Dachdecker mit klarem Plan und moderner Führung
12. Oktober 2021
Dachdeckermeister Marcel Wietis wollte schon immer einen eigenen Betrieb führen. Als die Möglichkeit da war, übernahm er bestens vorbereitet die Dachdeckerei Brummerhop und verwirklicht dort mit Erfolg seine Vorstellungen.
Die Geschichte von Dachdeckermeister Marcel Wietis ist ein gutes Beispiel dafür, wie sich mit Geduld, einem klaren Plan und moderner Führung ein erfolgreich agierender Betrieb entwickeln lässt. „Es war schon immer mein Ziel, einen eigenen Betrieb zu führen, wo ich allein entscheiden kann“, sagt der 43-jährige Geschäftsführer der Dachdeckerei Brummerhop in Osterholz-Scharmbeck bei Bremen, Mitglied der Dachdecker-Einkauf Nordwest eG.
Dachdecker hat Ziel Selbstständigkeit im Blick
Das Ziel hatte er über Jahre im Blick, doch Wietis ist keiner, der ungeduldig direkt starten muss in die Selbstständigkeit. Es begann mit einem Schulpraktikum. „Die meisten wollten Kfz-Mechaniker werden. Aber ein Klassenkamerad ging zu einem Dachdecker und das machte ich dann auch.“ Das Arbeiten draußen auf den Dächern gefiel ihm gleich so gut, dass er dranblieb. 1995 startete Wietis in Bremen die Lehre, lernte sechs Jahre als Geselle weiter und schloss 2004 die Meisterschule in St. Andreasberg ab. Danach arbeitete er als angestellter Meister, sogar als Geschäftsführer, und engagierte sich in der Bremer Innung als Lehrlingswart und stellvertretender Obermeister. Mit Beginn der Lehre blieb Wietis über 20 Jahre im gleichen Betrieb. „Ich habe dort viel gelernt und viele Kontakte geknüpft.“
Betriebsübergabe wie aus dem Lehrbuch
Wietis baute sich seine Kompetenzen Jahr für Jahr weiter auf, denn er ist einer, der alles gut vorbereiten will. 2018 ergab sich dann die Gelegenheit zur Betriebsübernahme. Hartmut Brummerhop, der den gleichnamigen Betrieb 1990 gegründet hatte, wollte aufhören und verkaufen. „Wir kannten uns flüchtig über die Innung, haben uns beschnuppert und starteten den Übergabeprozess“, erinnert sich Dachdeckermeister Wietis.
Es ist eine Betriebsübergabe wie aus dem Lehrbuch geworden, die gerade einmal ein Jahr dauerte und an deren Ende beide Seiten zufrieden waren mit dem Ergebnis. „Hartmut Brummerhop konnte loslassen“, benennt Wietis einen zentralen Grund. „Er hat schon in diesem Übergangsjahr gesagt, ich solle das Tagesgeschäft so angehen, wie ich will.“ Danach hat sich Brummerhop verabschiedet. „Heute kommt er ab und zu auf einen Kaffee zu Besuch vorbei“, berichtet Wietis.
Zuerst alles auf den neuesten Stand gebracht
Als er den Betrieb übernahm, hatte er eine klare Vorstellung, wie es laufen sollte. „Für mich ist es wichtig, dass alles auf dem neuesten Stand ist, also Maschinen, Autos, Werkzeug, das Know-how der Mitarbeiter.“ Ein neuer Kran ist in Planung, der alte ist trotz Reparaturen in die Jahre gekommen. Für die Mitarbeiter wird die Arbeitskleidung komplett gestellt, alles mit Firmenlogo und Namen. Dieser steht auch auf dem jeweiligen Fahrzeug, das individuell zugeteilt ist. Jeder Mitarbeiter hat zudem sein eigenes Werkzeug, das er selbst ausgewählt hat.
Dabei trifft Wietis keine einsamen Entscheidungen im Büro. Er ist immer im Gespräch mit seinen Mitarbeitern und bindet sie ein. Ein Beispiel: Einer seiner Leute wollte lieber einen Pritschenwagen als einen Transporter. Da hat sich Wietis die Gründe angehört und die waren für ihn überzeugend. Oder Mitarbeiter fragen nach einem neuen Gerät, etwa einem speziellen Dachschneider. „Wenn es was bringt und sinnvoll ist, wird das gemacht“, sagt Wietis. Das gilt auch in Sachen Weiterbildung. Jedes Jahr werden die Mitarbeiter geschult. Ich frage sie: Was wollt ihr gerne machen, was passt für Eure Arbeit?“, erläutert der Chef sein Vorgehen.
Klare Spielregeln und Freiheiten für die Mitarbeiter
Das heißt auf der anderen Seite nicht, dass die Mitarbeiter machen können, was sie wollen. Wietis hat feste Spielregeln aufgestellt, vor allem für die Baustellen. Die müssen abends im Sinne der Kunden immer aufgeräumt sein, auch wenn seine Leute dafür die Arbeit eine halbe Stunde früher beenden müssen. Für Fahrzeuge gilt das Gleiche. Das serviceorientierte Auftreten der Mitarbeiter sorgt so neben der fachgerechten Ausführung dafür, „dass wir viel positive Resonanz von Kunden erhalten“.
So viel Führung wie nötig, lautet das Credo. Wietis ist einer, der nicht dauernd den Chef raushängen lassen muss, der alles kontrolliert und alles allein entscheidet. „Wir haben hier flache Hierarchien“, sagt der Dachdecker. „Wir sind alle per Du, es ist sehr familiär. Wenn einer mal morgens eine wichtigen Termin hat, läuft das und er bekommt frei.“ Es ist ein Geben und Nehmen. Seine Leute wissen, dass sie mit ihm über vieles reden können. Dafür gibt es im Gegenzug in der Woche oder samstags auch mal Überstunden, wie jüngst, als zum Ferienende das Dach einer Grundschule fertig werden musste.
