Zimmererin Anna Hof ist stolz auf ihr Handwerk
5. März 2024
Was ein Zimmerer so macht, das wusste Anna Hof schon als kleines Kind. „Mama sagte dann zu Papa: ‚Nimm du mal die Kleine‘ und so lernte ich schon früh die Baustellen kennen“, erinnert sich die heute 20-Jährige. Danach half sie als Jugendliche zwischendurch aus, verdiente sich etwas Geld dazu. „Trotzdem hatte ich nach der Realschule noch keine berufliche Vorstellung“, räumt Anna Hof ein.
In Corona länger Baustellenluft geschnuppert
Dann kam die Corona-Pandemie und die junge Frau nutzte diese schwierige Zeit, um länger auf den Baustellen der Zimmerei Hof in Nordhorn mitzuarbeiten. „Dabei ist mein Interesse am Beruf Zimmerer total gewachsen.“ Anna Hof hatte keine Lust mehr, wie vorher immer die Gesellen auf den Baustellen zu fragen, wie etwas funktioniert. „Ich wollte das selber können und habe dabei bemerkt, wie sehr mir die Arbeit liegt und wieviel Freude sie mir bereitet.“
Erst ein Jahr Berufsfachschule
Doch eine Lehre als Zimmererin startete sie nicht sofort. „Bei uns in der Grafschaft Bentheim ist es so üblich, erst einmal ein Jahr Berufsfachschule in den Bauberufen zu absolvieren. „Dort habe ich Betonsäulen gegossen, gemauert oder eine Holzverbindung hergestellt. Da war endgültig klar, nur die Zimmerei macht mir richtig Spaß“, sagt Anna Hof. Das Gute: Die Berufsfachschule wird anerkannt als erstes Lehrjahr.
Ausbildung im väterlichen Betrieb
Dann startete Anna Hof die Ausbildung, aber warum im väterlichen Betrieb? „Ich hatte ja mit 15,16 Jahren schon geholfen und da schlechte Erfahrungen gemacht mit zwei jungen Gesellen und deren Verhalten und Sprüchen: ‚Wir brauchen dich nicht, du kannst uns nicht helfen‘. Für mich war danach klar, in der Ausbildung will ich das nicht wieder, sondern vernünftig lernen.“ Mit dem Schutz des Vaters im Rücken wollte sie die Lehre angehen. Den brauchte es so gar nicht mehr, die beiden Junggesellen hatten in der Zwischenzeit den Familienbetrieb verlassen.
Energetische Sanierung komplett aus einer Hand
Aktuell gibt es neben Anna Hof, die inzwischen selbst Zimmerergesellin ist, und dem Vater noch einen angestellten Meister und einen Auszubildenden. Die Mutter managt das Büro, ein klassischer Familienbetrieb. Den Einbruch beim Neubau hat die Zimmerei deutlich gespürt. „Die Auftragslage hat sich schon krass verändert. Wir machen jetzt mehr energetische Sanierung komplett aus einer Hand, Holzbau inklusive Dacheindeckung. Ein aktuelles Projekt: Zwei neue Gauben für den Dachausbau plus komplettem Abriss der alten und Realisierung einer neuen Eindeckung.
