
Betrieb Dadego: Dachdecker als erfolgreiche Genossen
11. April 2024
Der Betrieb Dadego ist als Genossenschaft organisiert, was sich seit der Gründung 1945 bewährt hat. Heute gehen hier Tradition und Innovation Hand in Hand. Dadego hat sich in und um Bremen herum einen Namen gemacht als qualitätsbewusster Dachdeckerbetrieb.

Mitarbeiter liefen früher auch auf Demos am 1. Mai mit
An der Wand im Büro von Olaf Sievert hängt ein interessantes historisches Foto. Es zeigt einen Kleinlaster mit einem Dachmodell auf offener Ladefläche, vorne auf der Motorhaube prangt ein Plakat mit der Aufschrift Dadego. Hinter dem Auto laufen zahlreiche Menschen – es ist ein Demonstrationszug am 1. Mai. Was hat ein Dachdeckerbetrieb damit zu tun? Dadego ist die Abkürzung für Dachdecker-Genossenschaft Bremen eG, gegründet 1945. Und die Genossen gingen früher mit anderen Arbeitern auf die Straße. Ein Dachdeckerbetrieb als Genossenschaft, zumindest in Bremen gibt es das kein zweites Mal. „Nach dem Krieg war kein Geld da, also haben sich mehrere Leute zusammengetan“, berichtet der geschäftsführende Vorstand Olaf Sievert.

Das genossenschaftliche Prinzip hat sich bewährt
Seitdem hat sich das genossenschaftliche Prinzip bei Dadego bewährt. Tradition und Innovation gehen hier Hand in Hand. Mittel- und langfristige Planung und Kontinuität in der Ausrichtung sind dabei wichtiger als kurzfristiges Streben nach Gewinn. „Wir investieren erst einmal, bevor wir Geld ausschütten an die Mitglieder“, erklärt Sievert. Neben Dachdeckermeister Sievert führt der Dachdecker und technische Fachwirt im Handwerk Jürgen Blome die Geschäfte.
Doppelspitze mit Treue zum Betrieb
Beide sind schon eine gefühlte Ewigkeit im Betrieb. Sievert startete vor 35 Jahren seine Lehre, Blome kam ein Jahr später als junger Geselle dazu. Sie haben mit dafür gesorgt, dass Dadego seit den 1980er Jahren und dem Umzug an den heutigen Firmensitz in Habenhausen zum zweitgrößten Bremer Dachdeckerbetrieb heranwuchs. Aktuell arbeiten hier 38 Beschäftigte, darunter rund 30 gewerbliche Mitarbeiter. Sievert ist das Gesicht nach außen, Blome mehr im Hintergrund aktiv. Diese Aufgabenteilung passt auch gut zu den Temperamenten der beiden. Sievert ist der emotionalere, der gerne im Gespräch einen Spruch raushaut. Blome ist ruhiger und sachlicher. Was sie verbindet, ist die Liebe zum Dachdeckerhandwerk, die Lust am Anpacken und die Treue zu einem Betrieb, der ihnen ans Herz gewachsen ist. Und beide sind Aufsteiger, die sich jeden Schritt auf der Karriereleiter erarbeitet haben.

Gute Arbeitsbedingungen ermöglichen
So ist Dadego ein gewachsener Betrieb mit zwei etablierten Vorständen an der Spitze. Sievert macht den Job seit 13 Jahren, Blome ist ihm vor drei Jahren gefolgt, nachdem ein Experiment mit einem Architekten als zweitem Vorstand nicht wirklich funktionierte. „Der hat einfach anders getickt als unsere Jungs hier“, erläutert Sievert. Die Jungs, das ist so ein Thema für sich. Zwar ist immer wieder zu hören, dass beide nicht ganz nachvollziehen können, wie die Jüngeren unter ihnen ticken. Denn Ausbildung und berufliche Ambitionen früher und heute, das seien schon zwei Paar Schuhe, stellen die beiden fest. Aber auf der anderen Seite wird deutlich, dass Sievert und Blome für ihr Team einstehen und ihren Mitarbeitern so gute Arbeitsbedingungen ermöglichen, wie es geht.

Sieben Azubis und ein Landessieger
„Die wenigsten jungen Leute strahlen noch Spaß und Freude an der Arbeit aus“, erklärt Sievert. Gerade die Ausrichtung auf soziale Medien, das Starren aufs Smartphone, sieht er negativ. „Der Altgeselle möchte in der Pause mal mit dem jungen Kollegen schnacken, aber der schaut gar nicht mehr hoch“, berichtet Blome. Doch wer jetzt denkt, die beiden wollen nur jammern, liegt falsch. Aktuell gibt es sieben Auszubildende, den Bremer Landesieger 2023 stellt Dadego auch.
Defizite lassen sich in der Ausbildung aufholen
„Wir wollen Leute in Arbeit bekommen“, benennt Sievert die Philosophie. „Jeder erhält bei uns eine Chance, egal wie die Schulzeit vorher war“, führt der Dachdeckermeister weiter aus. „Dafür lernt er ja auch drei Jahre. Und in dieser Zeit lassen sich Defizite jeglicher Art aufholen.“ Das funktioniert nicht immer, aber Nachwuchsmangel herrscht bei Dadego keiner. Und wenn es dann, wie im letzten Jahrgang, gleich zwei Top-Absolventen sind, suchen Sievert und Blome auch sofort das Gespräch mit den jungen Gesellen. „Wir wollen beide zu Führungskräften weiterentwickeln und haben ihnen diese Perspektive inklusive Meisterschule aufgezeigt.“

