Dachdecker-Mädelz rocken die Messestände
21. Februar 2019
Den ersten großen Auftritt hatten die Dachdecker-Mädelz vor einem Jahr auf der Messe Dach+Holz. „Wir haben ein eigenes Logo entworfen, T-Shirts damit bedrucken lassen und sind durch die Hallen gelaufen. Die Hersteller haben sich um uns gerissen“, erinnert sich Stephanie Kühnel lachend. Die Dachdeckermeisterin mit eigenem Betrieb in Emmerting in Südbayern war eine von 17 Frauen, die sich in Köln zum ersten Mal persönlich trafen. „Wir haben für zwei Nächte in einer Jugendherberge geschlafen, damit das für alle bezahlbar blieb. Echt Wahnsinn, was dann auf der Messe los war. Es war ein wunderschönes Erlebnis.“ Kein Wunder: Erstmals ging eine Gruppe von Dachdeckerinnen von Stand zu Stand, wo sonst fast nur Männer unterwegs sind.
Dachdecker-Mädelz starten auf Facebook durch
Das war der Kickstart für die Gruppe, die damals 28 Frauen umfasste. Kontakt aufgenommen hatten sie erstmals in der Facebook-Gruppe ‚Mädels vom Bau‘. Für Frauen aus allen Gewerken, gegründet von einem Mann. Der nächste Schritt: Eine eigene WhatsApp-Gruppe für Dachdeckerinnen, um sich zu vernetzen und auszutauschen. „Und nach den positiven Erfahrungen auf der Messe haben wir dann sofort die „Dachdecker-Mädelz“ auf Facebook ins Leben gerufen. Die ersten 600 Likes gab es schon nach einem Abend“, berichtet Kühnel. Der Name mit dem Z am Ende sorgt für das besondere Etwas, für die Wiedererkennung. „Wir haben einfach etwas versucht, dass Aufmerksamkeit erregt und dies haben wir wohl geschafft.“
Dachdecker-Mädelz sind ein bunter Haufen Gleichgesinnter
Das Besondere an den Dachdecker-Mädelz ist, dass sich hier nicht allein die Betriebsinhaberinnen austauschen. „Bei uns machen alle mit, von Lehrlingen, über Gesellinnen, bis zu Bauleiterinnen und Meisterinnen, im Alter zwischen 15 und 45 Jahren“, sagt Kühnel. Aktuell sind es 40 Frauen und zum internen Netzwerken nutzen sie ihre WhatsApp-Gruppe. „Wir sind ein bunter Haufen und helfen uns gegenseitig. So entstehen Freundschaften unter Gleichgesinnten.“ In den Nachrichten geht es um die alltäglichen Themen: Arbeit, Fachregeln, Kollegen, Chefs und auch Partner, Kinder, Gesundheit oder Kosmetik. Alle haben denselben Beruf, das macht den Austausch leichter. Oder wie Kühnel es salopp ausdrückt: „Wir sind am Tag im ‚Dreck‘ und wollen abends Frau sein.“
Antwort auf Nachwuchsmangel: Frauen in die Betriebe holen
Es sind normale Frauen mit einer großen Liebe zum Handwerk. Also eigentlich eher untypische Frauen, wie Kühnel findet. Über die Facebook-Gruppe „Dachdecker-Mädelz“ wollen sie ihren Beitrag dazu leisten, dass mehr Frauen ins Handwerk gehen. Hier stellen sich in lockerer Folge Frauen vor, die auf dem Dach arbeiten. „Meistens hören wir von den Mädels und sprechen sie an. Viele trauen sich nicht von alleine, auf uns zuzukommen. Aber wenn wir sie ansprechen, stellen sie sich und ihre Arbeit gerne vor“, berichtet Kühnel. Für die Dachdeckermeisterin lautet eine Antwort auf den Nachwuchsmangel: Frauen in die Betriebe holen. „Die Mädels entscheiden sich aus freien Stücken für das Handwerk, weil sie es wirklich wollen. Das ist keine Notauswahl“, sagt Kühnel. Die jungen Frauen sind engagiert und gut in der Schule.
Für Dachdecker-Mädelz bietet Hersteller bereits eigene Schulungen
Und wie geht weiter mit den Dachdecker-Mädelz? Jüngst waren sie auf der Bau-Messe in München, nächstes Jahr reisen sie wieder zur Dach+Holz nach Stuttgart. „Und wir treffen uns inzwischen auch auf Produktschulungen von Herstellern. Diese Schulungen sind dann exklusiv für uns Frauen“, sagt Kühnel. Auch die Industrie entdeckt also die Frauen als neue Zielgruppe im Handwerk. Potenzial ist noch viel vorhanden, auch für die Dachdecker-Mädelz. Aktuell lassen sich allein 116 Frauen zur Dachdeckerin ausbilden. „Sie sind alle herzlich willkommen in unserem Netzwerk“, sagt Kühnel.
Sie interessieren sich für Frauen im Handwerk? Dann lesen Sie unseren Artikel über Julia Peetz, aktuelle Bundessiegerin im Leistungswettbewerb der besten Auszubildenden.