Ausgleich für Dachdecker: Steuerfreie Inflationsprämie von 950 Euro
3. August 2023
Nach schwierigen Verhandlungen hatten sich im Oktober 2022 der Zentralverband des Deutschen Dachdeckerhandwerks (ZVDH) und die Industriegewerkschaft (IG) Bau auf einen Tarifvertrag mit einer Laufzeit von 27 Monaten geeinigt. Zentraler Streitpunkt war damals ein Ausgleich für die gestiegenen Lebenshaltungskosten, die sogenannte Inflationsprämie. Nachdem die Bundesregierung im Zuge des dritten Entlastungspaketes ein steuer- und abgabenfreies Gehaltsextra von 3000 Euro pro Jahr beschlossen hatte, gelang in den Verhandlungen der Durchbruch.
Inflationsprämie ist allgemeinverbindlich
Beide Tarifparteien verständigten sich auf eine steuer- und sozialabgabenfreie Inflationsprämie von insgesamt 950 Euro, zahlbar in zwei gleichen Raten im Frühjahr 2023 und 2024. Teilzeitbeschäftigte erhalten eine anteilige Zahlung, Azubis erhalten 315 Euro Inflationsprämie. Für diese Sonderzahlung gilt die sogenannte Allgemeinverbindlichkeit. Das heißt, dass alle rund 100 000 Beschäftigten im Dachdeckerhandwerk einen Anspruch darauf haben. Ganz egal, ob der jeweilige Betrieb ansonsten Tariflohn bezahlt oder nicht.
Anspruch gegenüber dem Betrieb geltend machen
Allerdings müssen Mitarbeiter ihren Anspruch auch geltend machen, falls der Chef bisher noch keine Inflationsprämie von 475 Euro für 2023 überwiesen hat. So rät etwa der Bezirksvorsitzende der IG Bau Rheinhessen-Vorderpfalz, Rüdiger Wunderlich, in einer Pressemeldung den Beschäftigten, nicht lange zu zögern und den Betriebsleiter sofort auf die Prämie anzusprechen. Ansonsten könne der Anspruch verfallen. „Wer bis Mitte August die Prämie nicht einfordert, kann leer ausgehen.“ Die Inflationsprämie habe die Gewerkschaft durchgesetzt, um die Härte der Krise für die Beschäftigten abzufedern. Zusammen mit dem ZVDH, der die Arbeitgeber vertritt, sei der IG Bau „ein Stück Lohntüten-Gerechtigkeit gelungen“, sagt Wunderlich.
Tariflöhne steigen am 1. Oktober 2023 um drei Prozent
Zudem bringt das Tarifergebnis den Mitarbeitern ab Oktober 2023 nach fünf Prozent im November 2022 ein weiteres Gehaltsplus von drei Prozent. Auch die Auszubildenden im Dachdeckerhandwerk können sich über eine weitere Erhöhung freuen. Im ersten Lehrjahr steigt die Vergütung von 820 auf 860 Euro, im zweiten Lehrjahr von 990 auf 1040 Euro und im dritten Lehrjahr von 1260 auf 1320 Euro. Wichtig: Beim normalen Tarifergebnis gibt es jedoch keine Allgemeinverbindlichkeit wie bei der Inflationsprämie Wie viel Gehalt tatsächlich im jeweiligen Betrieb gezahlt wird, ist auch regional sehr unterschiedlich. So sind etwa die Löhne in den ostdeutschen Bundesländern oftmals noch deutlich niedriger als im Süden der Republik.
Anhebung der Azubivergütung als wichtiges Signal
„Der Kompromiss ist uns nicht leichtgefallen“, erklärte nach dem Tarifabschluss ZVDH-Präsident Dirk Bollwerk, Verhandlungsführer auf Arbeitgeberseite. Es sei aber gerade jetzt besonders wichtig, „in unsere Beschäftigten zu investieren, die auch unter den gestiegenen Kosten leiden. Und als Klimahandwerk wollen wir im Kampf um die Talente auch weiterhin attraktiv sein für die Fachkräfte von morgen.“ Die Anhebung der Vergütung für Azubis sei hier ebenfalls ein deutliches Signal.
Ausbildungszahlen zuletzt leicht rückläufig
Im Vergleich zu anderen Ausbildungsberufen liegen die Dachdecker in der Spitzengruppe bei der Höhe der Azubi-Gehälter. Dennoch sind die zuvor über Jahre gestiegenen Ausbildungszahlen 2022 erstmals wieder rückläufig gewesen. Gerade hier dürfen die Betriebe nicht nachlassen in ihren Bemühungen um Fachkräfte und sollten alle Möglichkeiten ausschöpfen, um potenzielle Lehrlinge anzusprechen, über die Schulen, die Agentur für Arbeit, Ausbildungsmessen, den Girls’Day, soziale Medien oder ungewöhnliche Aktionen.
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