Neues Steildach mit Alu-Stehfalz für Landesmuseum Hannover
21. Juni 2022
Nach fast 120 Jahren wurden die Glasdächer auf dem Landesmuseum Hannover durch einen im Sinne des Denkmalschutzes entsprechenden Um- und Neubau an die zukünftigen Klimaverhältnisse angepasst. Auf zwei Etappen und in einer Bauzeit von zwei Jahren wurden die historischen einfach verglasten und weiß gekalkten Giebeldächer oberhalb der Schauräume des Museums durch wärmegedämmte Aluminiumdächer ersetzt.
Verantwortlich hierfür zeichnen die Partnerfirmen und beiderseits Mitgliedsbetrieb der Dachdecker-Einkauf Ost eG, Hermann Dachbau GmbH und HW Hannover Dachbau GmbH.
Gutes Raumklima im Landesmuseum Hannover gesucht – und gefunden
Die Modernisierung war zwingend notwendig, denn das Raumklima in den Schauräumen sorgte für einiges an Ungemach: Exponate, Besucher und Mitarbeiter des Museums mussten mitunter durch die Einscheibenverglasung unter Raumtemperaturen von über 30 Grad leiden. Die neuen, gedämmten Aluminiumdächer tragen nun dazu bei, dass die konservatorischen Aufgaben des Museums in Zukunft sicher erfüllt werden können. Doch der Weg dahin war alles andere als einfach.
Weiße Dächer: historische Optik sollte erhalten bleiben
Unter der Leitung von Architektin Sara Obornik vom Staatlichen Baumanagement Hannover wurde in enger Zusammenarbeit mit den Experten vom Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege ein Konzept für die Dachsanierung ausgearbeitet. Es war schnell klar, dass die alten Glasdächer durch undurchsichtige und isolierte Dächer ersetzt werden müssen. Die Denkmalschützer gaben jedoch vor, dass sich durch den Eingriff weder der optische Eindruck der weißen historischen Dächer noch die Silhouette des Gebäudes verändern dürfen. Damit der Museumsbetrieb in den Oberlichtsälen während der Umbauarbeiten teilweise möglich bleiben konnte, sollte der Bau in zwei Phasen ablaufen.
Material der Wahl für das Landesmuseum Hannover: Prefalz aus Aluminium in Prefaweiß
Auf der Suche nach dem geeigneten Material für die Dachhaut stieß man auf zwei mögliche Produkte. Um die Lösungen beider Lieferanten unmittelbar miteinander vergleichen zu können, wurden über den bestehenden Glasdächern des Südflügels Musterflächen installiert. Bei der Besichtigung durch eine Kommission fiel die Entscheidung eindeutig auf Prefa. Grund dafür war einerseits, dass die Standardfarbe Prefaweiß zufällig exakt jener der ursprünglichen Kalkfarbe entsprochen hat und die Handwerker die Scharenbreite an die Struktur der Glasdächer anpassen konnten.
Weitere Gründe waren auch die geringe Materialstärke von 0,7 Millimeter, das geringe Gewicht und die Tatsache, dass die vielen Details und Maueranschlüsse handwerklich einwandfrei bewerkstelligt werden konnten.
Wasserdichte Gerüstdächer für Bauarbeiten
Der Auf- und Abbau der Gerüste sowie der wasserdichten Gerüstdächer waren für das beauftragte Spezialunternehmen eine große Herausforderung. In den darunterliegenden Schauräumen wurden deckenhohe Plattformen errichtet, um anschließend die notwendigen Stahlträger durch kleine Dachöffnungen einbringen und unter der historischen Dachkonstruktion einbauen zu können. Um den Wassereintritt ins Dämmmaterial und die Räume des Landesmuseums Hannover ausschließen zu können, wurden Zeltkonstruktionen errichtet, die Wind und Wetter standhalten.