Wohlfühlatmosphäre im Familienbetrieb
Alle Mitarbeiter sollen sich wohlfühlen. Zusammen besuchen sie jedes Jahr den Herbstmarkt in Osterholz-Scharmbeck, das Großereignis in der Region. Alle haben frei, der Chef übernimmt die Kosten. Der letzte Event war eine Torfkahnfahrt. Abends wird nach der Arbeit immer wieder spontan auf dem Hof gegrillt. Das Familiäre ist Wietis wichtig und so ist auch die Familie mit im Boot.
Aktuell hilft seine Mutter im Büro aus, weil Ehefrau Britta im Januar das zweite Kind bekommen hat. Sie unterstützt Heike Wellbrock, die schon seit über 20 Jahren im Betrieb arbeitet. Sie ist es auch, die Ehefrau Britta, gelernte Erzieherin und Quereinsteigerin, in die Büroarbeit eingeführt hat. „Wenn Britta wieder startet mit dem Job, will sie auf jeden Fall auch mal mit aufs Dach“, sagt Marcel Wietis.
Die Familie wohnt in der Nähe, er schätzt die kurzen Wege und dass er mal eben mit Tochter und Sohn zum Betrieb spazieren kann. Bewegung ist das, was der Dachdeckermeister neben der Familie zum Abschalten braucht – Mountainbiking und Squash sind seine Favoriten.
Hauptgeschäftsfeld ist Flachdach
Auch was die Kunden angeht, setzt Wietis auf kurze Wege, Montage gibt es beim ihm nicht. Die Mitarbeiter sind vor allem im Bremer Umland unterwegs. Hauptgeschäftsfeld ist das Flachdach – für öffentliche Auftraggeber und Privatkunden. Sein Team startet gerade die Arbeiten an einem Kindergarten. Es ist ein Neubauprojekt mit zusätzlichen Sheddächern und Dachbegrünung. Seit dem Frühjahr lagert im Außenbereich des Firmengeländes die PIR-Dämmung von Bauder. „Die habe ich wegen der Materialknappheit extra frühzeitig bestellt“, sagt Wietis. Das Lager ist insgesamt top in Ordnung, ein eigener Mitarbeiter kümmert sich hier um alles.
Auch für Privatkunden macht Brummerhop viel Flachdach. Die Aufträge kommen über Kontakte, Empfehlungen oder auch Architekten. Warum ist das so? „Weil wir gut sind“, antwortet Wietis mit Überzeugung und einem Lachen. „Wir sind zuverlässig, gerade bei den Terminen. Geht nicht, gibt‘s nicht bei uns. Und wenn es regnet, holen wir die Zeit danach wieder rein.“ Zudem stimmen der Service und die Qualität der Ausführung durch die qualifizierten Mitarbeiter im jungen Team.
Wachsender Bereich: Einbau von Dachfenstern
Ein weiteres wachsendes Geschäftsfeld ist der Einbau von Dachfenstern. Sein Dachdecker-Team baut gerade eine Lichtlösung von Velux mit drei Fenstern in einem Rahmen bei einer Kundin ein, die ihr Arbeitszimmer für das Homeoffice umbauen möchte. So etwas war früher sein Steckenpferd. „Ich habe gerne Dachfenster eingebaut.“ 21 Fenster liegen bei ihm im Lager, alle beauftragt. Sein Team macht zudem Sanierungen, Reparaturen, Sturmschäden oder Wartung, auch im Bereich Steildach.
Wichtig ist Wietis im Umgang mit den Kunden eine offene Kommunikation. Sie sollen wissen, woran sie sind. Auch bei der Planung verspricht Wietis nichts, was er nicht halten kann. Wenn ein Auftrag etwa Mitte November starten soll, nennt er keinen festen Termin. „Wir müssen halt schauen, wie das Wetter wird.“ Wietis ist freundlich und entspannt im Umgang. Das merken auch die Mitarbeiter und Kunden, wenn er auf eine Baustelle kommt. Er drängt nicht in den Vordergrund, gibt allen ein gutes Gefühl und hat dabei doch immer die Zügel in der Hand. Auf diese Art kann Führung im Handwerk heute erfolgreich sein.
Nachhaltiges Wachstum und Digitalisierung
Zukünftig möchte Wietis nachhaltig wachsen und das Büro digitalisieren. Zwei zusätzliche gewerbliche Mitarbeiter will er einstellen. Und ein Geselle hat gerade seine Meisterschule in St. Andreasberg gestartet. Der angehende Meister soll ihn im Büro unterstützen und vertreten, wenn er mit der Familie im Urlaub ist. Mit inzwischen zwölf gewerblichen Mitarbeitern braucht und schafft sich Wietis eine neue, angepasste Struktur. „Ich schaffe die Aufgaben im Büro nicht mehr alleine.“
Zur Digitalisierung gehört, dass die drei Azubis ein iPad erhalten, damit sie das Berichtsheft digital führen können. Das ist ein Testlauf für Wietis, er möchte erst einmal sehen, was dabei herauskommt. Weniger Papier, mehr Tablet: das soll auch generell Einzug halten von der Baustelle bis zum Büro. Wietis sucht noch das richtige Software-Tool, dann kann es losgehen. Auch hier gilt für ihn, dass er seine Mitarbeiter von Beginn an in den Prozess einbinden will. „Denn sie sollen das ja in der alltäglichen Praxis umsetzen.“
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