Zimmerei Fuchs: junges Unternehmen für altes Handwerk
24. November 2022
Etwas Eigenes aufzubauen und etwas zu hinterlassen, so wie die Vorfahren ihre Spuren in Form historischer Gebäude hinterlassen haben – das war der Antrieb für Zimmermeister Marvin Fuchs, seinen eigenen Betrieb zu gründen. Seit März 2022 existiert die Zimmerei Fuchs, Mitglied der DEG Alles für das Dach eG, nun offiziell. Die Auftragslage ist gut, die Firma hat bereits einige „sehr schöne Aufträge“, wie der Gründer findet.
Schon als Kind mit beim Schiefern auf dem Kirchturm
Dass Marvin Fuchs mit seinen 24 Jahren so selbstbewusst eine eigene Firma gegründet hat, verwundert nur auf den ersten Blick. Auf den zweiten wird deutlich: Schon von klein auf ist er mit dem Handwerk verbunden, der junge Mann hat sich bereits früh seine Sporen verdient. „Mein Vater ist selbständiger Dachdecker, ich bin mit dem Handwerk groß geworden. Ich war schon als Zwei- oder Dreijähriger auf den Dächern in der Umgebung unterwegs, sogar beim Schiefern auf dem Kirchturm“, erinnert er sich. Allerdings zog es ihn immer „eher zum Holz“. Darum absolvierte er in der neunten Klasse ein dreiwöchiges Schülerpraktikum in einer Zimmerei. „Danach war eigentlich klar, wo die Reise hingehen soll.“
Führungsaufgaben schon als Lehrling
Nach dem Abitur hat Marvin Fuchs erstmal die Ausbildung zum Zimmerer gemacht. „Ich durfte in meinem Lehrbetrieb vom Neubaudachstuhl bis zur Restaurierung alles lernen. Im dritten Lehrjahr fiel dann unerwartet erst mein Seniorchef wegen eines Arbeitsunfalls aus, kurz darauf auch der Altgeselle. So konnte und musste ich schon früh Verantwortung und Führungsaufgaben übernehmen.“ Nachdem Marvin Fuchs die Gesellenprüfung als Innungsbester abgelegt und noch ein halbes Jahr weiter im Betrieb gearbeitet hatte, ging er nach Kassel auf die Meisterschule. Mit dem druckfrischen Meisterbrief in der Tasche kehrte er nach einem Jahr in seinen Lehrbetrieb zurück, als zweiter Meister neben dem Juniorchef.
Vorliebe für den Denkmalschutz
„Aber irgendwie war die Luft raus, es hat einfach nicht mehr so gut gepasst“, erzählt er. „Darum habe ich nach einem Dreivierteljahr noch mal eine Weiterbildung zum Restaurator im Zimmererhandwerk gemacht. Ich habe mich immer schon sehr für alte Gebäude und die Arbeit unserer Handwerksvorfahren begeistert und wollte unbedingt tiefer in das Thema Denkmalschutz eintauchen“, berichtet Marvin Fuchs. In dieser Zeit hat er ein gutes Fingerspitzengefühl entwickelt. „Feingefühl im Umgang mit alter Bausubstanz ist sehr wichtig, um die richtigen Sanierungsmaßnahmen zu wählen.“
Historisches erhalten – ökologisch in die Zukunft
Nach einem weiteren kurzen Zwischenstopp als angestellter Meister in einem kleinen Drei-Mann-Betrieb reifte in Marvin Fuchs der Entschluss, sich mit der Zimmerei Fuchs selbständig zu machen. „Ich habe noch einen Kurs zur Fachkraft für Lehmbau absolviert, um im Gesamtobjekt Fachwerkhaus ein kompetenter Ansprechpartner zu sein und umfassend beraten zu können.“
Außerdem ist es ihm ein echtes Anliegen, umweltfreundlich zu arbeiten: „Holz ist ein ökologischer Baustoff und ein schönes, warmes Material. Ich liebe es, damit zu arbeiten. Materialien, die man später als Sondermüll entsorgen muss, versuche ich – so gut es geht – zu vermeiden. Darum halte ich mich auch an den Leitspruch: Historisches erhalten, ökologisch in die Zukunft“, so der junge Mann.
