Susann Mai ist erste Obermeisterin in Brandenburg
28. September 2021
Auf der jüngsten Innungsversammlung der Dachdeckerinnung Brandenburg an der Havel/Belzig ereignete sich Historisches. Erstmals wurde mit der Diplom-Ingenieurin Susann Mai eine Frau an die Spitze der Innung gewählt – mit überwältigender Mehrheit. Mai ist Geschäftsführerin der Dachdeckerei Preusker, Mitgliedsbetrieb der Dachdecker-Einkauf Ost eG. Im Bundesland Brandenburg betritt damit eine Frau Neuland als Obermeisterin in einem männerdominierten Handwerk.
Obermeisterin verspricht volle Kraft für Innungsarbeit
In ihrer Eröffnungsrede versprach Obermeisterin Mai, sich genauso aktiv für die Interessen der Mitglieder zu engagieren wie der scheidende Obermeister Manfred Senst. Sie weiß, dass dies nicht einfach wird – zumal sie als Frau in diesem Handwerk oftmals mehrfach erklären muss, dass auch eine Frau diesen wunderbaren Beruf ausüben kann. Mai bedankte sich für den Vertrauensvorschuss der Mitglieder und versprach, in die Innungsarbeit so viel Kraft zu investieren wie in ihren Beruf.
Quereinsteigerin mit Bauingenieurstudium
Dass Mai Quereinsteigerin ohne Dachdeckermeistertitel ist, störte niemanden in der Innung. „Das hat auch nichts zu sagen, mein Bauingenieurstudium ist eine gleichwertige Qualifikation“, erläutert die neue Obermeisterin. Sie studierte in Weimar und machte ihren Abschluss noch vor der Wende. Der Vater führte damals die Dachdeckerei Preusker in der Stadt Brandenburg mit einem Gesellen. Nach 1989 entwickelte sich der Betrieb dann rasant und hatte in der Spitze bis zu 45 Mitarbeiter.
Im Jahr 1992 fragte der Vater seine Tochter, ob sie nicht einsteigen wolle. Sie wollte und begann, im Büro mitzuarbeiten, schrieb Angebote, stellte die Rechnungen und betreute erste Baustellen. „Ich hatte schon immer Interesse am Handwerk und habe auch keine zwei linken Hände“, erzählt Mai. Zudem war sie schon im Studium viel auf Baustellen unterwegs. Das spezifische Know-how für das Dachhandwerk hat sich Mai über die Jahre im Betrieb angeeignet, den sie als Geschäftsführerin seit 2012 alleine führt.
Die Tochter ist inzwischen Dachdeckermeisterin
Die Dachdeckerei Preusker ist ein Familienbetrieb, wie er im Buche steht. Der Vater kommt bis heute regelmäßig vorbei und kümmert sich als eine Art Hausmeister um den Fuhrpark. Die Mutter hilft bei Bedarf im Büro mit. Und Tochter Juliane ist 2009 ebenfalls eingestiegen und hat nach der Lehre noch die Dachdeckermeisterin gemacht. „Dass sie Dachdeckerin werden wollte, hat mich überrascht. Es gab nur eine Bedingung von ihrer Seite. Sie wollte die Ausbildung unbedingt bei mir im Betrieb machen“, sagt Susann Mai. Heute hat die Dachdeckerei Preusker acht gewerbliche Mitarbeiter. Um ein, zwei Gesellen würde die Obermeisterin ihr Team gerne noch aufstocken. Ein Auszubildender ist auch mit an Bord. „Der ist schon 21 Jahre alt und weiß, was er will“, erläutert Mai. Es passt also – da wächst eine neue Fachkraft heran.
Ehrenamt in der Innung ganz selbstverständlich
Neben der Führung des Betriebs noch ehrenamtlich in der Innung mitzuarbeiten, ist für Susann Mai ganz selbstverständlich. „Mein Papa war 1990 Gründungsmitglied, da habe ich eben sein Erbe angetreten. Sie startete gleich als Beisitzerin mit im Vorstand. Als jüngst der Obermeister Manfred Senst seinen Posten übergeben wollte, fand sich erst einmal kein Nachfolger. Doch Susann Mai ist keine, die Verantwortung scheut und sich lange überreden lassen muss. Denn eine oder einer muss den Job ja machen. Auch wenn sie die einzige Frau in der Innung ist, das Vertrauen der Mitglieder hat sie. „Die kennen mich ja auch schon lange genug“, sagt Mai. „Mit der Geschäftsführerin des Landesinnungsverbandes, Anke Maske, werde ich sicher auch weiterhin gut zusammenarbeiten.“
Freude an Ehrenämtern
So ein Ehrenamt ist für die Obermeisterin keine Last. „Ich mache das gerne. Es ist sehr schön, neue Leute kennenzulernen.“ So arbeitet sie auch noch immer im Vorstand des Leichtathletikvereins, obwohl die Kinder inzwischen erwachsen sind. Und bleibt da noch Zeit zum Abschalten? „Ich gehe abends gerne mit dem Hund spazieren.“ Und da ihr Mann als Bauingenieur für Tiefbau in einem anderen Betrieb arbeitet, wird zuhause über alles Mögliche, aber nicht mehr über die Arbeit gesprochen.
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