Dachdecker wird nach dem Meister gleich Projektleiter

Dachdecker wird nach dem Meister gleich Projektleiter

19. November 2020

 · Knut Köstergarten

Für Leon Steinhof ist alles so neu, da bleibt die Arbeit schon mal im Kopf hängen nach Feierabend. „Das ist schon vereinnahmend. Ich denke dann darüber nach, was ich vielleicht anders oder besser hätte machen können.“ Der Dachdecker startete im Berliner Betrieb Viellechner nach seinem Meister als Projektleiter und trägt direkt die Verantwortung für Baustellen und die jeweiligen Teams. Vor dem Meisterkurs war er ein gutes Jahr Geselle. „Ich muss dringend weiter praktische Erfahrung sammeln. Ich habe zwar den Meisterbrief, aber ich muss noch viel lernen von unseren erfahrenen Mitarbeiter auf den Baustellen“, sagt Steinhof.

Dachdecker: zwei Tage Büro und den Rest der Woche auf der Baustelle

Viellechner ist zuletzt stark gewachsen, beschäftigt aktuell rund 50 Mitarbeiter. Um die Verbindung zwischen Büro und Baustellen zu verbessern, gibt es jetzt den Job des Projektleiters. Steinhof ist ein, zwei Tage im Büro und den Rest der Woche draußen. „Ich mache die Absprachen mit Architekten, Gutachern oder Bauherren.“ Und der Dachdecker gibt auch die Richtung vor gegenüber den eigenen Mitarbeitern. Er trägt plötzlich selber die Verantwortung dafür, dass es läuft.

Bild von Dachdecker Leon Steinhof mit einem Kollegen auf dem Gerüst.
Auf dem Weg nach oben: Leon Steinhof (rechts) mit Grzegorz Ginter, einem seiner Bauleiter. Dieser war ein Jahr später als Steinhof bester Berliner Dachdecker-Azubi.

Selbst begangene Fehler macht man nur einmal

Steinhof ist ins kalte Wasser gesprungen. „Auf der ersten Baustelle lief es nicht rund“, erinnert er sich. Der Dachdecker will aber auch alles exakt machen. „Ich denke, so lernt man am besten. Denn die selbst begangenen Fehler, die macht man kein zweites Mal.“ Unterstützung gibt es natürlich auch für den Projektleiter. „Ich habe unseren erfahrenen Arbeitsvorbereiter als Ansprechpartner und den Chef kann ich jederzeit anrufen.“ Will Steinhof natürlich nur im Notfall. Denn er möchte gerne selber vor Ort Lösungen finden. „Ich kann praktisch und im Büro so viel lernen. Die Arbeit ist super, macht mega Spaß und ist genau das, was ich wollte.“

Warum ein Dachdecker den Meister macht

Da hat einer seinen Traumjob gefunden. 2018 war das noch etwas anders. Damals war Leon Steinhof der beste Berliner Auszubildende. Der Abiturient startete er durch – in einem Portrait stellten wir ihn im Frühjahr 2019 vor. Aber sicher war Steinhof damals nicht, ob er Dachdecker bleiben sollte. „Ich kann mir vorstellen, dann doch noch zu studieren. Oder als Alternative könnte ich mehr im Büro arbeiten, vor allem im Winter, und später mal den Techniker oder Meister machen.“ Den Dachdeckermeister hat er schon in diesem Jahr gemacht. Da wollten wir mal hören, wie es zu dieser Entscheidung kam und was heute sein Job ist.

Bild von Leon Steinhof vor seinem Meisterstück.
Nach der mündlichen Prüfung fiel die Spannung langsam ab und ein stolzer Leon Steinhof zeigte sich vor seinem Meisterstück.

 „Ich habe schon im Sommer 2019 gemerkt, dass mir die Arbeit als Dachdecker extrem Spaß macht“, sagt Steinhof heute. Da sprach der damalige Geselle mit seinem Chef Lasse Kutzbach darüber, den Meister zu machen. „Der meinte dann, dass ich noch ein Jahr praktische Erfahrung sammeln sollte. Das habe ich gemacht und erst dieses Jahr den Meister gestartet.“ Fünf Monate vorher bewarb sich Steinhof um das Aufstiegs-Bafög.

