Andreas Pavel: Dachdeckermeister statt Bauingenieur
27. August 2024
„Ein Studium abzubrechen, wenn die innere Stimme etwas anderes sagt, ist richtig“, beginnt Andreas Pavel seine Geschichte. Der Weg des heutigen Dachdeckermeisters verlief geradeaus bis zur Fachoberschulreife. Dann allerdings führte die Route über ein paar Schleifen und erst nach dem Gesellenbrief wieder schnurstracks Richtung Erfolg.
Aber der Reihe nach: Geboren 1988, kam mit 16 planmäßig der klassische Realschulabschluss. „Das reicht nicht für eine gute berufliche Zukunft, damit kann man nicht viel werden, haben alle gesagt“, erinnert sich Andreas Pavel. Also hängte er noch das Fachabitur dran, das Zeugnis bekam er 2007 ausgehändigt. Damit konnte er schließlich fast alles studieren.
Bauingenieurstudium war nicht das richtige
Seine innere Stimme erzählte zwar bereits eine andere Geschichte, aber der Karriereplan stand fest, wenigstens das Umfeld hatte davon eine klare Vorstellung. Aus dem heimischen Krefeld führte der Weg an die Fachhochschule nach Aachen. Bauingenieur war das Studienfach. Doch mit der Vorstellung, irgendwann auf Baustellen mit Plänen in der Hand seine Zeit zu verbringen und Fachleuten vom Bau zu sagen, wie alles zu funktionieren hat, ohne selbst einen Nagel in die Wand schlagen zu können, wollte er sich nicht anfreunden.
Einst mit Uropas Dachdeckersachen gespielt
Dann holten ihn seine innere Stimme und die Erinnerungen ein. Andreas Pavel kommt aus einer Beamtenfamilie. Opa, Papa und Bruder sind oder waren im Staatsdienst. Doch bereits als Siebenjähriger hat Andreas Pavel mit Uropas Sachen gespielt, den er nie kennengelernt hatte. In der Garage lagen Dachdeckerwerkzeuge, wie eine Haubrücke und Schieferplatten. „Ich habe als Kind wie Uropa Dächer gebaut! Und eigentlich war es genau das, was ich immer machen wollte“, berichtet Andreas Pavel. „Scheinbar musste ich erst durch zwei Semester Studienerfahrung, um am ganzen Körper und vor allem im Herzen zu spüren, dass es das nicht ist.“
Nach der Dachdeckerlehre direkt an die Meisterschule
Es ging zurück nach Krefeld, wo er schon während der Schulzeit sein Schülerpraktikum in einem Dachdeckerbetrieb absolviert hatte. Dort durfte er noch einmal reinschnuppern und hat danach postwendend mit der Lehre angefangen. „Bei deiner Vorbildung kannst du die Ausbildung verkürzen“, stellte sein Lehrmeister fest und zwei Jahre später, im Juni 2010, gab es den Gesellenbrief. Schon im Oktober startete er am BBZ Mayen die Meisterschule in Vollzeit. Den Meisterbrief bekam er 2011 und fing an, sich zu bewerben.
Der schnelle Weg in die Selbstständigkeit
Weil ihm die Berufserfahrung fehlte, bewarb Andreas Pavel sich als Geselle. Doch schon nach wenigen Wochen spürte er nacheinander in zwei Betrieben, dass ein Geselle mit Meisterbrief nicht gern gesehen wird. Entweder-oder! Inzwischen war aber die innere Haltung gereift und das Bild im Kopf von der Berufung mehr als deutlich zu sehen. Ohne viel zu investieren, entschied sich Andreas Pavel zum Schritt in die Selbstständigkeit „aus der Garage heraus“, wie er es nennt.
Los ging‘s mit dem eigenen Namen als Marke, PKW, Leiter und Schmutzkübel hinaus in die Stadt, um zunächst kleinere Aufträge wie Dachreparaturen zu übernehmen. Noch im gleichen Jahr stellte er den ersten Praktikanten ein. Die Zahl der Aufträge wuchs, mit ihnen auch die Größe der Baustellen. 2012 bekam der erste Geselle einen Arbeitsvertrag und drei Jahre später, im Jahr 2015 waren es bereits fünf Mitarbeiter, die für das Unternehmen aufs Dach gingen.
