Über 100 Dachdecker helfen Flutopfern beim Aufbau
12. August 2021
Einer macht mutig den Anfang und weiß dabei noch gar nicht, was er ins Rollen bringt. „Wir wollten ein Zeichen setzen, dass nicht nur Unrat aus dem Ahrtal gebracht wird, sondern auch wieder aufgebaut wird“, sagte Dachdeckermeister Bernd Krinninger, Inhaber von Heimbach Bedachungen in Lahnstein dem TV-Sender SWR. Er brachte die große Hilfsaktion der Dachdecker für die Flutopfer am Ahrtal mit einem Facebook-Post „Dachdecker fürs Ahrtal“ auf den Weg.
Dachdecker-Team Zimmermann: mit Kran, Pritschenwagen und Bus vor Ort
Über 100 Betriebe mit rund 500 Mitarbeitern trafen sich dann am Mittwochmorgen vor einer Woche in Kalenborn auf einer Wiese – mit dabei Dachdeckermeister Michael Zimmermann und sechs seiner Mitarbeiter, angereist mit Kran, Pritschenwagen, Bus und viel Material aus dem rund 100 Kilometer entfernten Ockenheim bei Bingen. „Nachdem ich angerufen wurde, war mir am Anfang gar nicht klar, was wir Dachdecker dort eigentlich tun können.“ Blinden Aktionismus statt echter Unterstützung wollte der Vizepräsident des Zentralverbands des Deutschen Dachdeckerhandwerks (ZVDH) auf keinen Fall. Also fuhr er am Sonnabend vor dem Aktionstag ins Ahrtal, um sich ein Bild von der Lage zu machen.
Mitarbeiter waren sofort bereit zur Hilfsaktion
Der Dachdecker sah viele Löcher in Dächern, weil sich Menschen dort in Sicherheit gebracht hatten. Er sah niedrigere Gebäude, wo es gar keine Dächer mehr gab. Und er sah, dass überall die Fallrohre fehlen. „Etwa in Ahrbrück, da ist die Hälfte der Häuser weg und die andere Hälfte kaputt. Überall gab es Dinge für Dachdecker zu tun“, erinnert sich Zimmermann. Also sprach er mit seinem Team und sechs Mitarbeiter erklärten sich sofort bereit mitzukommen. „Wir haben dann auch unsere Kunden informiert und alle hatten Verständnis für diese Hilfsaktion.“
Hilfsaktion beeindruckend gut organisiert
Als das Team dann am Mittwochmorgen am Treffpunkt ankam, war Zimmermann erst unsicher, wie das funktionieren soll. Über 100 Betriebe, gibt es da ein Chaos auf den Straßen und in den Orten? Denn Erfahrung mit so einer Großaktion hatte ja keiner. „Der Landesverband, der Obermeister der Dachdeckerinnung Mayen-Ahrweiler, Gregor Orth, und Bernd Krinninger haben das beeindruckend organisiert. Es gab einen umsichtigen Schlachtplan, wer wohin fährt und arbeitet“, berichtet Zimmermann. Alle Betriebe hatten Material dabei, kein Wagen sei leer gekommen. „Und die DEG alles für Dach eG hatte als Bedachungshändler die Logistik übernommen und die Materialspenden der Industrie koordiniert. Schiefer, Fallrohre, Bitumen, bei dieser Hilfsaktion für die Flutopfer gab es keine Knappheit.“
Ohne Planung einfach machen
Dachdecker Zimmermann und sein Team waren den ganzen Tag im Einsatz. „Wir sind einfach durch die Straßen gefahren und hielten an, wenn es was zu tun gab. Mal haben wir ein Fallrohr ersetzt, mal ein Loch im Dach geschlossen, mal eine Notabdichtung gemacht.“ Dabei war der Kran sehr hilfreich, um Materialien nach oben zu bringen. „Wir wussten ja nicht, wie haltbar die Dächer sind und der Arbeitsschutz für unsere Mitarbeiter ist superwichtig“, sagt der ZVDH-Vize. Seine Devise: ohne vorherige Pläne einfach machen.
Im Einsatz als Dachdecker und Seelsorger
„Zudem waren wir irgendwie auch Seelsorger. Ich habe gemerkt, wie wichtig es ist, da zu sein und den Menschen zuzuhören. Die Geschädigten waren sehr dankbar für unsere Aufbauarbeit. Viele haben Angst, dass ihr Schicksal medial schnell wieder in Vergessenheit gerät“, sagt Zimmermann. Für die Kindergärten vor Ort hatte er zudem die Pixibücher und Malbücher zum Thema Dachdecker werden verteilt. Für ihn haben die Dachdecker mit dieser Hilfsaktion auf eindrucksvolle Weise gezeigt, was mit Mitgefühl und Taten ohne große Worte möglich ist.
Große Dankbarkeit bei den Geschädigten
Die Geschädigten waren dankbar für die ehrenamtliche Aufbauhilfe. So hing etwa an einem Haus in Altenahr-Kreuzberg ein Laken mit der Aufschrift „Danke“ an der Wand. Im Ort Mayschoß helfen die Dachdecker etwa Waltraut Schütz. „Ohne die Hilfe der Dachdecker kämen wir hier nicht durch diese Katastrophe“, sagte sie dem SWR. Dort stand das Elternhaus ihres Ehemannes bis zur Decke des zweiten Stockwerks unter Wasser. Die Familie, die dort lebte, musste nach der Flut mehrere Tage lang unter dem Dach auf die Evakuierung warten. Waltraut Schütz ist froh über die tatkräftige Hilfe der Dachdecker aus ganz Deutschland.
Bernd Krinninger ruft weiter zum Engagement auf
Auch der Dachdeckerverband ZVDH bedankt sich für diese unglaubliche Aktion, ins Leben gerufen von einem einzelnen Dachdecker, Bernd Krinninger. „Und dann meldeten sich nicht nur ein paar Betriebe, sondern über 100. Mit insgesamt rund 500 Mitarbeitern haben diese sich ohne zu zögern am 4. August aus dem ganzen Bundesgebiet auf den Weg ins Ahrtal gemacht, um zu helfen, übrigens ohne sich Material oder Arbeitsleistung bezahlen zu lassen“, heißt es in einer Mitteilung. Für Bernd Krinninger geht die Hilfsaktion weiter, wie er auch im aktuellen Dachdecker-Podcast erläutert. Über Facebook motiviert er Dachdecker, sich weiterhin zu engagieren, etwa dringend benötigte Fenster einzusetzen.
Hilfe für betroffene Dachdeckerbetriebe
Um auch den selbst von der Flut betroffenen Dachdeckerbetrieben zu helfen, haben der ZVDH sowie die Landesverbände Nordrhein, Westfalen und Rheinland-Pfalz Spendenkonten eingerichtet. Über die Mailadresse fluthilfe@dachdecker.de können sich betroffene Betriebe melden, aber auch Unternehmen, die helfen möchten. Auf einer zentralen Webseite sind alle Spendenkonten der Verbände aufgeführt. Zudem gibt es dort wichtige Informationen für betroffene Betriebe.
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