Dachdecker hilft Kollegen in Uganda
27. Dezember 2018
Wer in eines der ärmsten Länder der Welt reist, hat nicht Urlaub und Erholung im gedanklichen Gepäck. Das gilt auch für Mario Kunzendorf, Obermeister der Dachdecker-Innung Oberpfalz und Kreis Kelheim, seinen Odenwälder Kollegen, Dachdeckermeister Michael Lenk, und acht weitere deutsche Handwerksmeister, die in einer heißen Julinacht auf dem Airport von Entebbe in Uganda landeten. Sie alle waren vielmehr einer Einladung der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) gefolgt. Sinn und Ziel der Reise war es, durch den direkten Erfahrungsaustausch und Betriebspartnerschaften eine „unmittelbare Entwicklungshilfe“ zu leisten. Das heißt: Aktives Netzwerken anstatt Almosen.
„Ugandische Dachdecker wollen von uns lernen“
„German Quality“ hat in Uganda, einem Land mit 40 Millionen Einwohnern, die Hälfte davon unter 16 Jahre alt, einen hervorragenden Ruf. Auch bei den von der Handwerker-Delegation besuchten Betrieben. Zudem gilt das deutsche duale Ausbildungssystem auch hier als vorbildlich. „Ugandische Dachdecker und Handwerker wollen von uns lernen“, berichtet Mario Kunzendorf nach vielen persönlichen Gesprächen mit seinen afrikanischen Kollegen. „Und sie können und sollen von uns nicht nur das Handwerk und die Ausbildung lernen, sondern auch Arbeitsschutz, Baurecht und Nachhaltigkeit – um damit langfristig sichere Arbeitsplätze zu schaffen.“ Denn wer Arbeit und ein Auskommen mit seinem Einkommen hat, der hat keinen Grund, sein Land zu verlassen.
Dachdecker sieht Entwicklungshilfe als Selbsthilfe vor Ort
Kunzendorf sieht sein Engagement als kleinen Baustein zu einer direkten Entwicklungshilfe per Selbsthilfe. Er weiß, wovon er spricht. Vor Uganda hatte er bereits andere Entwicklungsländer bereist, dort hat er auch drei Patenkinder. Auf der Uganda-Reise verschenkte er verschiedene aus Deutschland mitgenommene Werkzeuge an Dachdecker vor Ort. „Der stete kleine Tropfen, der durch direkte Kontakte und Partnerschaften permanent fließt, kann mehr bewirken als das Gießkannenprinzip vieler staatlicher Entwicklungshilfen“, weiß er aus eigener Erfahrung.
Außerdem sieht der Obermeister aus der Oberpfalz hier einen durchaus gewünschten Nebeneffekt für die eigene Nachwuchsgewinnung im deutschen Handwerk: „Ein interkultureller Austausch ist nicht nur eine gute Imagegeschichte für unser Handwerk. Wir können damit auch zeigen, dass ein guter deutscher Dachdecker nicht nur auf deutschen Dächern arbeiten kann, sondern auch im Ausland ein gefragter Experte ist.“
Afrikanische Holzbearbeitungstechniken kommen nach Bayern
Erste Erfolge haben sich schon wenige Monate nach der Reise gezeigt. So hat ein Schreinermeister aus Niederbayern im Rahmen einer Betriebspartnerschaft einen Gegenbesuch von einem ugandischen Kollegen bekommen. Erfahrungen zur Optimierung der Fertigung wurden ihm mit auf den Weg zurück nach Kampala gegeben. Die Wege für einen reibungs- und verlustfreien Versand von Maschinen und Werkzeugen nach Uganda wurde geebnet. Im Gegenzug könnten uralte afrikanische Holzbearbeitungstechniken bald Einzug in Bayern halten. Ein Baumrindenvlies gilt als ältestes Textil der Menschheit und ist inzwischen eingetragenes UNESCO Weltkulturerbe. Und es könnte schon bald zur Verzierung von Möbeln aus bayerischer Produktion eingesetzt werden.
Erfolgreiche Entwicklungshilfe durch Betriebspartnerschaften
Die beste Entwicklungshilfe für ein Land und sein Handwerk ist eine gegenseitige Partnerschaft von Handwerksbetrieben – da ist sich Mario Kunzendorf sicher. Bestes Beispiel dafür ist die Arbeit seines Kollegen aus Thüringen, Dachdeckermeister Rolf Strathausen. Schon seit Jahren engagiert er sich erfolgreich in Uganda mit dieser Art der „persönlichen Entwicklungshilfe“, einem eigenen Hilfsverein Ugandakreis Heiligenstadt. Von diesem Verein werden derzeit mehrere Projekte – von Schulen bis zu Solarstromanlagen – unterstützt.
„Ich weiß auch, dass ich Afrika nicht retten kann – aber wenn sich etwas Sinnvolles ergibt, will ich dabei sein.“ Dieser Satz von Dachdeckermeister Mario Kunzendorf soll gleichzeitig eine Einladung an seine Kolleginnen und Kollegen sein, diesen Weg mit ihm zu gehen. Vielleicht ja auch in ein anderes afrikanisches Land. In Vorbereitung ist bei der GIZ eine ähnliche Reise von deutschen Handwerkern nach Äthiopien.
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