Fristlose Kündigung: viele Fallstricke für Dachdecker
27. August 2020
Regelmäßige Fehlzeiten, mangelhafte Arbeitsleistung oder Beleidigungen gegen den Chef – verhalten sich Mitarbeiter nicht korrekt, sorgt das für Spannungen im Betrieb. Trotzdem sollte man niemals im Affekt oder aus Wut heraus kündigen, sondern immer eine Nacht darüber schlafen. Nicht selten stellen Chef und Mitarbeiter mit Abstand fest, dass sie in einer aufgeladenen Situation überreagiert haben, grundsätzlich aber gut und vertrauensvoll zusammenarbeiten. Bevor es also zu einer verhaltensbedingten Kündigung kommt, sollte der Chef immer versuchen, Unstimmigkeiten oder Missverständnisse unter vier Augen auszuräumen. Denn womöglich wiegt das eigentliche Problem nicht annähernd so schwer, wie die Gefühle, die im Disput hochkochen.
Schriftliche Abmahnung kann positive Effekte haben
Bringt ein persönliches Gespräch nicht den erhofften Effekt, sollte eine Abmahnung Wirkung zeigen. Oft versäumt der Chef jedoch, seinem Mitarbeiter eine schriftliche Abmahnung zu erteilen. Dabei hätte sie einen positiven Effekt für beide Parteien: Einerseits erwartet die Rechtsprechung, dass der Mitarbeiter die Gelegenheit hat, sein Fehlverhalten abzustellen. Eine Abmahnung bietet diese Chance. Andererseits hat die korrekte Abmahnung allein durch die Schriftform mehr Gewicht als ein mündlicher, womöglich im Ärger ausgesprochener Verweis. Nicht selten führt die Abmahnung dazu, dass der Mitarbeiter sein Fehlverhalten tatsächlich überdenkt und ändert. Denn er muss das Schriftstück anerkennen und unterschreiben.
Auf der sicheren Seite: rechtlich korrekt abmahnen
„Zum Inhalt einer Abmahnung gehört in jedem Fall eine Kündigungsandrohung“, erklärt Anwalt Maurice Pastuska aus Kevelaer, der schon viele Parteien vor dem Arbeitsgericht vertreten hat. Die Kündigungsandrohung weist darauf hin, dass bei erneutem Verstoß gegen die verletzte Regel eine Entlassung erfolgt. Zudem gilt: Damit die Abmahnung wirksam ist, muss sie zeitnah erfolgen. Fehlt ein Mitarbeiter unentschuldigt, sollte die entsprechende Abmahnung nicht erst sechs Wochen später erfolgen, sondern am besten am nächsten oder übernächsten Tag. Weiterhin ist eine Abmahnung nicht immer ausreichend, um bei einem erneuten Verstoß gleich eine Kündigung zu rechtfertigen. Handelt es sich um weniger schwerwiegende Vergehen, etwa regelmäßige Verspätungen, sollte man mehrere Abmahnungen erteilen.
Rechtliche Beratung hilft bei juristischen Fallstricken
Kommt es später zur fristlosen Kündigung, müssen die Gründe dafür mit den Beanstandungen der Abmahnung übereinstimmen. Man kann einen Mitarbeiter schwerlich wegen einer Unverschämtheit abmahnen und ihm im nächsten Schritt wegen privatem Handygebrauch kündigen. Eine Faustregel oder empfohlene Abmahnungszahl gibt es allerdings nicht. Schon hier zeigt sich, dass rechtliche Beratung sinnvoll ist, damit Betriebe auf der sichereren Seite bleiben. „Schon bei der Abmahnung gibt es Fallstricke. Häufig ist die Begründung der Abmahnung zum Beispiel nicht hinreichend konkretisiert“, erläutert Pastuska. Und in besonders schweren Fällen – etwa, wenn der Mitarbeiter handgreiflich wird – kann auch direkt die fristlose Kündigung ausgesprochen werden.
Fristlose Kündigung braucht gewichtige Gründe
Eine fristlose Kündigung bedarf wichtiger Gründe – die dem Mitarbeiter auf Rückfrage zu nennen sind. Arbeitsverweigerung kann ein solcher Grund sein, aber auch Beleidigungen gegen den Chef. Rechtsanwalt Pastuska rät allerdings: „Verlangt der Mitarbeiter keine Begründung, sollte sie auch nicht in die Kündigung aufgenommen werden.“ Denn es kommt auf die korrekte Formulierung an. Bei Unstimmigkeiten werden die Begründung und damit die Kündigung vor Gericht leichter anfechtbar. Die fristlose Kündigung muss zudem binnen zwei Wochen nach dem auslösenden Vorfall schriftlich erfolgen.
Krankheit und mangelnde Leistung als Kündigungsgrund
So ungerecht es aus Arbeitnehmersicht auch klingt: Eine unterdurchschnittliche Arbeitsleistung (auch altersbedingt) und zu viele krankheitsbedingte Ausfälle können in Kleinbetrieben durchaus zu einer Entlassung führen. Denn hier ist die Belastung für das Unternehmen kaum tragbar, weil die dünne Personaldecke eines Fünf-Mann-Betriebes einfach nicht ausreicht, die Ausfälle aufzufangen. Das sieht auch der Gesetzgeber so – ebendarum sind Kleinbetriebe mit bis zu zehn Mitarbeitern von den Regelungen des Kündigungsschutzgesetzes ausgeschlossen. Aber auch bei einer sogenannten ordentlichen Kündigung sollten Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine gemeinsame Lösung finden, bei der es sich oft um einen finanziellen Ausgleich handelt. Anwalt Pastuska weiß aus Erfahrung: „Vor Gericht geht es selten um die Frage, ob die Kündigung berechtigt ist, sondern um die Bedingungen, unter denen die Entlassung erfolgt. Meistens wird die Höhe der Abfindung verhandelt.“
Rechtsberatung angesichts der Fallstricke im Arbeitsrecht nötig
Für eine rechtlich einwandfreie Kündigung, ob ordentlich oder fristlos sollte angesichts der oben beschriebenen Fallstricke immer ein Anwalt konsultiert werden. Denn das Risiko, einen formalen Fehler zu begehen, ist groß, wie Maurice Pastuska weiß. Erfahrene Juristen kennen die notwendigen Formulierungen. Sie wissen auch nüchtern und objektiv einzuschätzen, wie aussichtsreich eine Kündigung im Zweifelsfall ist – und ob sich nicht doch eine gute Alternative zur Entlassung findet.
Von der fristlosen Kündigung zum Arbeitsgericht
Leider ist der Konflikt zwischen Chef und Angestelltem emotional oft derart aufgeladen, dass eine Kündigung und der Weg zum Gericht für die Beteiligen als unausweichlich erscheinen. Dass eine finale Klärung vor dem Gericht erfolgt, hält Anwalt Pastuska allerdings nicht grundsätzlich für den schlechtesten Weg. „Im Gerichtssaal können die Anwälte und Richter beide Parteien auf den Boden der Tatsachen zurückholen. Die schlussendliche Lösung hätten beide Seiten ohne Rechtsbeistand womöglich nie erzielt – auch wenn natürlich nicht jeder zufrieden aus dem Gericht geht.“
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