Asbest in Bitumen: Abfälle werden illegal im Wald entsorgt
23. Mai 2019
Eine Polizeimeldung von Anfang Mai zeigt, wie sehr sich die Lage in Sachen Entsorgung asbesthaltiger Bitumenabfälle im Land Brandenburg bereits zugespitzt hat. Gleich mehrere Tonnen Asbestabfälle wurden in dortigen Waldgebieten wild und damit illegal entsorgt. Ermittelt wird gegen eine Baufirma und einen Landwirtschaftsbetrieb. „Wir sitzen auf einem Pulverfass, die Lunte ist nicht mehr lang“, sagt Anke Maske, Landesgeschäftsführerin der Brandenburger Dachdecker.
Asbest in Bitumen: Dachdecker werden Abfälle nicht los
„Unsere Betriebe sorgen dafür, dass das giftiges Material von den Dächern kommt und leisten mit energetischer Sanierung einen Beitrag zum Klimaschutz. Doch bei der Beseitigung lassen Entsorger und die Politik sie im Regen stehen.“ Viele Containerdienste und Entsorgungsanlagen würden keine asbesthaltigen Bitumenabfälle mehr annehmen. Selbst dann, wenn die vorgeschriebene Beprobung vorliege für die Abfälle, die vor 1993 verbaut wurden. Nach 1993 ist Asbest sowieso als Bestandteil von Bitumenbahnen verboten.
„Finden die Betriebe noch Containerdienste, die ihre Abfälle annehmen, dann halten sie das geheim“, berichtet Maske. Jeder versuche für sich eine Lösung zu finden. Das kann auch heißen, das alte Material einfach auf dem Dach zu lassen und darüber zu bauen. „Es hat sich Resignation breit gemacht. Denn viele Betriebe haben sich schulen lassen, um die Beprobung der Abfälle selbst durch führen zu können. Eine Besserung ist dennoch nicht in Sicht“, berichtet Maske.
Asbest in Bitumen: Kosten pro Tonne Abfall explodieren
Gegenüber Radio Antenne Brandenburg stellte etwa Dachdecker Kai-Uwe Reipert, Vorstandsmitglied der Innung Cottbus, deshalb klar, den Abriss alter Eindeckungen nicht mehr anzubieten. „Wir haben eine schlanke Verwaltungsstruktur. Für uns ist dieser Verwaltungsaufwand so enorm, dass ich keinen Mitarbeiter derzeit habe, dem ich diese Arbeit übergeben kann.“ Für Maske kommen da noch die explodierenden Entsorgungskosten hinzu. „Wir haben dazu eine Umfrage unter unseren Betrieben gemacht. Es gibt inzwischen Preise pro Tonne von bis zu 2.000 Euro inklusive Analytik-Kosten für die Beprobung.“ Maske will jetzt die politische Lobbyarbeit intensivieren, um das Thema mehr in die Öffentlichkeit zu bringen. „Wir haben ja im Herbst Landtagswahlen.“
Asbest in Bitumen: Lage in Berlin wieder entspannter
Doch warum ist eigentlich gerade in Brandenburg die Entsorgungssituation bei Asbest in Bitumen so schwierig? Denn etwa in Berlin, das im vergangenen Herbst auch noch sehr stark betroffen, hat sich die Lage für die Dachdecker nach Aussage von Landesgeschäftsführer Ruediger Thaler entspannt: „Wir haben fünf Schulungstermine zur Qualifikation in Sachen Probeentnahme für 150 Personen durchgeführt, ein Teilnehmerrekord für eine einzelne Maßnahme. Nach meinem Kenntnisstand scheint die Entsorgung damit besser zu funktionieren, da bei der Entnahme der Umweg über die Labore entfällt.“ Warum hat die intensive Schulung in Brandenburg kaum zu einer Entspannung beigetragen?
Asbest in Bitumen: Vertrauen der Akteure ist in Brandenburg zerstört
Die Geschäftsführerin der Sonderabfallgesellschaft Brandenburg/Berlin (SBB), Ariane Blaschey hat dazu eine klare Meinung. „Das früher vorhandene Vertrauen zwischen den beteiligten Akteuren ist seit der Entdeckung der ersten asbesthaltigen Bitumenabfälle im vergangenen Sommer zerstört und bislang nicht wiederaufgebaut worden.“ Denn aus ihrer Sicht gibt es ausreichend Kapazitäten für alle Chargen. „Entsorgungssicherheit ist da.“ Die SBB habe im Herbst 2018 Merkblätter zum Thema als Hilfestellung herausgegeben. „Für uns ist klar, asbesthaltige Abfälle dürfen nicht einfach verbrannt werden. Und in Sachen Beprobung ist unsere Linie, dass diese nur für bis 1993 verbaute Materialien nötig ist“, erläutert Blaschey. Allerdings habe die SBB keine Anweisungsbefugnis gegenüber den Entsorgern.
Asbest in Bitumen: Umweltministerium stellt vereinfachtes Verfahren in Aussicht
Hier ist das Umweltministerium Brandenburg als federführende Behörde gefragt. Dort heißt es auf Nachfrage: „Abfallerzeuger sind verpflichtet, ihre Abfälle umfassend und hinsichtlich aller in Frage kommender Schadstoffe zu deklarieren. Dieser Pflicht wurde bei Dachpappen in der Vergangenheit offenbar nicht richtig nachgekommen – obgleich die Asbestbelastung in der Branche sehr wohl bekannt waren.“ Das Umweltministerium beteiligte sich an Gesprächen der beteiligten Akteure, um an Lösungen mitzuwirken. „Für asbesthaltige Bitumenpappe wurde die Möglichkeit geschaffen, diese Abfälle mit Ausnahmegenehmigung auf bestimmten Deponien im Land Brandenburg abzulagern. Derzeit prüfen wir die Möglichkeiten für ein vereinfachtes Verfahren.“
Zum Thema Kostenexplosion ist aus dem Umweltministerium zu hören: „Die Kosten für die Entsorgung einer Tonne asbesthaltiger Bitumenpappe auf einer Deponie im Land Brandenburg liegen bei 180 Euro. Hinzu kommen Kosten für Beprobung und Analytik. Die Entsorgungskosten für teerhaltige Dachpappenabfälle, die nachweislich asbesthaltig sind, liegen höher.“
Was Dachpappenabfälle von Dächern angeht, die nach 1993 errichtet wurden, hat das Ministerium eine klare Position. Eine Beprobung und Analytik sei entbehrlich, sofern der Abfallerzeuger, Dachdecker- oder Abbruchbetrieb, einen zweifelsfreien Nachweis über die Herkunft der Dachpappen vorweist. Gleiches gelte für Reste und Verschnitte von Neuware. Damit sind die Vorgaben klar, doch scheint es weiter Differenzen zwischen Dachdeckern auf der einen sowie Containerdiensten und Entsorgern auf der anderen Seite zu geben, was denn ein zweifelsfreier Nachweis ist. Es fehlt das Vertrauen, dass der jeweils andere mit offenen Karten spielt.
Sie interessieren sich für das Thema. Dann lesen Sie unseren Artikel über den Ursprung der Problematik von Asbest in Bitumen.