Fortbildung im Bereich Lehmbau
„Was uns überliefert wurde, das will ich so gut wie möglich erhalten, pflegen und schützen. Und was man neu baut, sollte am besten ökologisch sein. Durch die Fortbildung im Bereich Lehmbau bin ich nun neben den Holzbauarbeiten auch bei den folgenden Schritten fit, wie zum Beispiel Gefache ausmauern oder dem ökologischen Innenausbau. Die Kombination aus Holz und Lehm hat sich über Jahrhunderte bewährt und sorgt für ein gesundes Raumklima.“
Der Start: Gründungsberatung der HWK und der Gang zur Bank
Mit diesem Wissen fiel ihm der Schritt in die Selbständigkeit dann auch gar nicht so schwer: „Die Gründung von Zimmerei Fuchs selbst lief gut. Ich hatte Kontakt zur Handwerkskammer und habe deren Gründungsberatung in Anspruch genommen – das war sehr hilfreich. Dann musste ich eine Menge bürokratischer Dinge angehen, angefangen bei der Gewerbeanmeldung bis hin zur Frage: Soll ich eine eigene Betriebsstätte oder Halle mieten oder lieber gleich bauen?“
Dafür musste er auch Kontakt zu seiner Bank aufnehmen, denn: „Das Handwerk an sich ist investitionslastig. Schon allein der vielen Maschinen wegen, die man braucht.“ Dass er dabei das Risiko allein trägt, nicht noch Frau und Kinder von Erfolg oder Misserfolg seiner Gründung abhängen, hat ihm einiges an Druck genommen. „Das kenne ich von Kollegen auch anders!“ Und: „Man braucht immer Freunde und Familie, die hinter einem stehen. Ich hatte zum Glück zwei sehr gute Freunde, die mit angepackt und mir in mehreren Nachtschichten beim Einrichten der Halle unterstützt haben. Das war schon eine große Hilfe.“
Wachstum mit Verstand und Geduld
Weil Marvin Fuchs ein sehr umsichtiger Gründer ist und keine hochtrabenden Pläne schmiedet, sondern lieber auf dem Boden der Tatsachen bleibt, hat er sich mit Blick auf Kredite und Investitionen zunächst fürs Mieten einer Halle entschieden. „Es ist einfach zu schwer vorherzusehen, wo die Zimmerei Fuchs in fünf Jahren steht, wie groß sie ist, wie die Auftragslage aussieht und so weiter. Man sagt ja immer, die ersten fünf Jahre sind die schwierigsten, da muss sich eine neue Firma beweisen.“
Jetzt hat er eine Halle von rund 450 Quadratmetern Fläche, inklusive Außenfläche und einem integrierten Büro. Für sein Team, das neben ihm einen Altgesellen als Aushilfe und seit Oktober einen in Vollzeit angestellten Junggesellen umfasst, eine optimale Arbeitsumgebung. „Wenn sich die Zimmerei Fuchs in fünf, sechs Jahren etabliert hat, möchte ich eine eigene Halle bauen, passend zur Betriebsgröße und der Art der vorhandenen Aufträge.“
Ziel der Zimmerei Fuchs: Kleines, feines Team
Denn auch dabei ist Marvin Fuchs ziemlich geerdet. Sein Ziel sind maximal zehn Mitarbeiter – wobei sich dieses Ziel auch ändern kann, da ist er ganz realistisch. Wichtig ist ihm in jedem Fall: „Ich will nicht schnell einen Riesenladen aufbauen. Ich möchte lieber langsam und gesund wachsen, gute Arbeit machen, die Leute beschäftigt bekommen, die da sind, und mir tolle Aufträge aussuchen können.“
Selber Nachwuchs ausbilden
Und er will unbedingt ausbilden. „Mir ist ganz wichtig, dass wir Nachwuchs fürs Handwerk gewinnen. Darum bin ich schon seit 2018 auf Instagram unterwegs und werbe für unseren schönen Beruf. Und ich schreibe Fach- und Blogartikel beim Zimmerer-Treffpunkt, in denen es ganz oft auch genau darum geht: zu zeigen, wie vielseitig und wunderschön das Zimmererhandwerk ist und junge Menschen dafür zu begeistern.“ So will er ab kommendem Februar einen jungen Meister einstellen, der ihn dann auch dabei unterstützen soll, schon im nächsten Jahr Nachwuchskräfte auszubilden.
Auftragslage top: viele Sanierungen und zwei Neubauten
Bis dahin widmet sich die Zimmerei Fuchs den Aufträgen, die bereits jetzt alle vollauf beschäftigen. Darunter sind eine Kirche, die neue profilierte Pfosten braucht, diverse Fachwerkhäuser, bei denen es oft um eine Schwellensanierung geht – aber auch noch zwei neue Dachstühle stehen für dieses Jahr an. „Es macht mich unglaublich stolz, so ein traditionsreiches Handwerk weiterzuführen und einen so alten Beruf auszuüben“, sagt Fuchs.
Seine Leidenschaft: Fachwerkhäuser restaurieren
„Ich spüre eine große Verbundenheit zur Tradition. Gerade bei Sanierungen und der Denkmalpflege schlägt mein Herz höher. Für mich gibt es nichts Schöneres als die Arbeit unserer Vorfahren zu bewundern und zu restaurieren!“ Wenn er ein altes Fachwerkhaus betritt, um die Bauaufnahme zu machen, empfindet er etwas Besonderes. „Man kann meist genau nachvollziehen, wann was gebaut oder umgebaut wurde, kann ablesen, wie die Menschen damals gelebt haben. Häuser sind Zeitzeugen, die uns einiges erzählen können und woraus wir lernen können und auch sollten. Das finde ich sehr wertvoll und erhaltenswert!“
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