Jochen Schmidt: Der Weinexperte vom Dach
19. Dezember 2023
Von den Folgen der menschgemachten Klimaerwärmung profitieren eigentlich das Dachdeckerhandwerk ebenso wie die Liebhaber guter Weine: Das Dachdeckerhandwerk kümmert sich um Hitzeschutz im Dachgeschoss und erneuerbare Energien zur Reduzierung des Temperaturanstiegs in der Umwelt. Und die Kenner eines guten Tropfens freuen sich über die mögliche Ausdehnung guter und vielleicht sogar neuer Weinbaugebiete für wärmeliebende Sorten wie Syrah und Chenin Blanc.
Den eigenen Riesling angebaut
Der Dachdeckermeister und Mitinhaber von Molitor-Bedachungen GmbH in Eltville im Rheingau, Jochen Schmidt, hat hier gleich doppelten Nutzen. Denn er ist nicht nur auf dem Dach, sondern auch auf den obersten Sprossen der Weinleiter angekommen. Bereits 2020 berichtete Dach\Live, wie der heute 42-jährige Dachdeckermeister, eher durch eine Urlaubslaune, zum Weinbau gekommen ist. Mit seiner damaligen Lebensgefährtin Stephanie Ullrich gründete er die Roof and Wine GbR. Mit 860 Flaschen des eigenen guten Rieslings startete der Dachdeckermeister seine Weinkarriere.
Erfolgreiche Prüfung zum Sommelier
Inzwischen hat er die Prüfung zum Sommelier am Internationalen Weininstitut in Ahrweiler erfolgreich abgeschlossen. „Ich will mich irgendwie immer weiterentwickeln. Stillstand gibt’s bei mir nicht, glaube ich“, gibt Jochen Schmidt zu. „Ich habe den Meister im Dachdeckerhandwerk, den Betriebswirt und den Energieberater absolviert – aber die Ausbildung zum Sommelier war das Heftigste.“
Dennoch bereut er das neunmonatige Fernstudium mit mehreren Präsenzterminen am Weininstitut im Ahrtal nicht. Für ihn war es nicht nur ein „Zeitfüller“ zu Corona-Zeiten, sondern eine Herzensangelegenheit. Jochen Schmidt ist durch seine damalige Partnerin und Inhaberin der Gutsschänke „Klerner Erben“ in Walluf im Rheingau im wahrsten Sinne des Wortes auf den Weingeschmack gekommen.
Türen zur Weinwelt öffnen sich nur langsam
Auch wenn ihm die Möglichkeit zum Sommelier-Abschluss an der Industrie- und Handelskammer mangels gastronomischer Vor- und Ausbildung verwehrt war: Jochen Schmidt blieb hartnäckig und bewarb sich am Internationalen Weininstitut. Dabei leistete er echte Überzeugungsarbeit, um für das Studium angenommen zu werden. „Meine Vorgeschichte mit dem eigenen Wein aus dem Weinberg des Bruders meiner damaligen Partnerin öffnete mir schließlich die Türen zur großen Weinwelt“, freut sich Jochen Schmidt noch heute.
Marathon in Sachen Weinkenntnisse
Was folgte, war ein Marathon in Sachen Weinwissen. „Da musst du über alle Weinbaugebiete weltweit eigentlich alles wissen“, erzählt der Dachdecker- und „Weinmeister“. „Pro Anbaugebiet weltweit sind so rund 30 Seiten geballte Informationen über Klima, Rebsorten, Anbauarten und Charaktere der Weine zu lernen.“ Wie gesagt, nicht etwa als gesamter Lernstoff, sondern pro Land, in dem irgendwo auf der Welt Wein angebaut wird. Macht zusammen einige Hundert Seiten Lernstoff.
Herzensangelegenheit ja – aber kein Beruf
Langeweile kam also ein gutes dreiviertel Jahr abends und an den Wochenenden bei Jochen Schmidt nicht auf. Doch auch mit der Urkunde für die erfolgreiche Ausbildung zum Sommelier in der Hand wird er seinen Beruf nicht wechseln. „Vielleicht werde ich mich als Rentner noch mehr in der Weinberatung für die Gastronomie engagieren – aber ein neuer Beruf wird’s nicht“, stellt der Dachdeckermeister klar. Dennoch kennen auch schon heute viele seiner Kunden der Molitor-Bedachungen, die er gemeinsam mit Cornelis Schreijer führt, seine zweite Leidenschaft neben dem Dach. „Gerade kürzlich habe ich wieder mal eine Magnum Champagnerflasche beim Richtfest mit dem Schieferhammer geköpft“, so Schmidt lachend.
Die Sektflasche köpfen mit dem Schieferhammer
Eine echte Leidenschaft, wie es scheint. Auch zum Abschluss der Schieferarbeiten in der MM-Sektkellerei von Mumm und Rotkäppchen köpfte Schmidt die Sektflasche mit dem Schieferhammer – anstatt mit dem Säbel, wie es eigentlich Tradition ist beim sogenannten Sabrieren. Und das termingerecht zum deutschen Sekttag im Mai.
„Weinaffin“ ist laut Jochen Schmidt auch sein Mitinhaber und Dachdeckermeister Cornelis Schreijer. Und so übernimmt Molitor-Bedachungen, Mitglied der DEG Alles für das Dach eG, erstmals die Rolle als Sponsor in diesem Bereich, beim Rheingau Gourmet & Wein Festival in Eltville 2024. Und vielleicht wird man ihn als Dach- und Weinkenner sogar ab 5. Februar auf der Messe Dach+Holz 2024 in Stuttgart sehen, deutet Jochen Schmidt schon mal augenzwinkernd an.
Weinwanderungen und Schnitzeljagden
Auch Weinwanderungen und Schnitzeljagden in der weiterhin intensiven Zusammenarbeit mit der Gutsschänke „Klerner Erben“ durch und in den Weinbergen im Rheingau gehören zum Portfolio des Sommeliers Jochen Schmidt. Auch für Kolleginnen und Kollegen anderer Dachdeckerbetriebe bietet sich das geballte Fachwissen rund um Dach und Wein von Jochen Schmidt an für Firmenevents und Betriebsausflüge. Auf dem Geschmack sind ebenso bereits Hersteller der Bedachungsbranche gekommen. Bereut er es da eigentlich, damals durch ein Praktikum im Dachdeckerhandwerk anstatt im Winzerhandwerk gelandet zu sein? „Nein niemals,“ so die spontane Antwort.
PV-Anlagen am Weinhang – vielleicht kombinieren
Da liegt doch gleich eine weitere Frage nahe: Wenn sich ein Weinberg durch seinen Südhang geradezu anbietet für Photovoltaik – was hätte bei ihm als Dachdecker und Sommelier Vorrang? Jochen Schmidt braucht für die Antwort keine Sekunde Bedenkzeit: „Die Rebe gehört dahin.“ Und dann denkt er doch noch kurz nach. „Vielleicht könnte man ja künftig beides kombinieren…?“ Nichts scheint unmöglich für Jochen Schmidt. Das beweist er mit seiner gelungenen Kombination der Themenbereiche Dach und Wein immer wieder. Dachdeckerhandwerk und Weinliebhaberei scheinen große Schnittmengen zu haben.
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