Zimmerer im Aufwind: Holzbauquote steigt 2021 weiter
9. Juni 2022
Die Dachdecker blicken mit gemischten Gefühlen auf 2021 zurück, siehe unseren Artikel in DACH\LIVE. Ein Umsatzminus von real knapp neun Prozent gegenüber 2020 ist einer der Gründe. Bei den Kollegen der Zimmerer hingegen sieht es – obschon ähnliche Vorzeichen herrschen – weit besser aus: Ein Umsatzplus von 7,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr steht zu Buche, wie aus dem Lagebericht 2022 von Holzbau Deutschland hervorgeht. Heißt am Ende 9,7 Milliarden Euro Umsatz und für 2022 prognostiziert der Verband den Sprung über die glatten zehn Milliarden Euro pro Jahr.
Preisanstieg und Mehrarbeit als Umsatztreiber
Bereits 2020 freute man sich über ein Umsatzplus von mehr als 15 Prozent. Allerdings muss bei den Zahlen bedacht werden, dass die Inflation hierbei auch eine Rolle spielt: 2021 ist die Hälfte des Umsatzwachstums auf Mehrarbeit zurückzuführen, die andere auf Preisanstiege. 2020 waren 2/3 der Produktivität und 1/3 den steigenden Preisen geschuldet. Für 2022 erwarten die Zimmerer hier allerdings ein Umschwenken: 3/4 werden wohl auf den Preisanstieg und nur 1/4 auf echten Zuwachs zurückgehen.
Holzbauquote steigt weiter auf über 21 Prozent
Doch, dass der stete Erfolg trotzdem kein flaches Strohfeuer, sondern solides Wachstum ist, belegen weitere Zahlen: So stieg zum Beispiel die Holzbauquote für den Wohn- und Nichtwohnbau 2021. Sie kletterte in beiden Bereichen erstmals über 21 Prozent, wobei hier das Nord-Süd-Gefälle deutlich wird. Die südlichen Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg stechen mit Quoten an oder sogar über 30 Prozent hervor, wohingegen die nördlichen Bundesländer teils bei deutlich unter zehn Prozent liegen.
Den Großteil ihres Umsatzes machen die Zimmerer weiterhin im Bestandsbau, gut 45 Prozent. Darauf folgen Ausbau und Neubau mit jeweils etwa 20 Prozent. Die Aufträge hierzu kommen insgesamt zu 3/4 aus dem privaten Sektor. Den Rest teilen sich fast je zur Hälfte die gewerblichen Kunden sowie die öffentliche Hand.
Sehr positive Entwicklung der Azubizahlen
Ein Blick auf die Entwicklung der Ausbildungszahlen zeigt Gutes: Das Wachstum zieht seit Jahren an. Zwischen 2017 und 2021 stieg dieses von jährlich 2,1 auf zuletzt 3,7 Prozent. Für die absoluten Zahlen heißt das von etwa 7300 auf 8800 Lehrlinge. Auch der Anteil der Azubis im ersten Lehrjahr zeigt diesen Anstieg: 2017 war es nur etwa jeder Vierte, setzt sich der Trend fort, wird es in wenigen Jahren bereits einer von drei Auszubildenden – oder jede Dritte sein.
Aus den Daten von Holzbau Deutschland geht auch hervor, dass der Anteil der Frauen, die sich für das Zimmererhandwerk interessieren, überdurchschnittlich steigt. Während im zurückliegenden Jahr etwa zehn Prozent mehr Jugendliche in den Beruf eingestiegen sind, stieg der Frauenanteil um 23 Prozent. „[…] Der relativ hohe Zuwachs [kann] auch dahingehend interpretiert werden, dass sich viele Vorbehalte junger Frauen gegenüber dem ´beschwerlichen Zimmererberuf´ zwischenzeitlich überlebt haben“, schreibt der Verband im Lagebericht 2021.
Viele Lehrlinge wollen später Meister werden
Fragt man die Lehrlinge, was sie danach machen möchten, antwortet laut Holzbau Deutschland die überwiegende Mehrzahl, dass sie nach der Lehre den Meistertitel anstrebe. Von Interesse ist zudem die Position des Poliers. Mit einem Studium plane ein weitaus geringerer Anteil der Befragten. „Tendenziell lässt das Interesse am Studium eher nach“, wettet der Bericht auf ein schleichendes Ende dieses Trends, der stets als eines der Ärgernisse bei der Nachwuchssuche genannt wird.
Materialknappheit als größte Herausforderung
Als Hauptprobleme der Branche werden laut einer Umfrage des Verbandes vor allem die schwierige Materialverfügbarkeit gesehen. Mit welchen Rezepten begegnen Betriebe dieser Herausforderung?
Aus der aktuellen Konjunkturumfrage von Holzbau Deutschland geht hervor: 56 Prozent der Betriebe konnten den Anstieg der Materialpreise wenigstens zum Teil weitergeben werden. Nur gut einem Drittel der Betriebe gelang es, die Preissteigerungen komplett an die Endkunden weiterzugeben. Und jeder Zehnte der Befragten blieb sogar komplett auf den Mehrkosten sitzen.
Bürokratie weiter ein großes Hemmnis
Bei den Hemmnissen werden langwierige Genehmigungsverfahren an zweiter Stelle genannt. Die überbordende Bürokratie war in der Vergangenheit stets die größte Hürde aus Sicht der Betriebe. Als weitere Hemmnisse folgen die oftmals unzureichende Planung durch Auftraggeber, der Arbeitskräftemangel und – der Klassiker als Störfaktor für alle Bauvorhaben im Freien – die schlechte Witterung.
Alles in allem geht es den Zimmerer-Betrieben in Deutschland also gut und dank des bundesweiten Booms des Holzbaus im Angesicht der Klima- und Rohstoffkrise wird es wahrscheinlich auch auf Jahre hinaus – trotz aller anhaltenden Material- und Preisprobleme – so bleiben.
Sie interessieren sich für die größeren Zusammenhänge? Dann lesen Sie unsere Story über den erneuten Anstieg der Holzpreise 2022 und die Auswirkungen für Zimmerer und Dachdecker.