Menschen ein Zuhause geben
Und was treibt sie an in ihrem Beruf als Zimmererin? „Meine Leidenschaft ist es, Menschen ein Zuhause geben zu wollen. Ich möchte Häuser bauen, Dächer neu machen und sehen können, was ich am Ende des Tages geschafft habe“, erläutert Anna Hof. Von den Arbeiten gefällt ihr das Vertäfeln sehr gut, das sie schon als Jugendliche vor der Lehre lernte. „Das hatte immer ein Geselle gemacht, der dann zu einem anderen Betrieb wechseln wollte. Da gab er mir vorher noch einen 2-Wochen-Crash-Kurs. Seitdem übernehme ich diese Aufgabe, verkleide etwa Dachüberstände.“
Spaß an allen Zimmererarbeiten
Doch eigentlich, wenn es sich Anna Hof genau überlegt, gefallen ihr alle Zimmererarbeiten. „Ich decke auch gerne Dächer ein, übernehme Pfannenarbeiten oder richte Dachstühle.“ Nur Abwechslung bei den Tätigkeiten brauche sie schon. „Wenn ich auf drei Baustellen nacheinander Dachüberstände mit Kunststoff verkleidet habe, sollte wieder was anderes kommen.“ Generell hätte sie nie gedacht, dass sich ihre Gefühlslage zum Beruf so positiv verändert. „Ich bin sehr stolz auf mich und meine Arbeit.“
Mit Filmteam von Sat1 auf dem Dach
Als Frau auf dem Dach hat sie jüngst auch schon das Interesse der Medien geweckt. Sat1 drehte einen Film mit ihr und dem Hof-Team. Dort sprach sie auch offen über ihre Höhenangst und wie sie diese angegangen ist und sie besiegt hat. „Wir haben uns über den Besuch ziemlich gefreut und darüber, dass Sat1 sich mit dem Fachkräftemangel im Handwerk beschäftigt und jungen Menschen zeigt, was das Handwerk tatsächlich bietet“, so Anna Hof. „Ziel war es auch, einmal Einblicke hinter die Kulissen zu geben, damit man sieht, dass Handwerk immer noch goldenen Boden hat.“
Vorurteile abbauen via Instagram
Einblicke in ihren Beruf gibt Anna Hof selbst auf Instagram und dies so erfolgreich als „Zimmerin Anna“, dass eben auch Sat1 auf sie aufmerksam wurde. In den sozialen Medien ist sie aktiv, weil es „super viele Vorurteile über das Bauhandwerk gibt: Sklavenarbeit, starre Hierarchien, mit nur 35 Jahren kaputter Rücken.“ Die 20-Jährige möchte hingegen den Alltag zeigen. „Wie wir die Aufgaben angehen, wie wir technische Hilfsmittel wie den Kran nutzen, wie es ist, als Frau im Handwerk zu arbeiten.“
Erst hieß der Account von Anna Hof „Azubitagebuch“. Sie wollte einfach im Rückblick zeigen, was sie die letzten Tage gearbeitet hat. Nach und nach ist ihre Bekanntheit gestiegen, aktuell hat Anna Hof über 32 000 Follower. „Ich sehe es als einen Blog mit Fotos und Beschreibungen, was ich gemacht und erlebt habe.“ Sie will ihren Stolz zeigen auf das Handwerk.
Sogar ein Video mit dem Meister gedreht
Ihr Vater war erst misstrauisch in Sachen Instagram. „Doch nach dem ersten Erfolg, hat er mich gelobt für mein Engagement. Ähnlich lief es mit den Arbeitskollegen. Der angestellte Meister fand das erst gar nicht lustig, Bilder und Videos während der Arbeitszeit. „Da gab es schon Reibungspunkte, er hat das nicht verstanden“, berichtet Anna Hof. Doch mit dem Erfolg und den Followern drehte sich der Wind. „Ich habe gerade ein Video mit ihm gemacht, in dem wir einen Hammer testen. Und da ist er mehr im Bild als ich“, freut sich die Zimmerergesellin.
Später in die väterlichen Fußstapfen treten
Im Betrieb möchte Anna Hof noch mindestens zwei Jahre Berufserfahrung sammeln, bevor sie den Meister macht. „Ich denke, dass ich mit der zusätzlichen Praxis im Rücken besser verstehe, was ich dann lerne auf der Meisterschule.“ Vielleicht schnuppert sie danach noch einmal für ein paar Jahre in einen anderen Betrieb hinein als angestellte Meisterin für weitere Erfahrungen. Aber nur, wenn es passt mit dem Team im väterlichen Betrieb, den sie später übernehmen möchte. Der Vater freut sich sehr, dass die Tochter in seine Fußstapfen treten will.
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