Tragschale aus Trapezprofilen
Für die nach der Demontage der alten Gläser freistehenden historischen Stahlkonstruktionen wurden als objektbezogener Sonderaufbau eine Tragschale aus Trapezprofilen sowie eine Dampfsperrbahn auf Bitumenbasis mit einer Trägereinlage aus Aluminiumband und Glasvlies gewählt. Für die Dämmwirkung innerhalb des Prodach-Systems sorgen 120 Millimeter starke, nichtbrennbare Steinwolle-Dämmplatten mit hochverdichteten Oberflächen. Mit einer Schneidemaschine wurden entsprechend dem Verlegeplan horizontale, etwa 30 Millimeter tiefe Nuten in die Dämmplatten geschnitten. Diese dienen der Aufnahme der Befestigungsschienen, welche durch die Dämmschicht im Trapezblech verankert wurden und die Montagepunkte für die Winkelstehfalzhafter ergaben.
Die Methode wurde vom Prefa Objektberater Carsten Cech vorgeschlagen und bis ins Detail geplant. Mit diesen Maßnahmen schaffte man es, die ursprüngliche Firsthöhe des historischen Dachs trotz Wärmedämmung um nur sieben Zentimeter zu überragen und blieb somit unter den Vorgaben der Denkmalschützer.
Landesmuseum Hannover: Dachsanierung mit Herausforderungen
Die Demontage und der Neubau der gesamten Dachlandschaft am Landesmuseum Hannover wurde durch die beiden Partnerfirmen Hermann Dachbau GmbH und HW Hannover Dachbau GmbH unter Leitung von Vorarbeiter Sven Speder verrichtet. „Die große Herausforderung war hier der Aufbau des flach geneigten Steildaches mit Tragschale, Trapezblech, Dämmung mit Steinwolle im Prodach-System und als Abdichtung ein Aluminium-Stehfalzdach. So etwas hatten wir in der Zusammenstellung noch nicht gebaut. Hier mussten wir, auch für die Industrie, ein wenig Pionierarbeit leisten“, erläutert Lutz Scheffzick, Projektverantwortlicher bei Hermann Dachbau GmbH.
Hinzu kamen die vielen Detailausbildungen und Übergänge. „Und wegen der Stahlträger, die für die komplette Gerüstüberdachung im Traufbereich eingezogen waren, konnten einige Detailpunkte sowie Traufausbildungen und Höhenversprünge im Traufbereich erst nachträglich ausgearbeitet werden“, so der Dachdeckermeister weiter.
Scharen vor Ort produziert und verlegt
Auf dem Dach des Museums waren im Durchschnitt fünf Facharbeiter tätig. „Dabei konnte unser Team dank des Gerüstdaches im Winter komplett durcharbeiten“, erinnert sich Lutz Scheffzick. Das Prefalz Bandmaterial wurde in Coils direkt auf die Baustelle geliefert. Mit einer Profiliermaschine (Profimaten) haben die Handwerker die Scharen vor Ort nach Bedarf produziert und verlegt. Für die insgesamt 2700 Quadratmeter Dachflächen wurden mehr als sechs Tonnen vom 0,7 Millimeter dünnen und mehrheitlich weiß beschichteten Aluminium verarbeitet.
Giebelflächen mit Schieferplatten gedeckt
Das gut eingespielte Hermann-Team hat neben dem Bau der Prefalz Dächer auch die Giebelflächen und den Sockel des Pyramidendachs mit Schiefer gedeckt, die Prefa Dachentwässerungen neu verlegt, Dachrinnenheizungen installiert. „Zudem haben wir auch die beiden angrenzenden Flachdächer bituminös saniert“, berichtet Lutz Scheffzick.
Weder vom Architekten noch vom Bauherrn wurden Beanstandungen geäußert. „Es hat alles gut geklappt und Spaß gemacht. Es gab trotz vieler Herausforderungen keinen Stress bei diesem besonderen Sanierungsprojekt“, freut sich der Dachdeckermeister.
Landesmuseum Hannover: Historisch-schicke Optik, moderne Dämmung
Um den ehemaligen Lichtcharakter der gekalkten Glasdächer zu simulieren, hat der Architekt Oliver Arndt gemeinsam mit einem Lichtpartner ein System mit diffusen Rasterebenen, die ohne elektronische Steuerung funktionieren, entwickelt. Bewegt man sich durch die Räume, hat man das Gefühl, als befänden sich im Landesmuseum Hannover oberhalb der Leuchtebene nach wie vor die historischen Glasdächer.
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