Meisterschule kostenlos: Bayern geht ab Herbst 2024 voran
27. Juni 2023
Der Bundesrat hat sich Anfang März auf Initiative Bayerns für die Einführung der kostenfreien Meisterausbildung ausgesprochen. Zum einen geht es um die Gleichstellung von dualer und akademischer Ausbildung oder wie es Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aichinger in einer Pressemeldung vom 21. Dezember 2022 formulierte: „Der Meister muss genauso kostenfrei sein wie der Master!“
„Bund muss für kostenfreie Meisterschule sorgen“
Zum anderen soll die Zukunft der Handwerksbetriebe abgesichert werden. Ob bei Dachdeckern oder Zimmerern, in den nächsten zehn Jahren suchen viele Inhaber einen Nachfolger. Dafür braucht es genug Gesellen, welche die Meisterschule absolvieren und dafür auch die Kosten tragen wollen. „Der Bund muss dafür sorgen, dass eine Meisterfortbildung genauso kostenlos wird wie ein Hochschulstudium“, fordert Aichinger.
Bayern geht bei kostenloser Meisterschule voran
Weil das Thema dringlich ist, wollen sie in Bayern jedoch nicht warten, bis die Bundesregierung tatsächlich aktiv wird. So hat Ministerpräsident Markus Söder angekündigt, dass in Bayern auf jeden Fall ab Herbst 2024 der Besuch der Meisterschule kostenlos sein wird. „Wir müssen ein klares Signal für die berufliche Bildung setzen. Keiner, der sich zum Meister fortbilden will, darf an finanziellen Hürden scheitern oder gegenüber der gebührenfreien akademischen Ausbildung benachteiligt werden“, erläutert Wirtschaftsminister Aichinger.
Meisterschule wichtig bei 125 000 Betriebsnachfolgen
Die finanziellen Hürden für weiterbildungswillige Gesellen abzubauen, ist seit Jahren erklärtes Ziel der Politik. Seit 2020 gibt es das im Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz (AFBG) geregelte Aufstiegs-Bafög, das frühere Meister-Bafög, als „ein bundesweit etabliertes Förderinstrument, das Fortbildungsteilnehmerinnen und -teilnehmern und Meisterschülerinnen und -schülern in Teilen von ihren Fortbildungskosten entlastet“, wie der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) schreibt. Dieser hat ermittelt, dass im Handwerk rund 125 000 Betriebsnachfolgen in den kommenden fünf Jahren anstehen. Verbunden mit dem Fachkräftemangel reiche laut ZDH die bisherige Bundesförderung nicht mehr aus.
Meisterfortbildung im Koalitionsvertrag
Zwar sieht der Berliner Koalitionsvertrag grundsätzlich vor, den Zugang zur Meisterausbildung durch Kostensenkungen sowie den Ausbau des Aufstiegs-Bafög zu erleichtern. Doch konkrete Vorschläge dazu bleiben SPD, Grüne und FDP bislang schuldig. Um einen Schritt voran zu kommen, hat deshalb das Bundesland Bayern Ende 2022 die Bundesratsinitiative „Für eine kostenfreie Meisterfortbildung“ gestartet. Diese hat die Ländervertretung am 3. März beschlossen und damit den Druck auf die Bundesregierung erhöht.
„Stärkung des Meisterbriefs dringend erforderlich“
Der Vorstoß stößt bei den Handwerksvertretern auf Wohlwollen. „Angesichts von Fachkräftemangel und Nachwuchssorgen ist eine Stärkung des Meisterbriefs dringend erforderlich. Zudem suchen zahlreiche Betriebe dringend Nachfolger, auch deswegen benötigen wir mehr Meister und Meisterinnen“, erläutert Rolf Fuhrmann, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Zentralverbandes des Deutschen Dachdeckerhandwerks (ZVDH) und zudem Geschäftsführer des Bundesbildungszentrums in Mayen.
Bundesrat fordert Gleichstellung von Studium und Meisterschule
In diese Richtung zielt auch die Bundesrats-Entschließung. Die Kosten für die Meisterschule müssten vollständig vom Bund übernommen werden. „Um eine umfassende Gleichstellung aller Bildungszweige zu erreichen, fordert der Bundesrat die Bundesregierung auf, die Fortbildungen an Fachschulen und Fachakademien ebenfalls über das Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz mit Bundesmitteln kostenfrei auszugestalten“, heißt es in der Entschließung. Und: „Gleichbehandlung mit der kostenfreien akademischen Bildung ist wichtig, weil Berufsentscheidungen nicht durch Fortbildungskostenunterschiede verzerrt werden dürfen, sondern von langfristigen Perspektiven geleitet sein müssen.“
Mehr Wertschätzung für duales Ausbildungssystem
Mit der kostenlosen Meisterschule könne „ein dringend notwendiger öffentlichkeitswirksamer Akzent zu Gunsten der beruflichen Bildung“ gesetzt werden. „In Relation zur kostenfreien akademischen Bildung brauchen alle anderen Bildungszweige mehr Wertschätzung, weil Berufsentscheidungen von Perspektiven geleitet sein müssen, nicht von Vorurteilen“, ist in der Begründung der Entschließung zu lesen.
Betriebsnachfolge: Die Babyboomer hören auf
Rolf Fuhrmann, beim ZVDH für Berufsbildung zuständig, unterstreicht das alles mit Blick auf die zahlreichen Betriebsnachfolgen: „Inhaber der Jahrgänge 1955-69, also die sogenannten Babyboomer, gehen in den Ruhestand oder planen dies in den nächsten Jahren. Doch schon jetzt finden viele Inhaber keinen Nachfolger mit der Konsequenz, dass gut laufende Betriebe dicht gemacht werden. Das ist eine fatale Entwicklung in Zeiten, wo jeder Dachdecker und jede Dachdeckerin dringend benötigt wird, um an der Klimawende mitzubauen.“
Aufstiegs-Bafög und Länderboni
Immerhin werden Dachdecker- und Zimmerergesellen durch das Aufstiegs-Bafög bereits in Sachen Kosten entlastet. So erhalten Prüflinge zur Finanzierung ihrer Lehrgangs- und Prüfungsgebühren einkommens- und vermögensunabhängig 50 Prozent der Förderung als Zuschuss. Den Rest der Fördersumme müssen sie zwar über die bundeseigene Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) als zinsgünstiges Darlehen aufnehmen. „Aber bei bestandener Abschlussprüfung der Aufstiegsfortbildungsmaßnahme werden dem Geförderten auf Antrag 50 Prozent des Maßnahmedarlehens erlassen. Bei einer Existenzgründung innerhalb von drei Jahren nach Abschluss der Meisterschule gibt es weitere Möglichkeiten für einen Teilerlass“, klärt Fuhrmann auf.
Meisterschule: Prämien der Bundesländer
Und dann sind da noch die Bundesländer: Baden-Württemberg, Bayern, Bremen, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, das Saarland, Sachsen und Thüringen zahlen sogenannte Meisterboni oder Meisterprämien. Spitzenreiter mit jeweils 4000 Euro sind die Länder Bremen und Niedersachsen. Am wenigsten gibt es mit jeweils 1000 Euro in Hamburg, Hessen, dem Saarland und Thüringen. Alle Zahlen finden sich in einem Artikel der Deutschen Handwerkszeitung. „Erstrebenswert wäre, wenn alle Bundesländer den Meisterbonus gleichermaßen auf hohem Niveau anbieten würden“, sagt Fuhrmann.
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