Janina Wesemann: Handwerk war schon immer ihr Ding
9. November 2023
Jungs sagt man nach, sie träumten als Kinder davon, Lokführer oder Astronaut zu werden – um dann Jahre später einen ganz anderen Beruf zu erlernen oder ein Studium zu beginnen. Für Janina Wesemann war eigentlich schon im Kindergarten klar, dass sie Handwerkerin werden würde.
Verschiedene Praktika in unterschiedlichen Gewerken
Ganz anders als die meisten anderen Jugendlichen blieb sie genau bei diesem Vorsatz – übrigens ein guter Vorsatz, wie sich zeigen sollte – bis heute treu. Nach dem Abschluss der Realschule startete Janina Wesemann direkt durch ins Handwerk. Verschiedene Praktika absolvierte sie in den unterschiedlichsten Gewerken. Zum Glück auch als Dachdeckerin. Denn diesem Gewerk hält sie auch heute noch – und mit täglich wachsender Begeisterung – die Treue. Übrigens ohne jegliche familiäre Vorbelastung im „Gewerk ganz oben“.
Unterstützung von Familie und Lehrerin
Was sagten Freunde und Familie dazu, dass ein Mädchen partout ins Handwerk und dazu noch in ein „Männer-Handwerk“ gehen wollte? „Mach das, was dir Spaß macht“, war dazu der Kommentar der Familie. Wie schön wäre es bloß, wenn doch nur alle Mütter und Väter so vernünftig wären bei den Berufswünschen ihrer Kinder. So einfach könnte eine Lösung des Fachkräftemangels sein. Unterstützung gab es auch von der Klassenlehrerin: „Die war selbst mal als Architektin tätig und fand meinen Plan super, einen Bauberuf zu lernen“, erinnert sich die junge Gesellin.
Betriebswechsel nach der Ausbildung
Vor ihrer Ausbildung absolvierte Janina Wesemann noch ein einjähriges Praktikum im Dachdeckerhandwerk. „Sicher ist sicher“, meint sie heute. Und mit der Sicherheit, sich für den richtigen Beruf entschieden zu haben, startete Janina Wesemann 2019 ihre Dachdecker-Ausbildung bei einem Betrieb im westfälischen Lippe. Nach ihrem erfolgreichen Abschluss war ein Umzug 90 km nach Südwesten angesagt: zum Dachdeckerbetrieb Jedamzik in Olsberg, einem Schieferspezialisten.
Bock auf Schieferarbeiten
„Ich hatte einfach mehr Bock auf Schiefer“, begründet die heute 22-Jährige diesen Entschluss. Und damit ist schon klar, dass die Königsdisziplin des Dachdeckerhandwerks ihr Lieblingsdach ist. Der Westfalenpost erzählte sie in einem Interview: „Man muss jeden einzelnen Schieferstein individuell bearbeiten und mit einem Bogen versehen. Dabei muss man sehr genau arbeiten, damit es am Ende nicht zackig aussieht, wenn man daran hochguckt. Das macht mir sehr viel Spaß und ich freue mich, wenn ein Dach oder eine Wand gut gelungen ist.“ Generell fasziniert es Janina Wesemann, hoch auf dem Dach zu arbeiten – oft mit einer grandiosen Aussicht.
Entspannter Umgang mit männlichen Kollegen
Eine Frau in der Männer-Domäne Dachdeckerhandwerk – und dann noch in der höchsten Disziplin dieses Gewerks? „Doofe Sprüche kommen von den Kollegen nicht“, klingt bei ihr eher so selbstbewusst, dass sie solche Sprüche schon mal gar nicht zulässt. Etwas erstaunt sind aber manchmal einige der älteren Kunden-Semester: „Sie wollen da aber nicht etwa hoch gehen aufs Dach?“, ist die nicht selten gestellte Frage. „Aber das ist dann meist die Generation von Kunden, zu deren Zeit es einfach keine Frauen auf dem Dach gab“, meint Janina Wesemann lachend.
Meisterschule mit Unterstützung des Chefs geplant
Wie sieht sie eigentlich ihre Zukunft? Ist die Aussicht von ganz oben nur eine vorübergehende Perspektive für Janine Wesemann? „Der Meistertitel ist auf jeden Fall geplant“, steht für sie fest. „Bis dahin will ich noch viel Erfahrung sammeln.“ Arbeitgeber Daniel Jedamzik hat nichts gegen die Pläne zum weiteren Aufstieg auf dem Dach: „Mein Chef hat schon gesagt, dass er das voll unterstützt“, freut sich die engagierte Gesellin. Ihr gefällt auch, dass es im Betrieb inzwischen eine 4-Tage-Woche gibt. Daniel Jedamzik unterstützt seine 15 MitarbeiterInnen, bildet auch aus. Er will, dass seine Leute gerne bei ihm arbeiten – ein gutes Rezept gegen den Fachkräftemangel.
Hobby Fußball
Wer jetzt noch immer meint, das Dachdeckerhandwerk sei nichts für Frauen – für den hat Janina Wesemann gleich noch eine Überraschung parat. Auch in der Freizeit ist sie in einer Sportart engagiert, die eigentlich noch immer meist Männern zugeordnet wird: Sie spielt am liebsten Fußball.
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