Ein Dachdecker macht Wein
Dachdecker

Ein Dachdecker macht Wein

6. August 2020

 · Michael Podschadel

Das Logo auf den Flaschen des feinherben Rieslings aus dem Rheingau zeigt es deutlich: Hier kommen Handwerk und Weinkultur zusammen. Genauer gesagt: Dachhandwerk und Weinkultur. Was Dachdecker-Meister Schmidt an Begeisterung für den Weinbau einbringt, wurde Lebensgefährtin Stephanie Ullrich in die Wiege gelegt. Die Winzertochter führt seit einigen Jahren das ehemalige Wirtshaus der Eltern, die Gutsschänke Klerner Erben in Walluf – ihr Bruder übernahm das elterliche Weingut. Auf einem gemeinsamen Portugal-Urlaub entschieden sich Dachdecker Schmidt und seine Freundin dazu, gemeinsam einen Wein zu kreieren: „Noch im Urlaub haben wir das Logo entworfen, mit mir auf dem Dach und meiner Freundin darunter, die mich auffängt“, berichtet der Hobby-Winzer stolz.

Dachdecker fasziniert vom spannenden Thema Wein

Dachdecker: Ernten, keltern, abfüllen - beim Riesling von Jochen Schmidt und Stefanie Ulrich ist alles selbstgemacht.
Ernten, keltern, abfüllen – beim Riesling von Jochen Schmidt und Stefanie Ulrich ist alles selbstgemacht.

Wein zu genießen ist eine Sache – Wein herzustellen eine andere. Das weiß auch Dachdecker Schmidt, der sich zunächst fachlich weiterbildete, bevor er daran ging, den ersten eigenen Wein zu keltern: „Ich habe verschiedene Seminare besucht, zum Beispiel zur Sensorik“, erklärt Schmidt. Bei der Wein-Sensorik geht es darum, die Aromen des Weins zu erkennen und zu unterscheiden, und das geschmacklich ebenso wie anhand des Geruchs und Aussehens. „Wein hat mich einfach schon immer fasziniert“, ergänzt der Dachdecker. „Es gibt so viele verschiedene Sorten und Aromen, das ist unglaublich spannend zu entdecken.“ Sich gemeinsam mit seiner Partnerin an einem eigenen Jahrgang zu versuchen, war für beide schließlich eine lohnenswerte Herausforderung.

Das erste eigene Fass Riesling

Nachdem sich Schmidt und seine Freundin im Urlaub entschieden hatten, es einmal selbst zu versuchen, stellte ihnen Stephanie Ullrichs Bruder das Weingut im Rheingau für das erste eigene Fass zur Verfügung. Und ein Fass, das sind immerhin fast 900 Flaschen. „Stephis Bruder stand uns beratend zur Seite. Aber im Wesentlichen haben wir beide alles allein gestemmt, von der Traubenlese über das Keltern bis zum Abfüllen und Etikettieren der Flaschen.“ Schmidt und seine Freundin sind stolz auf ihren Weißwein. „Der Riesling ist wirklich gut geworden. Beim Ausschank in Stephis Schänke kommt er gut an, meine Kollegen mögen ihn. Und uns selbst schmeckt er auch ziemlich gut.“

Dachdecker-Wein Riesling Schmidt
Per Handy als Selfie dokumentiert: Dachdecker Schmidt an der Keltermaschine.

Dachdecker schenkt jedem Kunden eine Weinflasche

860 Flaschen umfasst der Jahrgang 2019. Ein Großteil ist bereits weg. „Wir schenken unseren Kunden zum Projektabschluss immer eine Flasche, aber auch unter Kollegen wird unser Wein immer häufiger nachgefragt“, berichtet Dachdecker Schmidt. Gemeinsam mit Partner Cornelis Schreijer führt er seit 2005 die Molitor Bedachungen GmbH in Eltville, Mitglied der DEG Alles für das Dach eG. Dort waren beide selbst angestellt, bevor sie das Unternehmen vom Firmengründer Heinz Molitor übernehmen konnten. Mit insgesamt 15 Mitarbeitern ist der Betrieb heute fachlich breit aufgestellt. Auch darauf ist der überzeugte Dachdeckermeister stolz: „Das Dachhandwerk hat mich schon früh begeistert. Ich habe mein Schulpraktikum bei einem Dachbaubetrieb in meinem Heimatort in Hargesheim gemacht, später dort in den Ferien gearbeitet und schließlich auch meine Ausbildung absolviert.“

Dachdecker. Auch der Weinbau ist für den Dachdeckermeister ein herausforderndes Handwerk.
Auch der Weinbau ist für den Dachdeckermeister ein herausforderndes Handwerk.

Roof and Wine

Der Jahrgang 2020 ist bei Dachdecker Schmidt und Wirtin Ullrich bereits fest eingeplant. „Wie haben gerade die Roof and Wine GbR gegründet, um unser Hobby sozusagen weiter zu professionalisieren“, meint Schmidt. Vollständig vom Dachhandwerk auf den Weinbau umzusatteln, kann er sich aber so schnell nicht vorstellen. „Das ist eine schöne Beschäftigung und der Wein kommt auch gut an. Aber das läuft bisher alles eher so nebenher“, sagt der Weinliebhaber. Er ergänzt lächelnd: „Das darf in Zukunft aber gerne mehr werden. Wer weiß was ich so mache, wenn ich mich mal zu alt fühle, um aufs Dach zu steigen.“ Mit dem Weinbau hat er sich immerhin schon einmal eine Perspektive geschaffen, von der man gerne träumen darf.

Sie interessieren sich für Dachdecker und ihre Hobbys? Lesen Sie hier unsere Story über einen Landesinnungsmeister als Marathon-Mann.

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