Die Dachdeckerin bloggt im Internet
5. März 2019
Die Idee, einen eigenen Internet-Blog zu machen, hatte Jaqueline Gerschler schon länger in der Schublade. Erste Videos drehte sie auf der Meisterschule in St. Andreasberg – dort filmte sie die Kollegen. „Danach haben mich immer wieder Menschen in meinem Umfeld um Rat gefragt, wenn sie ein Haus kaufen wollten. Da sollte ich mitkommen und Dinge erklären, etwa in Sachen Terrasse oder Dach“, erinnert sich Gerschler. Erklären kann die 34-Jährige ganz gut, weil anschaulich. „Ein Kunde sagte mal zu mir: Bei Ihnen merkt man das richtig, wie Sie sich für eine Terrasse begeistern.“ So entstand die Idee Videos zu drehen, die Dachdecker-Arbeiten verständlich erklären und zugleich Emotionen greifbar machen.
Die Dachdeckerin – eine Botschafterin für das Handwerk
Gerschler versteht sich mit ihrem Blog auch als Botschafterin für das Dachdecker-Handwerk. „Ich denke, es sollte in eine neue Richtung gehen. Wir brauchen mehr Stolz auf und Begeisterung für unseren Beruf.“ Um Kunden und potenzielle Auszubildende auch emotional anzusprechen und zu gewinnen für Aufträge und das Gewerk. Für die Dachdeckermeisterin geht es dabei um Kooperation statt Konkurrenz. „Es gibt inzwischen so viele Aufträge, dass wir als Betriebe mehr ein Miteinander schaffen sollten, um gemeinsam für unseren Beruf zu begeistern.“ Die Dachdeckerin tut das auch, indem sie sich in der Innung engagiert und dabei selber auf Ausbildungsmessen mit Jugendlichen ins Gespräch kommt. Auch im Internet unter Facebook und Instagram präsentiert sie ihr Handwerk, wie etwa auf der Seite „Das Handwerk“, der neuen Imagekampagne des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks.
Die Videos in ihrem Blog sollen professionell sein, anschaulich und emotional, mit Humor und einem Lächeln, nicht immer nur super sachlich. „Ich will keine reinen Fach-Videos, aber auch keine Do-It-Yourself-Anleitungen. Es soll immer klar werden, dass wir Dachdecker nicht nur Ziegeln verlegen. Unsere Arbeit gibt gerade gestalterisch viel her. Die Kreativität lässt sich auch als Dachdeckerin voll entfalten.“ Viele Kunden und jungen Menschen wissen das einfach nicht. Und genau an diesem Punkt will Gerschler mit ihrem Blog und ihrem Instagram-Profil ansetzen.
Die Dachdeckerin – Videos anschaulich und emotional
Ihr erstes Video hat sie selbst finanziert – gedreht von einer Agentur. „Ich wollte von Anfang an mit Qualität überzeugen und nicht irgendwie was mit dem Smartphone drehen.“ Seitdem sucht sie den Kontakt zu Industriekunden, die ihre Art von Videos für die Imagewerbung nutzen wollen. So hat sie etwa ein anschauliches Video über eine Attika für einen Flachdach-Bungalow gedreht, in dem sie jeden Schritt zeigt und erklärt, inklusive der gestalterischen Möglichkeiten. „Ich bin mit einigen Herstellern im Gespräch. Mal sehen, was ich als nächstes mache“, sagt die Dachdeckermeisterin.
Die Dachdeckerin im Blog-Video über eine Attika für einen Flachdachbungalow:
Die Dachdeckerin verbindet Beruf und Familie
Aktuell springt die zweifache Mutter wieder zurück in den Beruf, auch wenn die beiden Töchter im Alter von ein und zwei Jahren sie noch viel brauchen und beschäftigen. Sie ist verheiratet mit einem Dachdeckermeister, der mit ihr als Prokuristin den Betrieb Gerschler Bedachungen führt. Zudem ist sie im väterlichen Betrieb Westphal Dachtechnik die sechste Generation und Gesellschafterin. „Auch wenn es mal Nerv gibt, ich lebe Dachdeckerin komplett – von den Angeboten über die Planung bis zur Ausführung und dem Kontakt mit den Kunden.“ Die 34-Jährige hat ihre Berufung gefunden. Vor allem deshalb, weil sie als Dachdeckerin auch ihre kreative Seite ausleben kann.
Die Dachdeckerin – einfach raus mit den Jungs auf die Baustelle
Nach der Schule war ihr Berufswunsch noch nicht so klar. „Ich habe verschiedene Praktika gemacht, eines in einer Werbeagentur. Diese Arbeit fand ich super kreativ“, erinnert sich Gerschler. Sie machte dann eine Ausbildung als Kauffrau für Bürokommunikation, war danach ein halbes Jahr auf Reisen in Südafrika. Dann fragte der Vater: „Was willst Du jetzt eigentlich machen?“ Gerschler fing im Büro des Familienbetriebs an, der bald sein 140-jähriges Jubiläum feiert. „Ich war aber mehr Empfangsdame, fachlich konnte ich bei Anfragen am Telefon keine Antworten geben.“ Das nervte die junge Frau so sehr, dass sie sich kurzerhand eine Arbeitshose und Arbeitsschuhe bestellte. Dem Vater sagte sie: „Ich fahre jetzt mit den Jungs raus auf die Baustelle.“ Nach einer Woche meldete sie sich auf der Berufsschule an. Vor zehn Jahren schloss Gerschler die Gesellenprüfung ab, machte danach direkt die Meisterschule. Und was sagte der Vater dazu: „Der war mächtig stolz auf mich.“
Sie interessieren sich für Frauen im Dachdecker-Handwerk. Dann lesen Sie unseren Artikel über das Netzwerk Dachdecker-Mädelz.