Älteres Schieferdach: Warum eine Neueindeckung Sinn macht
16. Juni 2020
Für Markus Berg ist der Gewinn des Bundespreises für Handwerk in der Denkmalpflege 2020 noch einmal eine Bestätigung für den seit der Betriebsübernahme 2013 eingeschlagenen Kurs. Denn mit seinem wachsenden Team von aktuell sechs Mitarbeitern hat sich der Dachdeckermeister und Betriebswirt im Handwerk vor allem auf historische Dächer in Naturschiefer spezialisiert.
Und das hat sich längst herumgesprochen bei den wichtigen Akteuren der Branche – den Denkmalpflegern und der Industrie im Bereich Schieferdach. Berg selbst hatte zwischendurch einige Jahre im Vertrieb beim Hersteller Schiefergruben Magog gearbeitet. Und über die Industrie kam er dann auch in Kontakt mit den Eigentümern der Villa Micka in Saarbrücken-Dudweiler, Heike Przybyl und Mark Duance. Für die Neudeckung des aufwändigen Schieferdachs erhielt Markus Berg in Zusammenarbeit mit Zimmerer Henning Lühmann die Auszeichnung in der Kategorie Handwerkerpreis.
Schieferdach Villa Micka: Jede Art von Kehle war dabei
Als die neuen Eigentümer die Villa erwarben, war sie in einem sehr schlechten Zustand. Nur dem Idealismus der jungen Eigentümer ist es zu verdanken, dass das malerische Kleinod des Jugendstils erhalten werden konnte. „Die beiden haben wirklich Leidenschaft für das alte Gebäude entwickelt und wollten die historische Deckung wiederherstellen“, berichtet Berg, der das Projekt allein mit seinem Dachdeckerhelfer in einem halben Jahr realisierte. Ein Projekt, ganz nach seinem Geschmack, weil es sich um ein aufwändiges Schieferdach handelte.
„Nur Fläche machen gab es eigentlich gar nicht, im Gegenteil. Es ging immer von Kehle zu Kehle. Und wir hatten fast jede Art von Kehle dabei, eingehende und ausgehende Wangenkehlen, rechte und linke Hauptkehlen und eine Wechselkehle.“ Da war alles drin in diesem Schieferdach, Gauben und ein Zwiebelturm. Das Ganze wirkt von oben wie ein schönes Mosaik aus vielen verschiedenen Dachbereichen. „Jeder Stein ist gehauen, wir haben 40 Steine auf den Meter verlegt. Der Zwiebelturm ist mit 22er Schuppen und an der Seite mit einer Wechselkehle gedeckt“, erläutert Berg. Die Eigentümer scheuten keinen Aufwand für den Erhalt. „Das ist für sie eine Lebensaufgabe.“ Der dreigeschossige Jugendstilbau wurde von 1906 bis 1912 erbaut.
Schieferdach bietet lukrative Sanierungsaufträge
Wie bei der Villa Micka sind viele Auftraggeber Privatleute, hinzu kommen öffentliche Aufträge oder solche für Kirchen. Da ist er mit seinem Team auch öfter mal auf Montage unterwegs. „Montag bis Donnerstag, damit meine Leute wenigstens ein langes Wochenende haben“, erklärt Berg. Da geht es vom Firmensitz im rheinland-pfälzischen Erden an der Mosel nach Mönchengladbach oder Kassel und demnächst auch nach Stuttgart. Wieder über Empfehlung hat Berg dort vom Staatsministerium in Stuttgart den Auftrag für eine historische Schieferdach-Sanierung erhalten. „Den habe ich in Zeiten von Corona gerne angenommen wegen der Auslastung, auch wenn wir weit fahren müssen.“ Es ist ein Zwiespalt für Berg, der Vater zweier kleinerer Söhne ist. Die möchte er natürlich auch in der Woche sehen. Doch auf der anderen Seite stehen die lukrativen Sanierungsaufträge. „Schiefer ist für uns einfach lukrativer als eine normale Ziegeleindeckung.“
Spezialisierung Schieferdach lockt qualifizierte Fachkräfte an
Und wegen Schiefer kommen auch neue Fachkräfte gerne zu ihm. Denn mal eben 400 Quadratmeter mit Fledermausgauben eindecken, das geht nur noch in ganz wenigen Betrieben. „Ich freue mich sehr über meine super Mitarbeiter, die richtig was auf dem Kasten haben“, sagt Berg. Eine junge Frau als Auszubildende ist auch dabei, ein zweiter Lehrling ist auch schon in Sicht. Ehefrau Anne-Katrin Berg ist die Chefin im Büro, hoch qualifiziert wie ihr Mann. Sie hat im BBZ Mayen die Weiterbildung Managerin im Dachdeckerhandwerk absolviert.
Um seinen Leuten das Arbeiten zu erleichtern und die Abläufe effektiver zu machen, gehören inzwischen zwei Kräne zur Ausstattung. Wichtig ist Berg zudem, dass er seit 2020 Mitglied im bundesweiten Netzwerk Top 100 Dachdecker ist. „Ich konnte allerdings wegen Corona bislang noch an keinen Treffen und Schulungen teilnehmen.“
Seit der Übernahme Mitglied der DEG Alles für das Dach eG
Seit der Betriebsübernahme ist Berg Mitglied bei der DEG Alles für das Dach eG und wird über deren Niederlassung in Trier betreut. Wichtig ist ihm der persönliche Draht. „Der Vertriebsmitarbeiter Michael Forster hat damals gleich mit mir Kontakt aufgenommen. Ich kaufe 90 Prozent meines Materials über die DEG, die auch den Schiefer für die Villa Micka geliefert hat.“ Interessant ist, dass da häufig auch mal Aufträge dabei sind, wo Markus Berg als Subunternehmer agiert. „Das sind dann örtliche Dachdecker, die etwa einen Auftrag von der Kirche für die Dachsanierung erhalten. Die machen alle anderen anfallenden Arbeiten, haben aber nicht das Know-how für Schiefer. Mit meinem Team übernehme ich die Neueindeckung.“ Ein Auftrags-Sharing, von dem beide Seiten profitieren.
Schieferdach für die Kirche im eigenen Dorf
Doch bei seinem aktuellen Projekt ist Berg natürlich selbst Auftragnehmer. Das ist Ehrensache, denn es betrifft die Kirche im eigenen Dorf. „Das sah erst mal nur nach einer kleinen Kirche aus, aber auch die kann kompliziert sein. Hier sind alle Schwierigkeitsgrade der Schieferdeckung drin. Läuft also alles hervorragend für den Betrieb oder gibt es doch auch Wolken am Horizont? „Ich hoffe, dass ich für dieses Jahr genug Naturschiefer für meine Projekte geliefert bekomme“, sagt Berg. „Wegen Corona ist etwa in Spanien die Produktion gerade unterbrochen.“ Mal sehen, was da die nähere Zukunft bringt – generell ist sein Betrieb mit der Nische Schieferdach sehr gut am Markt positioniert.
Sie interessieren sich für das Thema Schieferdach? Dann lesen Sie unseren Artikel über ein cooles, modernes Bauprojekt des Betriebs Klemens Ott.
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