Eine solide gewachsene Kapitalgesellschaft
Es dauerte nicht lange, dann kamen die ersten Industriekunden hinzu. Als das in Krefeld ansässige Chemieunternehmen Venator die ersten Aufträge an ihn vergab, wurde aus dem Einzelunternehmen die Andreas Pavel Dachdecker GmbH & CO. KG, Mitgliedsbetrieb der DEG Dach-Fassade-Holz eG. Wegen der Haftung räumt er ein, aber es klingt auch besser!
Heute, 13 Jahre nach der Gründung, beschäftigt Andreas Pavel acht Gesellen, zwei Dachdeckerhelfer, drei Auszubildende und eine Bürokraft. Auch die betriebswirtschaftliche Übersicht hat der Jungunternehmer stets bewahrt. Alles ist Stück für Stück entstanden und gewachsen. Jeder Verdienst wurde wieder investiert und nicht privat ausgegeben. Deshalb gibt es im Unternehmen kein Leasing und kaum Finanzierungen. „Ich bekomme in schlechten Wintern keine Angstzustände, weil Kredit- und Leasingraten drücken. Auch ein dickes Auto hat es nie gegeben. Wenn man den Sinn in seinem Leben entdeckt hat, dann bedarf es keiner Prestigeobjekte“, stellt Andreas Pavel klar und nüchtern.
Gründung einer Photovoltaik-Firma
Die energetische Dachsanierung im Steildachbereich ist inzwischen zu seinem Hauptgeschäft geworden. „Wir können innerhalb von 6 bis 8 Wochen Projekte vollständig abwickeln“, erläutert Andreas Pavel. Vor eineinhalb Jahren gründete er zusammen mit einem Elektromeister ein zweites Unternehmen, die soklar Photovoltaik GmbH. Weil bei Dachsanierungen zunehmend die PV-Anlage mit eingeplant wird und er so alles aus einer Hand anbieten kann.
Ehrenämter und ein erster Preis
Bei so viel Zielstrebigkeit und Leidenschaft für den Beruf bleibt es nicht aus, sich für den eigenen Berufsstand zu engagieren. Seit 2024 ist der 35-Jährige Obermeister der Dachdeckerinnung Krefeld und zudem bei den Junioren der Handwerkskammer (HWK) Düsseldorf im Vorstand aktiv. Vor einem Jahr erhielt er für seinen beispielhaften beruflichen Weg von der Stadt Krefeld den neu ausgelobten Hansheinz-Hauser-Preis. Zu Ehren des ehemaligen Handwerkers und späteren Bürgermeisters wird dieser von der Stadt Krefeld und der HWK Düsseldorf an Handwerker vergeben, die etwas Besonderes geleistet haben.
Mit 35 Jahren noch viele Ziele
Mit 35 ist natürlich noch lange nicht alles erreicht. Schon vor einigen Jahren hat Andreas Pavel in Krefeld seinen eigenen Betriebssitz gekauft, ständig erweitert, ein Büro und eine Kranhalle selbst gebaut. Jetzt ist eine weitere Halle geplant für mehr Lagerfläche und die Klempnerei. Der Betrieb wächst weiter und das kerngesund.
Im Handwerk ist eine erfüllte Karriere möglich
Das Schöne am Dachdeckerberuf ist für ihn, dass man ständig sieht, was man macht. „Ich brauche nur durch die Stadt zu fahren, nach oben schauen und durchzählen, wie viele Dächer unser Betrieb gedeckt hat. Ein schönes Gefühl“, berichtet Andreas Pavel. Ein bisschen Sendungsbewusstsein gehört dazu: „Ich möchte gerne ein Beispiel dafür sein, dass das Potenzial zum Studieren zwar in Ordnung ist, aber auch im Handwerk sinnstiftend genutzt werden kann. Eine – vor allem erfüllte – Karriere geht auch hier.“ Und einen Tipp hat er auch noch: „Vielleicht hilft es jungen Menschen, nach der Schule direkt den für sie richtigen Weg einzuschlagen, wenn das Ziel ist, sichtbar bleibende Werte zu schaffen.“
Sie interessieren sich für den Werdegang von Dachdeckern? Dann lesen Sie unsere Story über Dachdeckermeister Leon Hain, der für den hessischen Landesverband die Nachwuchswerbung organisiert.
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