abflauen, von 5,9 Prozent im vergangenen Jahr auf 2,2 Prozent in diesem und auf nur noch 1,7 Prozent im kommenden Jahr.  

Bild von Velux-Banner

20. Juni 2024

17 Prozent weniger Baugenehmigungen im April 2024 als im Vorjahr

Im April 2024 wurde in Deutschland der Bau von 17 600 Wohnungen genehmigt. Wie das Statistische Bundesamt mitteilt, waren das 17 Prozent oder 3600 Baugenehmigungen weniger als im April 2023. Im Vergleich zum April 2022 sank die Zahl der Baugenehmigungen sogar um 43,5 Prozent oder 13 500 Wohnungen. Von Januar bis April 2024 wurden 71 100 Wohnungen genehmigt. Das waren 21 Prozent oder 18 900 Wohnungen weniger als im Vorjahreszeitraum. „Deutschlands Wohnungsnot verschärft sich weiter. Was heute nicht genehmigt wird, können wir morgen nicht bauen und wird den Mieterinnen und Mietern am Markt fehlen“, erklärt Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe.

Bild von Velux-Banner

18. Juni 2024

Bundesweite Zoll-Razzia gegen Ring von Dachdecker-Betrügern

Die Staatsanwaltschaft Osnabrück ist mit einer Großrazzia unter anderem im Raum Osnabrück und Leer gegen ein illegales Netzwerk sogenannter fliegender Dachdecker vorgegangen. Bei den Ermittlungen gegen Dachdecker-Betrüger geht es unter anderem um den Vorwurf Schwarzarbeit. Laut Staatsanwaltschaft Osnabrück vollstreckten in einer Razzia 590 Zollbeamte mehr als hundert Durchsuchungsbeschlüsse in Niedersachsen, Hamburg und Berlin. Außerdem unterstützten Spezialkräfte der Polizei die Durchsuchungen von Wohnungen und Gebäuden. Es wurden laut Staatsanwaltschaft Arrestbeschlüsse in Höhe von mehr als 800 000 Euro erwirkt. Es seien deshalb umfangreiche Vermögenswerte in bar sichergestellt worden.

Bild von Velux-Banner

4. Juni 2024

Auftragseingang im Bauhauptgewerbe steigt im Februar 2024 erstmals wieder an

Der reale, also preisbereinigte Auftragseingang im Bauhauptgewerbe ist nach Angaben des Statistischen Bundesamtes im Februar 2024 gegenüber Januar 2024 kalender- und saisonbereinigt um 1,8 Prozent gestiegen. Das gilt auch für die Umsätze, die sich sogar um 2 Prozent erhöhten. Der Auftragseingang nahm im Hochbau um 0,5 und im Tiefbau um 2,9 Prozent zu. Auch gegenüber dem Februar 2023 gibt es eine Steigerung um 0,9 Prozent.

Bild von Velux-Banner

25. April 2024

Positiver Trend im Dachdeckerhandwerk: Steigerung der Azubizahlen

Die aktuellen Zahlen zeigen einen erfreulichen Anstieg der Azubizahlen im Dachdeckerhandwerk. Derzeit erlernen 8490 junge Menschen diesen Beruf, was einem leichten Anstieg um 0,75 Prozent im Vergleich zum Vorjahr mit 8427 Auszubildenden entspricht. Rolf Fuhrmann, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands des Deutschen Dachdeckerhandwerks (ZVDH), betont die positive Entwicklung trotz der allgemeinen Ausbildungssituation und intensiver Konkurrenz mit anderen Berufen.

Bild von Velux-Banner

7. Februar 2024

Holzhandel erzielt im Jahr 2023 deutlich weniger Umsatz

Das schwierige wirtschaftliche Umfeld verbunden mit einer sehr schwachen Baukonjunktur sorgten beim deutschen Holzhandel 2023 insgesamt für einen Umsatzrückgang von 15 Prozent. Teilweise ist dieser Umsatzrückgang aber auch weiter nachgebenden Preisen geschuldet. Die Jahresauswertung des monatlichen GD Holz Betriebsvergleiches zeigt deutlich, dass die schwachen Absatzmärkte im vergangenen Jahr voll auf die Umsatzentwicklung der Branche durchgeschlagen haben. Alle wichtigen Sortimente im Holzhandel sind von diesem Umsatzrückgang betroffen, am stärksten Schnittholz mit einem Umsatzrückgang von 24 Prozent.

Bild von Velux-Banner

2. Februar 2024

ifo Institut: Rentenalter an steigende Lebenserwartung koppeln

Das ifo Institut Dresden hat sich dafür ausgesprochen, das Rentenalter an die steigende Lebenserwartung zu koppeln. „Einige unserer Nachbarländer haben das bereits beschlossen, so die Niederlande, Schweden und Finnland“, sagt ifo-Rentenexperte Joachim Ragnitz. In den Niederlanden werde folgende Regel angewendet: Wenn die Menschen drei Jahre länger leben, müssen sie zwei Jahre länger arbeiten und bekommen ein Jahr länger Rente. Das Verhältnis von Rentnern zu Erwerbstätigen würde damit auch nach dem Jahr 2040 stabil bei rund 40 Prozent liegen und nicht auf fast 50 Prozent steigen, wie derzeit prognostiziert. 

Bild von Velux-Banner

16. Januar 2024