Corona: Auf dem Gerüst ist nichts mit Abstand
9. April 2020
Es ist wohl nur eine Frage der Zeit, wann es mehr Corona-Erkrankungen unter Dachdeckern und Zimmerern geben wird. Die Betriebe arbeiten weiter so gut sie können, aber im Fahrzeug oder auf Baustellen sind die geforderten Abstandsregeln nur schwer einzuhalten. Im Onlinemagazin der Deutschen Welle (DW) hat Sven Henning dazu offen Auskunft gegeben. „Wir machen ganz normal unsere Arbeit, ohne Wenn und Aber.“
Corona: Alle Gewerke benutzen auf der Baustelle dieselbe Toilette
Jeden Tag fährt der Dachdeckermeister aus Lützen in Sachsen-Anhalt, Mitglied der Dachdecker-Einkauf Ost, mit seinen drei Angestellten zu einer Baustelle. Anfangs drückten sie sich in die Ecken des großen Transporters, um mehr Abstand voneinander zu haben. Wenn es irgendwie geht, fahren sie mit zwei Wagen. Das mit dem Abstand halten bleibt so eine Sache, nicht nur im Wagen. „Unsere Arbeitsgerüste sind 70 Zentimeter breit“, erzählt Henning im DW-Gespräch. „Wenn da einer vorbei muss oder Hilfe braucht, dann stehen die 20 Zentimeter nebeneinander. Da ist nichts mit Abstand.“ Und das sind nur seine Leute. „Wenn eine Wohnung saniert wird, dann sind da auch der Maler und der Heizungsbauer und andere – und alle benutzen dieselbe Toilette“, sagt der Dachdecker. Doch langsam ändert sich die Lage, auf einigen Baustellen gibt es inzwischen mehrere Toiletten, getrennt für die Gewerke.
Im telefonischen Austausch ist Henning über das Thema auch mit Marcus Eismann, der bei der Dachdecker-Einkauf Ost die nahe gelegenen Niederlassungen Borna, Leipzig und Zorbau leitet. Eismann kennt natürlich die Problematik auf den Baustellen. Wenn seine Fahrer dort Material für die Betriebe anliefern, gibt es Kundenkontakt nur mit weitem Abstand. Unterschreiben muss keiner mehr einen Lieferschein, das Geschäft ist laut Eismann in Corona-Zeiten Vertrauenssache. Das gilt auch für Materialabholungen in den Niederlassungen. „Wir hatten gerade eine Telefonkonferenz, bislang sind alle unsere Mitarbeiter verschont geblieben, gut die Hälfte arbeitet im Homeoffice.“
Corona: Bei Quarantäne muss Gehalt des Mitarbeitern weiter gezahlt werden
Der Betrieb läuft also weiter, beim Dachdecker und im genossenschaftlichen Bedachungshandel. Aber worauf muss ein Inhaber achten, wenn doch mal ein Mitarbeiter oder er selbst erkrankt. Es droht dann eine Quarantäne von mindestens zwei Wochen. Dazu heißt es im Infektionsschutzgesetz, Paragraf 30, dass zumeist das örtliche Gesundheitsamt beim Verdacht auf eine Erkrankung oder eine Ansteckung die Absonderung der Betroffenen in der eigenen Wohnung oder in einem Krankenhaus anordnen kann. Bei einem bloßen Verdacht gibt es vom Arzt zumeist keine Krankschreibung.
Arbeitnehmer haben nach Paragraf 56 des Infektionsschutzgesetzes für die ersten sechs Wochen der Quarantäne dennoch einen Anspruch auf eine Entschädigung in Höhe des Nettogehaltes. Der Betrieb ist es, der diese Entschädigung bezahlen muss, in Vorleistung. Per Antrag kann er sich jedoch das Geld von der anordnenden Behörde, zumeist das Gesundheitsamt zurückholen. Wir schnell die Rückzahlung allerdings fließt, ist unklar. Um die Liquidität zu sichern, sollten die Dachdecker und Zimmerer schnell Anträge auch auf Zuschüsse aus den Finanzfonds der Bundesländer stellen. Die sind gestaffelt nach Mitarbeiterzahl der Betriebe und reichen von 9.000 Euro bis zu 60.000 Euro. Aktuell hat die Bundesregierung zudem KfW-Schnellkredite bis zu 800.000 Euro für Betriebe mit mehr als zehn Mitarbeitern beschlossen. Hausbanken erhalten eine Haftungsfreistellung von 100 Prozent, der Zinssatz liegt bei drei Prozent bei einer Laufzeit von zehn Jahren.
Corona: Auch der Chef kann in Quarantäne Verdienstausfall geltend machen
Auch der Chef selbst hat als selbständig Tätiger im Falle einer Anordnung von Quarantäne Anspruch auf Entschädigung. Denn daraus werden sicherlich Verdienstausfälle resultieren. Hier ist es wichtig, den engen Kontakt zum Steuerberater zu halten. Denn um Ansprüche beim Gesundheitsamt geltend machen zu können, braucht es Bescheinigungen über die Höhe des letzten Jahreseinkommens als Vergleichszahl. Wer hier weiß, was auf ihn zukommen kann, ist im Ernstfall besser gewappnet.
Sie interessieren sich für das Thema? Dann lesen Sie unseren Artikel über staatliche Finanzhilfen für Dachdecker und Zimmerer.