
Steigen die Krankentage bei Dachdeckern weiter an?
20. März 2025
Am Thema Krankentage scheiden sich die Geister. Steigen sie an und liegt ein zentraler Grund dafür in der Möglichkeit der telefonischen Krankschreibung? Jetzt hat die IKK classic eine Analyse der Fehlzeiten von rund 400 000 im Handwerk beschäftigten Versicherten mit Krankengeldanspruch für das Jahr 2024 vorgelegt. Demnach lag der Krankenstand im deutschen Handwerk im vergangenen Jahr mit 7,0 Prozent leicht über dem von 2023 mit 6,9 Prozent und damit im dritten Jahr in Folge über dem Stand der Jahre davor. Die durchschnittliche Krankheitsdauer ist hingegen von 12,7 auf 12,5 Tage gesunken.
Krankenstand im Handwerk auf hohem Niveau
Insgesamt fehlten 70,1 Prozent der Mitarbeitenden im Handwerk mindestens einen Tag aufgrund einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU), im Vorjahr waren es 70,3 Prozent. Die Zahl der Krankheitsfälle hat sich mit 2,1 pro Versicherten gegenüber 2023 mit 2,0 Krankheitsfällen leicht erhöht, während der Anteil der Langzeiterkrankungen von über 42 Tagen 2024 von 46,9 Prozent auf 47,6 Prozent anstieg.

Dachdecker sprechen von deutlichem Anstieg der Krankentage
Lässt sich aus diesen Zahlen nur ein minimaler Anstiegstrend ermitteln, scheint die Lage im Gewerk Dachdecker doch eine andere zu sein. So sprach Dirk Bollwerk, Präsident des Zentralverbands des Deutschen Dachdeckerhandwerks (ZVDH) im Zusammenhang mit dem Fachkräftemangel von einem „überproportional hohen Krankenstand“ im Jahr 2024. Und laut einer aktuellen Umfrage des Landesinnungsverbandes des Dachdeckerhandwerks Westfalen beobachten 70 Prozent der Betriebe einen Anstieg der Krankentage im letzten Jahr. Drei Viertel der Innungsbetriebe sieht die Ursache dafür in der telefonischen Krankschreibung, wie wir in DACH\LIVE berichteten. 32 Prozent schätzen die Steigerung sogar auf bis zu 30 Prozent. Fazit der Dachdecker Westfalen in einer Pressemeldung: „Die Hemmschwelle, sich krankschreiben zu lassen, sinkt.“
Krankentage im Bau und Ausbau leicht gestiegen
Näher kommen wir der Sache, wenn wir auf die Zahlen der IKK classic für die Gewerbegruppe Bau und Ausbau schauen, der auch die Dachdecker angehören. Hier hat sich 2024 der Krankenstand von 7,9 auf 8,1 Prozent erhöht. 2015 lag die Zahl noch bei 6,1 Prozent. Auch die Gesamtzahl der Krankentage ist hier deutlich höher als allgemein im Handwerk. Sie liegt 2024 bei 29,7 Krankentagen gegenüber 29 Krankentagen 2023. Das ist ein Krankentag mehr als im Vorjahr in der Gewerbegruppe Bau und Ausbau und damit eine leichte Zunahme. Größer ist der Anstieg, wenn wir zurückschauen auf 2015. Damals waren es nur 22,3 Krankentage.

Sieben Krankentage mehr als 2015
Das heißt, die Mitarbeiter fehlen den Betrieben heute sieben Tage mehr als vor neun Jahren, was einen signifikanten Rückgang an Produktivstunden bedeutet. Ob die Dachdecker im Vergleich zu anderen Gewerken im Bau und Ausbau noch häufiger fehlen, lässt sich nicht sagen, die Umfrage der westfälischen Dachdecker und die Aussage des ZVDH-Präsidenten bieten jedoch Indizien für diese These. Ein Plus an Krankentage könnte dabei mit dem demografischen Wandel in Zusammenhang stehen. Denn während im Jahr 1999 noch der Löwenanteil der gewerblichen Mitarbeiter im Dachdeckerhandwerk unter 40 Jahre alt war, ist es heute nicht einmal mehr die Hälfte. Und Dachdecker haben einen Beruf, der dauerhaft stark auf Muskeln und Gelenke geht.
Muskel- und Skeletterkrankungen sind die häufigste Ursache
Den größten Anteil an den krankheitsbedingten Fehlzeiten im Handwerk hatten 2024 mit 30,9 Prozent wieder die Muskel- und Skeletterkrankungen, 2023 waren sie für 31,1 Prozent der Krankentage verantwortlich. Die Atemwegserkrankungen lagen mit einem Anteil von 17,9 Prozent (2023: 18,7 Prozent) auch 2024 auf dem zweiten Platz der häufigsten Ursachen. An dritter Stelle folgten Verletzungen und Vergiftungen, auf die 14,7 Prozent der Krankheitstage entfielen, ein leichter Rückgang gegenüber 2023 mit 14,8 Prozent.

Zahl psychischer Erkrankungen steigt weiter
Die Zahl der psychischen Erkrankungen nahm auch 2024 weiter zu, sie waren für 14,2 Prozent der Krankschreibungen verantwortlich. Im Jahr davor lag der Wert bei 13,8 Prozent. Trotz dieses leichten Anstiegs sind HandwerkerInnen nach wie vor seltener von psychischen Erkrankungen betroffen als der Durchschnitt aller Versicherten der IKK classic, bei denen 17,3 Prozent, gegenüber 16,7 Prozent im Vorjahr, aller Krankheitstage auf diese Diagnose entfielen.
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