Die Jüngeren und die alten Hasen halfen sich gegenseitig

Seinen Traum vom Meister hat er sich selbst verwirklicht. „Da lagen in den letzten zwei Monate schon die Nerven blank, ob ich denn bestehe. Denn vom Darlehen für die Kursgebühren musst du einen höheren Anteil wieder zurückzahlen, wenn du den Meister nicht schaffst.“ Der Kurs lief zudem voll in Corona hinein, mit Unterbrechung und der Ungewissheit, wann es weitergehen würde. „Der Lehrplan war komplett durcheinander“ erinnert sich der Dachdecker. Sehr hilfreich war da das angenehme Verhältnis der Teilnehmer untereinander. Das war vom Alter bunt gemischt, Steinhof war der Zweitjüngste. „Wir haben uns gut ergänzt. Die alten Hasen haben praktisch geholfen, wir Jüngeren in der Theorie.“

Bild von Viellechner-Chef Lasse Kutzbach.
Chef Lasse Kutzbach hat sich an Sonntagen Zeit genommen, um Dachdecker Leon Steinhof bei der Vorbereitung auf die Meisterprüfung zu unterstützen. (Foto: Rheinzink)

Dachdecker wird vom Chef unterstützt

Extrem unterstützt hat ihn sein Chef Lasse Kutzbach. „Das war der Wahnsinn. Wir haben Sonntage zusammen im Büro gelernt. Er hat mich in ein Zeichenprogramm eingeführt. Das konnte ich dann nutzen und ist im Fachgespräch beim Meisterkurs super angekommen.“ Daraus hat sich sogar eine Freundschaft zwischen den beiden Männern entwickelt. Inzwischen machen beide auch zusammen Fitness-Sport. „Wir sprachen natürlich über den Betrieb und Herausforderungen dort. Da habe ich mehr gelernt als nur für die Prüfung“, sagt Steinhof. Und auch beim Meisterstück Ziegel half ihm der Chef. „Ich wollte eigentlich ein Modell mit einem Kollegen zusammen machen, doch der hat sich dann für eine andere Deckung entschieden.“ Kurzerhand baute Steinhof mit Chef Kutzbach ein eigenes riesengroßes Modell auf dem Firmenhof, das seitdem die Azubis fürs Üben benutzen.

Foto von Dachmodell zum Üben im Betrieb
Im Betrieb hatte Leon Steinhof ein großes Dachmodell zum Üben für die Meisterprüfung. Jetzt können dort die Azubis ihre praktischen Fertigkeiten erweitern.

Karriere von Leon Steinhof als Ansporn für junge Nachwuchskräfte

Für Prokuristin Kirsti Kutzbach ist der Werdegang von Leon Steinhof ein „super Ansporn für unsere jungen Nachwuchskräfte. Sie sehen beim ihm, was möglich ist, wenn man sich reinhängt.“ Dazu muss man wissen, dass Viellechner auch in diesem Corona-Jahr acht neue Auszubildende eingestellt hat, drei Dachdecker, drei Zimmerer und zwei Holz- und Bautenschützer. Es gibt für die Auswahl jedes Jahr eine eigene Azubi-Challenge auf dem Betriebsgelände, wo die Bewerber ihr Geschick und Know-how zeigen können. „Wir hatten Glück mit Bewerbern in diesem Jahr“, sagt die Prokuristin.

Bild von Azubis, die am Roto Lehrlingstag Fensterbau lernen.
Bei Viellechner gibt es für die Auszubildenden extra Lehrlingstage zu praktischen Themen, hier geht es um den Fensterbau mit einem Experten von Roto.

Betrieb Viellechner hat ein Top-Team als Aushängeschild

Der Betrieb ist inzwischen für seine Qualität in der Ausbildung und der Führung der Mitarbeiter bekannt bei Berufsschulen, den Innungen, der Handwerkskammer und vor allem den Jugendlichen selbst. „Unser Aushängeschild ist ein gutes, stabiles Team, in dem die gegenseitige Unterstützung großgeschrieben wird. Jeder hilft jedem, besser zu werden“, erklärt Kirsti Kutzbach. Die Lehrlinge werden zudem durch regelmäßige Lehrlingstage zu ausgewählten Themen und Techniken gefördert. „Das spricht sich herum unter den Azubis und deren Freunden“, sagt Kirsti Kutzbach.

Foto vom Führungsteam Kirsti und Lasse Kutzbach
Fordern und fördern ihre Mitarbeiter: das Führungsteam Kirsti und Lasse Kutzbach. Im Hintergrund ist die firmeneigene Kletterwand zu sehen, die allen Beschäftigten zur Verfügung steht.

Junge Menschen wollen gerne Fachkräfte bei Viellechner werden

Inzwischen bietet der Betrieb auch ein duales Studium Holztechnik in Kooperation mit der Hochschule für nachhaltige Entwicklung im nahen Eberswalde an. Und wenn man hört, wie Lasse Kutzbach seinen Meisterschüler Leon Steinhof sonntags mit privatem kostenlosen Unterricht unterstützt hat, dann ist klar, warum die jungen Menschen gerne Fachkräfte bei Viellechner werden wollen. Lasse Kutzbach und seine Frau Kirsti sind ein Führungsteam, das seine Mitarbeiter gerne fordert aber eben auch stark fördert.

Sie interessieren sich für das Thema gute Personalführung. Dann lesen Sie, wie das ZEP-Team seine Auszubildenden und Fachkräfte begeistert.

 

 

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