Nina Weber: Im zweiten Anlauf zum Glück auf dem Dach
1. Februar 2022
Nina Weber fand ihren Weg zur Dachdeckerlehre erst im Anschluss an eine Ausbildung zur Versicherungskauffrau. In dieser war ihr klargeworden, wo es sie wirklich hinzog. Hoch hinaus an die frische Luft, um mit netten Kollegen im Dachhandwerk Neues zu schaffen.
Büroarbeit als Versicherungskauffrau zu eintönig
Nur wenige Dachdecker wären wohl in der Lage, für das Dach unter ihren Füßen auch eine Versicherungspolice auszustellen. Nina Weber, geboren in Wittlich, könnte das – zumindest in der Theorie. Denn bevor die heute 24-Jährige ihre aktuell kurz vor dem Abschluss stehende Lehre bei Berg Dach + Schiefer in Erden an der Mosel, Mitgliedsbetrieb der DEG Alles für das Dach eG, begann, fing sie nicht nur die Ausbildung zur Versicherungskauffrau an, sondern beendete sie auch. „Aber das wollte ich nicht machen“, blickt sie zurück. „Das war mir zu eintönig.“
Außendienst als Hoffnungsschimmer
Dabei gab es innerhalb der Versicherungsbranche lange einen Hoffnungsschimmer für sie: der Außendienst. Noch während der ersten Ausbildung hatte sie hier ihr zukünftiges Arbeitsfeld gesehen. Denn die ständige Arbeit im Büro sollte da bereits nicht mehr das berufliche Ziel sein. Doch als es dann so weit war und sie die Arbeit im Vertrieb mit Versicherungspolicen kennenlernte, wurde schnell klar: „Das hat mir gar nicht zugesagt.“ Spätestens hier begannen für Nina Weber die Überlegungen: Was kommt nach dem Abschluss? Ein vorzeitiger Abbruch sei für sie dabei nie infrage gekommen: „Was ich anfange, das ziehe ich auch durch“, sagt Nina Weber.
Ein privates Treffen führt zum Dachdecker-Praktikum
Eines Tages kam es dann zu dem im Rückblick wohl schicksalhaften Treffen mit Anne Katrin Berg, der Ehefrau von Markus Berg, dem Firmeninhaber ihres heutigen Ausbildungsbetriebes. „Wir kannten uns schon länger und sprachen über meinen Abschluss“, erzählt Nina Weber. Als Anne Katrin klar wurde, wie sehr Nina Weber nach einer Alternative suchte, bot sie ihr an, ein Praktikum als Dachdeckerin zu absolvieren.
Freunde und Eltern unterstützen den Berufswechsel
Die junge Frau ergriff die Chance und wenige Monate später begann auch schon ihre jetzige Ausbildung, die sie dank Einsatz und Vorerfahrung aus dem Praktikum auf zweieinhalb Jahre verkürzen konnte. Unterstützung beim Berufswechsel bekam Nina Weber nicht nur aus dem Freundeskreis, der sogleich angemerkt habe, dass Dachdeckerin viel besser zu ihr passe, sondern auch von ihren Eltern. „Mein Vater schreinert hobbymäßig und er hat vor allem, wenn ich ihm hierbei half, bemerkt, dass mir diese handwerkliche Richtung wohl eher lag.“
Verdienst als Dachdeckerin ist besser
Auch finanziell steht Nina Weber nicht schlechter da. „Wenn man die Provision bei meinem alten Job weglässt, dann werde ich bereits jetzt als Dachdeckerin besser bezahlt.“ Und was die Belastung angeht, würden sich beide Berufe wenig nehmen. „Müde macht beides, aber nach der Zeit auf dem Dach erhole ich mich schneller“, schätzt sie ein und bringt ein Beispiel für den Unterschied während der Arbeit. „Ein Großraumbüro kann ein unglaublich unruhiger, stressiger Ort sein. Das Einzige, was hingegen auf dem Dach laut ist, ist das Radio.“
Nina Weber schätzt die Teamarbeit
Zusätzlich zur handwerklichen Vielfalt auf dem Dach und am Werkstück genießt Nina Weber die Arbeit im Team. „Man ist nie alleine unterwegs und zudem immer an der frischen Luft.“ Und sie sieht sich als Frau auch körperlich nicht benachteiligt. „Früher war dies sicher ausschlaggebender, aber heutzutage ist Kraft nicht mehr entscheidend“, verweist sie auf die zahlreichen Hilfsmittel und Maschinen, die zur Hand sind und vor allem den Muskeln der Dachdecker beistehen. Dennoch treffe sie wenig andere Frauen – weder auf dem Bau noch in der überbetrieblichen Ausbildung. „Wir sind immer noch eine kleine Minderheit, aber man hört von neuen Klassen, in denen mehr Frauen sind.“
Dachdeckerin werden: Es braucht Mut
Es werden also von Jahrgang zu Jahrgang langsam mehr. „Man muss sich nur trauen“, spricht Nina Weber ihren vielleicht baldigen Kolleginnen, die den Schritt in den Beruf nur noch nicht gewagt haben, Mut zu. Doch leider erlebe auch sie immer mal wieder arg altmodische Denkmuster bei älteren und sogar jüngeren Männern. „Das ist schade, aber es lohnt sich, sich dem als Frau entgegen zu stellen, denn der Job ist toll.“ In ihrer Freizeit spielt Nina Weber als Stürmerin Fußball in der Kreisklasse. Auch hier ist es vor allem die Bewegung an frischer Luft und in netter Gemeinschaft, was den Ausschlag gibt.
Meisterschule erst nach Praxisjahren als Gesellin
Bereut hat Nina Weber ihren Wechsel aufs Dach nicht: „Nach zweieinhalb Jahren weiß ich, dass dies die beste Entscheidung war, die ich hätte treffen können.“ Sie wird nach der alsbald abgelegten Prüfung erst einmal als Gesellin arbeiten. „Ich habe darüber nachgedacht“, antwortet sie auf die Frage nach einer vielleicht demnächst anstehenden Meisterschulung. „Und ich werde das angehen, aber erst mal möchte ich ein paar Jahre Erfahrung im Beruf sammeln.“
Traumberuf im zweiten Anlauf
Denn vor allem die Vielseitigkeit der Arbeit als Dachdeckerin reizt sie Tag für Tag und lässt kaum eine Arbeitsschicht vergehen, ohne dass sie etwas Neues gelernt hat. So bleibt es bei der Theorie, nebenbei noch Versicherungspolicen zu verkaufen. „Auch wenn ich es könnte, ich werde in Zukunft weiter lieber Dächer decken als sie zu versichern“, freut sich Nina Weber auf hoffentlich viele Jahre in ihrem im zweiten Anlauf gefundenen Traumberuf.
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