Bereits jetzt potenzielle Nachfolger im Blick
Und auch wenn es bei den Nachwuchskräften andere Vorstellungen von Zielen und Work-Life-Balance gibt, sehen die Chefs gute Chancen, mit ihnen potenzielle Nachfolger finden zu können. Ein Thema, das beide vorausschauend angehen wollen, obwohl sie selbst gerade erst die 50 Jahre überschritten haben. „Als Genossenschaft haben wir hier eine super Grundlage, aber wir wollen den Betrieb auch so übergeben, dass es für die Nachfolger nicht zu einer Sackgasse wird“, erläutert Blome.
Angestellter Meister als Azubibetreuer
Die Lehrlinge werden vom angestellten Meister André Strohmeyer betreut, der bei Dadego auch das Privatkundengeschäft verantwortet. „Die neuen Azubis erhalten am ersten Tag Kleidung, Werkzeug und eine zweistündige Einführung in unsere Abläufe und Regeln. Das ist schon anders heute als zu meiner Zeit. Da wurde ich auf dem Hof am ersten Tag gefragt, wer ich denn bin und was ich hier wolle“, erinnert sich Sievert. Alle im Team erhalten Weihnachts- und Urlaubsgeld, es gibt Weiterbildungen und auch eine Gesundheitsschulung in Kooperation mit der Krankenkasse IKK. Sogar die 4-Tage-Woche haben sie bei Dadego ausgiebig getestet nach Rücksprache mit dem Team. „Die Mannschaft war nicht zufrieden damit. Die meisten brauchten den Freitag nur dafür, sich von den vier Tagen davor zu erholen“, erläutert Sievert. Was sie danach geändert haben: „Die Jungs arbeiten von Montag bis Freitag die gleiche Stundenzahl. Vorher passierte am Freitag nicht mehr viel, jetzt haben wir fünf volle produktive Tage“, berichtet Sievert.

Viele öffentliche Aufträge als Basis
Eine hohe Produktivität ist wichtig, denn die Auftragsbücher bei Dadego sind gut gefüllt. „Wir arbeiten zu 70 Prozent für die öffentliche Hand, in Bremen und den Umlandgemeinden, bauen und sanieren Kitas, Schulen und andere Gebäude“, so Sievert. Er hat sich über viele Jahre in die Ausschreibungsbürokratie hineingefuchst. „Wir sind hineingewachsen und haben Kontakte aufgebaut.“ Das gilt auch für Bremer Wohnungsbaugesellschaften wie Brebau und Gewoba. Für letztere sanierte Dadego vor gut zwei Jahren das Flachdach des Aalto-Hochhauses, mit seiner markanten Architektur das Wahrzeichen des Stadtteils Vahr. „Da mussten wir wegen Statik und Brandschutz auch die oberste Geschossdecke abtragen und haben alles neu gemacht. „Wir können das noch, Foamglas in Heißbitumen verlegen“, erklärt Sievert.

Lukrative Wartungsverträge als weiteres Standbein
Neben den Wohnungsbaugesellschaften gehören große Industriefirmen zu den Stammkunden des Mitgliedsbetriebs der DENW. Zudem übernimmt Dadego viele lukrative Wartungsverträge, etwa über die Performa Nord für Bremer Kasernengebäude oder für die Gebäude der Wirtschaftsförderung Bremen. „Aber wir reparieren auch die Regenrinne und machen energetische Dachsanierungen für Privatkunden, Einfamilien- oder Reihenhäuser“, erläutert Sievert. Getreu dem gereimten Motto aus den genossenschaftlichen Anfängen: „Ist das Dach auch noch so klein, muss es dennoch von Dadego sein.“
Eine Spezialität sind Metalldächer
Insgesamt gibt es deutlich mehr Aufträge für Flachdach als für Steildach. Eine Spezialität sind Metalldächer vom Hersteller Kalzip, die auch immer wieder in Ausschreibungen verlangt werden. „Wir sind da Premiumpartner und erhalten so Aufträge über Architekten, die beim Hersteller nach ausführenden Betrieben fragen“, erläutert der Dachdeckermeister. So sind seine Leute aktuell auf einer Baustelle in Stade, obwohl Sievert gar kein Freund von langen Fahrzeiten oder Montage ist.

Weiterbildung zum PV-Manager absolviert
Dort haben die Mitarbeiter auch zusätzlich eine PV-Anlage installiert. „Wir machen Photovoltaik schon seit 20 Jahren, damals haben wir schon eine Anlage auf unserem Firmendach realisiert“, erinnert sich Vorstand Blome. Kollege Sievert hat auch die Weiterbildung zum PV-Manager absolviert. „Die Urkunde macht sich gut an der Bürowand und es war noch Platz neben dem Meisterbrief“, so Sievert mit seinem trockenen Humor. Dadego bietet in Sachen PV alles aus einer Hand und kooperiert für die weiteren Anschlüsse mit einem örtlichen Elektriker.
Bürokratieaufwand bleibt ein Ärgernis
Keinen Spaß versteht Sievert in Sachen Bürokratie. „Wir werden hier ständig kontrolliert, das war während der Coronakrise so, ist bei Arbeitssicherheit so und auch bei Finanzprüfungen. Die denken wohl alle, das ist ein großer, guter Betrieb, da gehen wir hin und müssen nicht nach den schwarzen Schafen schauen.“ Die Bürokratiekritik gilt auch für den Bereich Entsorgung. Dadego hat jetzt eine eigene Maschine, in der Verpackungsmüll wie Papier und Kunststoff für das Recycling gepresst werden. Die Chefs ärgern sich zwar, aber sie schauen immer, welche Lösungen sie selbst finden können. Das gilt für alle Bereiche und damit sind sie bislang sehr gut gefahren.
Sie interessieren sich dafür, wie gute Betriebe arbeiten? Dann lesen Sie unseren Bericht über Jonas Dämgen, der als junger Dachdeckermeister mit Drohne und Digitalem auf Erfolgskurs ist.