Azubis fertigen neues Schieferdach für historisches Gebäude
10. März 2020
Das historische Schweizer Haus, zweitgrößtes Gebäude mitten im großen Bremer Bürgerpark und Wohnsitz des Parkdirektors, hat ein neues Schieferdach bekommen. Eine Herausforderung für den ausführenden Betrieb Schmidt Bedachungs GmbH aus der Bremer Neustadt, denn das Haus steht unter Denkmalschutz. Das verklinkerte Ensemble mit Satteldach und dem romantisch geschmückten Holzgiebel wurde 1872 in der Epoche des Historismus gebaut, im Stil eines Almhofs in den Schweizer Bergen. Nach der letzten Modernisierung in den 1990er Jahren war die Dachkonstruktion inzwischen wieder schadhaft geworden.
Ein Abriss des alten Daches sowie die Sanierung des Untergrunds wurden notwendig. Danach waren rund 200 Quadratmeter Dachfläche mit hochwertigen Schiefer-Schindeln neu einzudecken. „Hier ist stilgerecht eine spezielle Schiefer-Rechteck-Doppeldeckung mit passenden Winkeln, Traufen und Abschlüssen erforderlich“, erklärt Dachdeckermeister Norman Kwast. Das besondere Material wurde extra aus deutschen Magog-Schiefergruben im Sauerland beschafft und vom Dachdecker-Einkauf Nordwest direkt zur Baustelle geliefert.
Neues Schieferdach: Projektwochen für junge Auszubildende
Auftraggeber für die Dacharbeiten ist der gemeinnützige Bürgerparkverein. Ausgehend von positiven Erfahrungen mit ähnlichen Projekten aus den letzten Jahren hatte der ausführende Betrieb Schmidt angeregt, gemeinsam mit der Berufsschule an der Alwin-Lonke-Straße hier wieder eine Lehrbaustelle für Auszubildende im Dachdeckerhandwerk einzurichten. Denn mit den Dachsanierungen am Gerdes-Pavillon der Meierei sowie am Betriebshof und der Schlosserwerkstatt gab es bereits 2015 und 2017 kooperative Lehrbaustellen im komplett mit privaten Spenden finanzierten Bürgerpark.
„Jetzt erhielten wir also erneut die einmalige Chance, Theorie und Praxis mit einer konkreten Projektaufgabe zu verbinden. Das wäre für uns im normalen Schulalltag gar nicht machbar“, sagt Berufsschullehrerin Vera Linke. So arbeiteten in der letzten Februarwoche täglich jeweils fünf Dachdecker-Lehrlinge des zweiten Ausbildungsjahres auf der Baustelle. Sie werden in verschiedenen Bremer Meisterbetrieben ausgebildet und konnten hier unter fachlicher Anleitung die Details einer Schiefer-Dachdeckung kennenlernen, die sonst in der norddeutschen Region eher selten vorkommt.
„Mit Schiefer arbeite ich zum ersten Mal. Es gibt sogar eine kleine Schneidemaschine, um die Schindeln exakt zu formatieren“, freut sich Azubi Maik Ueckert. Auch zwei weibliche Auszubildende waren oben auf dem Dach des Schweizer Hauses dabei. So arbeitete etwa am Donnerstag Anna Steinhagen zusammen mit ihrem Kollegen Manuel Friederichs am perfekten Einbau der modernen Dachflächenfenster in das Schieferdach.
Neues Schieferdach: Ganzheitliches Lernen und Unterricht und Praxis
Nach Angaben der Berufsschullehrerin umfasste das Projekt insgesamt drei Blockwochen „mit höchst möglichem Lerngewinn“. Zunächst wurden im Schulunterricht theoretische Grundlagen vermittelt.
Es galt die Dachausführung zeichnerisch und rechnerisch zu planen und die Lehrkräfte erklärten Montagemöglichkeiten mit Haken, Nägeln und Schrauben. Das Vorgehen sei dabei ganzheitlich gewesen, auch der Deutsch- und Politik-Unterricht waren eingebunden, versicherte Vera Linke.
So lernten die 26 jungen Dachdecker, wie der Bürgerpark in Bremen eigentlich entstand und wie heute die Verwaltung und Finanzierung der mehr als 200 Hektar großen Parkanlage mit den historischen Sehenswürdigkeiten funktioniert. In der letzten Blockwoche folgt nun schließlich die gemeinsame Bewertung aller Ergebnisse aus der Lehrbaustelle, um einen Aufsatz für das Berichtsheft zu schreiben. Währenddessen werden draußen vor Ort die weiteren Arbeiten am neuen Schieferdach von den Fachhandwerkern der Firma Schmidt vollendet.
Alle Beteiligten profitieren von der Lehrbaustelle Schieferdach
Die Lehrbaustelle wird von allen Beteiligten als eine Win-Win-Situation empfunden. Nicht zuletzt durch die Tatsache, dass der wirtschaftliche Gegenwert, den die Auszubildenden erarbeiten, über den Betrieb Schmidt an den Bürgerparkverein als Spende zurückfließen kann. Das Ziel des kooperativ von Schule und Dachdeckerbetrieben durchgeführten Unterrichtsvorhabens sei auf die qualitative Verbesserung der Ausbildung von späteren Fachkräften gerichtet. Auch Bürgerparkdirektor Tim Großmann begrüßt das Projekt, denn es passe zu dem Motto, welches auf einer Tafel am Schweizer Haus steht: „Was Bürgersinn uns schaffen kann, dies Haus hier zeigt es Jedermann…“
Sie interessieren sich für interessante Ausbildungsprojekte? Dann lesen Sie unseren Artikel über den bundesweit ersten Ausbildungs-Campus für Dachdecker.