Smartphone für Dachdecker: RugGear im Test
13. Juni 2019
Eines sollte vorweg gesagt werden: Der Nürnberger Dachdeckermeister Kay Preißinger ist ein überzeugten Apple-Anwender. Da ist zu verstehen, dass für die ihm eher ungewohnte Android-Benutzeroberfläche eine Schulnote 3 gab. Lob allerdings für die Bedienung der Kamera: Hier verteilte Preißinger eine glatte Note 2. Dagegen begeisterte ihn persönlich die Bildqualität nicht so sehr. Allerdings verdiente die Ablesbarkeit des Displays auf der Baustelle und das Arbeitstempo nach Ansicht des Dachdeckermeisters eine glatte Note 2. Der Größe und dem Gewicht attestierte Preißinger hingegen eine glatte Note 5. „Es ist mir einfach zu unhandlich und schwer.“
Dachdecker-Smartphone: RugGear ist ein Dauerläufer wie der VW Käfer
Dieses gemischte Fazit deckt sich auch mit den Testerfahrungen von DACH\LIVE. Einerseits ist klar, dass im harten Baustellen-Alltag niemand einen Ferrari braucht. Hier ist vielleicht der gute alte und unkaputtbare VW Käfer die bessere Wahl. Diese Einstellung muss mitbringen, wer sich für das RugGear 850 entscheidet. Und mit dieser Einstellung fährt – Verzeihung – surft und telefoniert es sich durchaus gut. Zur Robustheits-Ausstattung gehört serienmäßig die IP68 Zertifizierung (staub- und wasserdicht) sowie ein Panzerglas-Displayschutz.
Und wie es sich für einen robusten Pfundskerl, macht das RugGear 850 durchaus den Eindruck, als könne man mit ihm einen Freund fürs Leben finden. Denn wer immer nur das Neueste will, ist hier ohnehin fehl am Platz. Schon beim Auspacken aus der Box wurde man irgendwie an einen Ziegelstein erinnert. Nicht nur wegen des Gewichts von knapp 210 Gramm. Das bringen auch andere Smartphones wie das erst kürzlich getestete Galaxy Note 9 auf die Briefwaage. Es war allein die haptische Anmutung des Metallrahmens, der Stoßkanten, der Gummiabdeckungen von Kartenslot und Kopfhörerbuchse und des Backcovers im täuschend echt wirkenden Carbon-Design.
Dachdecker-Smartphone: RugGear mit langer Laufzeit
Doch es gibt nur wenige Smartphones, die „vollgetankt“ 4.000 mA im Gehäuse haben. Bei durchschnittlicher Nutzung sind davon nach einem halben Arbeitstag, also vier Stunden, noch immer 85 Prozent an Bord. Damit lässt sich nicht nur leben – damit durfte auch ein „Nachtanken“ erst am zweiten oder gar dritten Tag notwendig werden. Mit Schnellladen geht das aber nicht zusammen. Von 28 Prozent Akkukapazität auf 100 Prozent verweilt das RugGear 850 fast zwei Stunden an der Steckdose. Da gibt es schnellere Lademeister.
Dachdecker-Smartphone: pures Android ohne Extras
Das Testgerät teilte nach dem Einrichten gleich mit, es sei mit Android 8.1 auf dem aktuellen Stand. Das mag für das Gerät gelten – Android ist schon auf Stufe 9. Doch getreu dem Motto „Never change a running System“ bleibt es beim fast puren Android der 8er Reihe. Auf überflüssige, bereits vorinstallierte Apps wird hier ab Werk verzichtet. Gut so. Das belastet den internen Speicher von 32 GB also wenig. Selbst wenn ein paar eigene Apps installiert sind, bleiben immer noch rund 60 Prozent freier Speicherplatz.
Und auch der drei GB kleine Arbeitsspeicher wird nicht durch Überflüssiges, was versteckt im Hintergrund läuft, unnötig belastet. Das zeigt sich auch beim Öffnen von Internetseiten im mobilen Datenmodus. Am Arbeitstempo gibt es nichts auszusetzen. Und das, obwohl der Qualcomm Snapdragon 430-Prozessor mit nur 1,4 GHz-Taktung schon 2015 als „gerade mal Mittelklasse“ vorgestellt wurde. Gesichert und das Display entsperrt werden kann mit PIN, Geste oder Wischen. Ein Fingerprint-Sensor ist nicht inklusive.
Dachdecker-Smartphone: Fummel-Start mit dem RugGear
Mit etwas „Handarbeit für Feinmotoriker“ ist das Öffnen des Kartenslots verbunden. Zunächst muss herausgefunden werden, wie mit dem mitgelieferten Pin-Werkzeug die Schutzkappe entfernt wird. Dann nochmals mit dem Pin drücken und der Slot nähert sich, gefühlt einen Millimeter, dem Gehäuserand.
Was dann mit spitzen Fingern herausgezogen wird, überrascht angenehm. Nicht nur weil hier entweder zwei SIM-Karten oder eine SIM und eine microSD-Speicherkarte platziert werden können. Dieser Karteneinschub ist nicht etwa der sonst Übliche aus filigranem Metall. Beim RugGear-Slot kommt fast schon das Gefühl auf: „Na, wenn der mal kaputt gehen sollte, baue ich ihn an der Abkantbank einfach nach.“
Dachdecker-Smartphone: Blickpunkt Klickpunkt
12 Megapixel ist allenfalls Durchschnitt bei einer Kameraauflösung. Doch die Pixelzahl sagt allein auch nichts über die Bildqualität aus. Da liefert das RugGear gute, wenn auch nicht Bestergebnisse. Detailaufnahmen werden in brauchbarer Qualität ebenso erstellt wie die Totale. Selbst die Auslösezeit beim Auto-Blitz-Betrieb geht in Ordnung. Mehr kann man sich gerne wünschen und auch woanders bekommen. Ob man mehr wirklich braucht, ist die Frage. Hier muss endlich mal klar sein: Handy-Fotos sind keine Druckvorlagen. Sondern bessere Schnappschüsse, gute bis sehr Erinnerungsfotos oder durchaus verwertbare „Bild-Notizen“ von der Baustelle. Für alles andere gibt es Digitalkameras.
Dachdecker-Smartphone: RugGear zu groß für praktisch
Für ein Smartphone, das schlichtweg zu groß für die „Handwerker-Hosentasche“ ist, muss es einfach Punkteabzug geben. Das war auch schon beim Galaxy Note 9 der Fall. Und da tröstet es auch nicht, dass das RugGear 850 nach Herstellerangaben Stürze aus 1,5 Metern Höhe verkraftet und selbst in 1,2 Meter Wassertiefe bis zu 30 Minuten auf seine Rettung warten kann. Wie schon beim Galaxy gilt aber: Die Größe kann durchaus für den Chef, der vielleicht noch mehr Display-Überblick braucht, durchaus Sinn machen. Auch wenn das RugGear nur rund die Hälfte des Samsung Note 9-Preises aufruft: Für ein Smartphone für alle Mitarbeiter ist das vielleicht eine Nummer zu hoch.
Sie interessieren sich für unsere Tests in Sachen Dachdecker-Smartphone. Dann lesen Sie unseren Check des Samsung Note 9.