Dachdecker schreinert besondere Möbelunikate aus Massivholz
11. März 2021
Mit dem Beruf des Dachdeckers verdient er sein Geld für sich und seine vierköpfige Familie. Der Bau von Möbel-Unikaten aus Massivholz ist sein Ventil nach Feierabend, wie er selbst bestätigt.
„In dem Moment, als ich einen Bekannten in seiner coolen Dachdecker-Kluft traf, war für mich klar, das ist mein Beruf!“, erinnert sich Davor Obradovic aus der Nähe von Bielefeld. Und noch in der Schulzeit befasste er sich immer intensiver mit diesem Handwerk. „Je mehr ich mich mit dem Beruf befasst habe, desto begeisterter war ich.“
Dachdecker hat was von Freiheit und Abenteuer
Was sagten denn seine Eltern damals dazu, dass der Sohnemann eine Karriere ganz oben starten wollte? „Meine Mutter war eigentlich einfach froh, dass ich einen Ausbildungsplatz hatte“, lacht er. Und er gibt zu, dass der Dachdecker-Beruf für ihn bis heute ein bisschen den Beigeschmack von Freiheit und Abenteuer hat. Im Gespräch mit Davor Obradovic wird schnell klar: Der Mann liebt (und lebt) seinen Beruf wirklich.
Daran hat sich auch nichts geändert seit einer Baustelle an den eigenen vier Wänden vor gut zwei Jahren. „Wir haben da ein größeres Umbauprojekt an unserem Haus gehabt“, so der Dachdecker-Geselle Obradovic. „Nach der Fertigstellung standen wir im Garten und dachten, dass uns nun eigentlich nur noch eine schöne Massivholz-Gartenbank fehlt.“
Massivholz-Gartenbank als erstes Schreinerobjekt
Für Davor Obradovic war das so etwas wie der Zündfunke. Nach Feierabend suchte er im Internet und fand schnell ein YouTube-Video zum Bau einer dreisitzigen Massivholz-Gartenbank. Genau an der wollte er sich versuchen, denn das, was Bau- und Gartenmärkte zu bieten hatten, war „einfach nur einfach“, so Obradovic.
Der Versuch ist geglückt: Die ganze Familie war vom Ergebnis so begeistert, dass gleich noch ein Tisch und zwei Stühle auf der To-Do-Liste des dachdeckenden Hobbyschreiners und -designers hinzukamen. Bei Davor Obradovic stieg die Holz-Fieberkurve steil an. „Über unserer Garage war noch der Speicherraum frei“, erzählt er und lacht. „Das heißt, eigentlich war er gar nicht frei, sondern eine beliebte Abstellkammer.“ Der Dachspeicher war erst wieder leer, nachdem die dritte Container-Mulde gut gefüllt zum Wertstoffhof ging.
Feine Werkstatt im Dachboden des eigenen Hauses
Nach und nach richtete Dachdecker Obradovic hier seine Schreinerwerkstatt ein, in der er semiprofessionell arbeiten konnte: Der Holzwurm hatte ihn infiziert. Kaum ein Feierabend vergeht, an dem er nicht – noch in Dachdeckerarbeitskleidung – direkt in seine Holzwerkstatt geht, „manchmal sogar, ohne vorher zu Abend zu essen“. Für Obradovic ist das ein Ausgleich zu seiner Alltagsarbeit. Abschalten per Einschalten von Kreis- und Kappsäge, Hobel und Oberfräse.
Komponieren und Bauen mit Holz
Was dann in praktisch jeder freien Minute entsteht, dürfte auch so manchen gelernten Schreiner oder studierten Designer ein „Oh“ und „Na, hallo“ entlocken und ist auf seinem Instagram-Account @woodciller (= Holzfäller) zu bestaunen. Aus dem ehemaligen Speicherraum ist eine Designer- und Schreinerwerkstatt geworden.
Gab es auch eine Hobby-Zeit vor der Holz-Zeit? „Klar, da habe ich zum Abschalten Musikstücke am PC komponiert“, berichtet Obradovic, als wäre das schon in einem anderen Leben gewesen. „Beim Arbeiten mit Holz vereine ich eigentlich beide Interessen – ich komponiere etwas und baue es dann.“
Feuertisch ist der Stolz der ganzen Familie
„Respekt übrigens an meine Frau“, gibt er ganz offen zu. „Ich hatte ihr gestanden, dass ich eine neue Liebe gefunden habe – Holz“, lacht er. Seine Frau weiß, dass er hier ein gutes Ventil zu seiner Arbeit als Dachdecker gesucht und gefunden hat. Und sie kann sich auch über die Realisierung seiner Ideen ganz praktisch mitfreuen. Auf seinen „Feuertisch“ ist die ganze Familie stolz. Bis heute ist der rustikale Tisch mit zentraler Feuer- und Grillstelle Obradovics Vorzeigeobjekt. Außerdem ist der Holzwurm offenbar bereits auf seinen vierjährigen Sohn übergesprungen: „Der hat in meiner Werkstatt auch schon seine kleine Heimwerkerecke eingerichtet.“
Holz kommt direkt aus der Region
Jetzt kommt die Frage, die jedem Klimaschützer auf der Zunge brennt: Mit was für Hölzern arbeitet Davor Obradovic eigentlich? Doch nicht etwa mit Tropenhölzern à la Teak, Meranti, Bongossi oder Abachi? „Nee, wozu denn? Wir haben hier doch genug schönes Holz.“ Das bezieht er von einem Holzhändler in der Nähe, „den musst Du Dir vorstellen wie die berühmten TV-Schrotthändler Ludolfs“. Und der Westfale erzählt nicht ohne Stolz weiter: „Ich weiß praktisch, wo der Baum gestanden hat, dessen Holz ich verarbeite.“
Dachdecken ist sein Leben – Schreinern sein Ventil
Wäre das eine Option für ihn, eines Tages vom Dach herunter zu kommen und nur noch Schönes aus Holz zu machen? Seine Antwort kommt nach ein paar Sekunden Bedenkzeit: „Mit 40 Jahren eigentlich zu spät, da noch mal neu anzufangen – aber vielleicht auch nicht?“ Doch Davor Obradovics Chef Sascha Kloss von Philipp Haustechnik in Bielefeld kann ganz beruhigt sein. „Die vergleichsweise grobe Arbeit des Dachdeckens ist irgendwie doch mein Leben – und das filigrane Designen und Schreinern mein Ventil.“
Sie wollen mehr lesen über Dachdecker und ihre Hobbys? Wir haben eine Story gemacht über einen Dachdecker, der auch Wein anbaut.