Vollblut-Dachdeckerin Miriam Dorny gibt den Ton an
2. Dezember 2021
Wenn sie mit ihren Kollegen auf eine Baustelle kommt, passiert es immer noch, dass die Kunden zwar freundlich grüßen, aber erstmal darauf warten, dass der männliche Kollege aussteigt. „Dass eine Frau als Dachdeckerin arbeitet und noch dazu die Chefin der Truppe ist, das können sich viele Menschen einfach nicht vorstellen“, lacht Miriam Dorny. Die 26-Jährige ist Dachdeckermeisterin mit einem Faible für Schiefer und seit ihrer Ausbildung 2011 fester Bestandteil des Betriebs Ludes GmbH mit Firmensitz in Leiwen bei Trier, Mitglied der DEG Alles für das Dach eG.
Arbeiten auf dem Dach ist das Ding von Miriam Dorny
„Die Arbeit auf dem Dach ist genau mein Ding“, sagt sie. Und das wusste sie bereits nach dem ersten Tag ihres zweiwöchigen Praktikums bei ihrem heutigen Arbeitgeber. „Ich durfte von Anfang an mit anpacken, war nie nur Handlangerin, sondern durfte und sollte lernen. So habe ich direkt einen super Einblick bekommen, inklusive großer Sommerhitze und reichlich Regen!“ Doch die Arbeit in luftiger Höhe, die Aussicht und vor allem natürlich die Arbeit mit Holz und Schiefer, die körperliche Arbeit, die eben auch Köpfchen und Kreativität verlangt – diese Mischung hatte es ihr sofort angetan.
Unterstützung der Familie trotz Bedenken
Ihre Begeisterung fürs Dachhandwerk haben anfangs allerdings nicht alle geteilt. „Meine Eltern und Geschwister waren erst ein bisschen ängstlich“, erinnert sich Miriam Dorny. „Und es gab auch Freunde, die eher skeptisch waren, was ich als Frau in einer Männerdomäne will und ob ich da wirklich zurechtkomme.“ Doch mittlerweile haben Freunde und Familie ihre Bedenken abgelegt: „Die Unterstützung meiner Familie hatte ich von Anfang an, aber heute sind sie richtig stolz auf das, was ich bisher erreicht habe.“
Von der Pike auf bis zur Meisterschule gelernt
Kein Wunder, hat die junge Frau doch eine beachtliche Wandlung hingelegt. So entwickelte sie sich von einer eher zurückhaltenden Schülerpraktikantin zur gestandenen Dachdeckermeisterin, die ihren ansonsten fast durchgehend männlichen Kollegen auch mal sagt, wo der sprichwörtliche Hammer hängt. Denn Miriam Dorny hat das Handwerk von der Pike auf gelernt. Nach zweieinhalb Jahren Ausbildung im Innungsbetrieb Ludes und knapp zwei Jahren als Junggesellin drückte sie noch einmal neun Monate die Schulbank. In Mayen besuchte sie das Bundesbildungszentrum des Deutschen Dachdeckerhandwerks und machte ihren Meistertitel. „In der Meisterklasse liegen die Schwerpunkte auf den Themen Abdichtung, Ziegel und Schiefer. Mein Favorit ist klar: Ich arbeite am allerliebsten mit Schiefer“, sagt sie.
Der Chef ist stolz auf seine Schieferspezialistin
Und was ist mit den typischen Vorurteilen, das Handwerk sei nichts fürs schwache Geschlecht? Darüber kann Miriam Dorny nur lachen. „Ich habe schon von einigen Frauen aus anderen Betrieben gehört, dass da der Umgangston recht schroff ist und das nicht immer lustig ist. Aber sowas gibt’s in unserer Firma nicht. Hier meine Ausbildung zu machen und zu arbeiten, das war genau die richtige Entscheidung!“
Auch was die körperlichen Anstrengungen betrifft, sieht sie keinen nennenswerten Unterscheid zwischen ihren Kollegen und sich: „Klar sind Männer oft kräftiger. Aber auch die haben sich riesig gefreut, als die Firma vor einigen Jahren einen Kran angeschafft hat. Denn die ganzen schweren Balken und Schiefersteine nicht selbst schleppen zu müssen, sondern das den Kran machen zu lassen, ist eine Erleichterung für alle!“ Auch für ihren Chef, Dachdeckermeister Michael Ludes, in dritter Generation Inhaber der Firma Ludes Dach, ist die Sache eindeutig. „Miriam Dorny ist eine von Kunden und Kollegen anerkannte Spezialistin und übernimmt mittlerweile viele Bauleitungen. Wir sind froh und stolz, dass sie Teil unseres Teams ist!“
Höhepunkt: Arbeiten an der Kirchturmspitze im Weinort Leiwen
Gefragt nach ihren bisherigen Highlights als Dachdeckerin, fällt ihr die Antwort eher schwer. „Ich habe schon an so vielen schönen, interessanten Baustellen mitarbeiten dürfen, dass ich mich gar nicht für das eine schönste oder einprägsamste Erlebnis entscheiden kann“, so Miriam Dorny. Eines ist ihr dann aber wohl doch besonders in Erinnerung geblieben: „Wir haben vor einigen Jahren den Wetterhahn des Kirchturms in Leiwen abgenommen, da die Holzkonstruktion darunter morsch war. Im Zuge dessen durfte ich auch einmal in dieser extremen Höhe mit anpacken, was wirklich richtig cool war!“
Herzenssache: Engagement in der Nachwuchsarbeit
Auch, wenn sie gerade nicht auf dem Dach steht, engagiert sich Miriam Dorny fürs Dachdeckerhandwerk. Sie ist unter anderem Mitglied in der Jugendorganisation Zukunft Dachdecker des Landesinnungsverbandes in Rheinland-Pfalz und hier Teil des Messeteams. „Es ist mir wichtig, Schülern den Spaß und die Freude am Dachdecker-Beruf zu vermitteln“, sagt sie. Und wer könnte das besser als ein Vollblut-Dachdeckerin?
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