Die erste Frau in der Zimmerer-Nationalmannschaft
11. Februar 2020
Katja Wiesenmüller liebt Herausforderungen. Ihr Spaß am Wettbewerb und ihr Ehrgeiz, sich beruflich immer weiter zu verbessern haben die 21-Jährige bis in die Zimmerer-Nationalmannschaft gebracht. Das führte auch zum bundesweiten Medieninteresse. Zuletzt wurde sogar der Spiegel auf sie aufmerksam für den Job-Podcast „Und was machst du?“ Was für eine coole und kostenlose Werbung für eine Zimmererlehre, übrigens der bestbezahlte Ausbildungsberuf Deutschlands.
Die Junggesellin aus Oyten bei Bremen ist die erste Frau überhaupt, die es bislang in die Zimmerer-Nationalmannschaft geschafft hat. Und sie ist auch das einzige Nordlicht im sechsköpfigen Team plus Trainer. „Wenn die anderen Dialekt sprechen, habe ich schon mal Schwierigkeiten zu folgen“, berichtet Wiesenmüller mit einem Schmunzeln. Ein Training war zuletzt und publikumswirksam auf der Messe DACH+HOLZ angesetzt.
700 Kilometer Anreise für ein Training der Zimmerer-Nationalmannschaft
Noch vor der EM wird ein Teammitglied ausscheiden, es kann also auch Katja Wiesenmüller treffen. „Ich muss noch gut was zulegen und lernen“, sagt die Drittplatzierte bei der deutschen Meisterschaft. Um am Ende dabei zu sein, nimmt die 21-Jährige einiges in Kauf. Die Trainings sind immer im Süden der Republik, im Dezember etwa war Wiesenmüller rund 700 Kilometer unterwegs für den Trip nach Biberach. Dafür opfert sie gerne auch ihren kompletten Jahresurlaub.
Zimmerergesellin spielt auch Fußball auf gutem Amateurniveau
Nach dem Abitur hat die 21-Jährige zunächst mal ein freiwilliges soziales Jahr im Bereich Sport am Domgymnasium in Verden gemacht hat. Kein Wunder, denn Sport ist ihre zweite große Leidenschaft. „Ich komme aus einer Fußballerfamilie und spiele selbst im Frauenteam beim TSV Bassen und Tennis beim TC Oyten“, erzählt die Zimmerer-Gesellin. Auch hier ist Ehrgeiz und Spaß am Wettbewerb vorhanden. Sie spielt auf gutem Amateurniveau mit insgesamt dreimal Training plus Spiel am Wochenende – alles neben dem Job und der Zimmerer-Nationalmannschaft. „Sport ist ein Ausgleich, wenn ich nach der Arbeit kaputt bin. Auch wenn ich mich zerschlagen fühle, absagen beim Training ist nicht meine Sache. Das bringe ich nicht übers Herz.“
Erste Berufsidee war Bootsbauerin
Doch zurück zum Werdegang: Wie kommt eine Abiturientin mit Leistungskurs Kunst zum Beruf des Zimmerers? „Handwerk liegt bei uns in der Familie. Mein Uropa war Zimmerer, mein Opa wollte gerne Zimmerer lernen und ist dann Tischler geworden. Und mein Vater hat einen Elektro-Betrieb“, berichtet Wiesenmüller. Doch Elektro sei zwar schon cool, aber eben nicht so ihr Ding. Sie hat dann einen sogenannten geva-test zur beruflichen Selbsteinschätzung gemacht. Und dabei kam heraus, dass Bootsbauerin ein guter Beruf für sie sein könnte. „Mein Hobby Segeln passt gut, aber es hat nicht geklappt mit den Bewerbungen bei Werften in der Region.“
Den Zimmerer-Chef auf der Haus-Baustelle der Eltern kennengelernt
Dann half ein bisschen der Zufall, um im Zimmerer-Handwerk zu landen. „Meine Eltern haben sich ein Haus gebaut und da wurde natürlich auch viel in Eigenarbeit gemacht“, berichtet Wiesenmüller. Sie war selbst auch mit auf der Baustelle und dort hat sie dann ihren jetzigen Chef getroffen. Philip Warnke hatte dort mit seinem Team das Obergeschoss und das Dach gemacht. „Da kam dann die Frage auf: Kann ich nicht bei euch eine Ausbildung machen? Und nach der Zusage habe ich sofort losgelegt“, erinnert sich Wiesenmüller. Es hätte auch schiefgehen können, dann wäre sie eben um eine Erfahrung reicher gewesen. „Ist aber alles super gelaufen in der Ausbildung, es passt mit dem Team und dem Chef.“
Volle Rückendeckung im Betrieb für die Zimmerer-Nationalmannschaft
Im Betrieb Warnke Holzbau GmbH stehen sie alle voll hinter ihrer Zimmerer-Gesellin. „Mein Chef unterstützt meine Mitgliedschaft in der Zimmerer-Nationalmannschaft, wo er kann. Zuletzt war ich unter der Woche zwei Tage nicht im Betrieb, sondern im Ausbildungszentrum in Stade zum Üben“, sagt die 21-Jährige. Mit Philip Warnke ist auch gemeinsam abgesprochen worden, dass die junge Frau schnell ihren Meister in Vollzeit macht, auch wenn sie dann ein Jahr weg sein wird. „Die Idee ist, dass ich meinen Chef danach als angestellte Meisterin im Büro entlasten kann“, sagt Wiesenmüller.
Nach der Zimmerer-Nationalmannschaft jetzt auf der Meisterschule
Das wird auch wichtig, denn der Betrieb mit seinen sieben Mitarbeitern, davon zwei Auszubildende, ist schon jetzt bis Mitte Juni 2020 mit Aufträgen ausgebucht. Und dies, obwohl fast ausschließlich für private Kunden in der Region alle Arbeiten von Dachsanierungen ausgeführt werden. Deshalb hat Katja Wiesenmüller nach der Zimmerer-Nationalmannschaft gleich die nächste Herausforderung angenommen und geht seit Sommer 2020 auf die Meisterschule. Doch wer schon mal mit dieser freundlichen, energiegeladen Frau gesprochen hat, der weiß: Das ist ganz nach ihrem Geschmack.
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