Klimawandel: Dächer fit machen gegen Sturm und Hitze
27. Juni 2019
Es klingt schon fast paradox, an einem 30. April bei sieben Grad Celsius ein Interview über den Klimawandel zu machen. Im Laufe des Gesprächs mit dem Diplom-Meteorologen Frank Bandle wird es aber, gefühlt, 30 Grad heiß. „Auch wenn am 12. Dezember 2015 gleich 195 Nationen das Pariser Klimaschutzabkommen mit einer Obergrenze von 1,5 Grad in Sachen Erderwärmung unterzeichnet haben. Wir haben schon jetzt ein Grad zugelegt. Und die nächsten 0,5 Grad werden wir in vier bis fünf Jahren überschreiten“, sagt der Gründer und Geschäftsführer des Wetterservices Weather365 im oberbayerischen Mintraching. Frank Bandle ist Meteorologe und kein Dachdecker. Aber als „Wetterfrosch“ weiß er nur zu gut, dass wir morgen nicht mehr so Dächer bauen und sichern können, als gäbe es keine Hitzewellen und Extremniederschläge.
Klimawandel: Sturmsicherheit von Dächern verbessern
Für Bandle ist klar, dass die Wasserabführung auf den Dächern wird angepasst werden muss. Das gilt auch für die Sturmsicherheit. Denn Reparaturen nach Unwettern und Stürmen wie Friederike sind zwar lukrativ für Dachdecker, aber teuer für die Kunden. Da gilt es zukünftig präventiv bessere Lösungen zu finden. Der Druck zum Umdenken wächst auf jeden Fall. „Was heute als Jahrhundertregen oder Jahrhundertsturm bezeichnet wird, ist morgen der Jahrzehntregen oder -sturm“, benennt Bandle nüchterne Fakten. Und dabei solle man sich nicht von Wetterstatistikern täuschen lassen. Auch wenn das Jahresmittel an Niederschlägen nahezu unverändert ist, kann es dennoch Extremwetterlagen enthalten: Größere Niederschlagsmengen in kürzerer Zeit werden zum Alltag gehören.
Also trifft die Prognose zu, dass wir einen heißeren und trockeneren Sommer erleben werden als im vergangenen Jahr? „Das ist wenig seriös. Zuverlässige Wetterprognosen können für maximal 5 bis 6 Tage gestellt, zudem vielleicht noch Vier-Wochen-Trends errechnet werden. Was über diese Zeiträume hinweg geht, ist eine 50:50-Prognose, also unbrauchbar für seriöse Voraussagen.
Meteorologe greift auf 40.000 Wetterstationen weltweit zu
Bandle hat bereits in den 80er Jahren eigene Berechnungsmodelle entwickelt und entwickelt sie bis heute permanent weiter. Dafür kann er auf die Messdaten von rund 40.000 Wetterstationen weltweit zugreifen, davon allein über 1.000 in Deutschland. In der teuersten Version seiner Datenpakete wird neben Wind, Niederschlag, Temperatur und Luftfeuchte auch die Strahlungsintensität in Watt pro Quadratmeter erfasst. Die Messungen erfolgen im 5-Minuten-Takt, die Übertragung per WLAN und den lokalen Internetanschluss oder über Mobilfunk zu seinen lokalen Servern ebenfalls im 5-Minuten-Takt.
Wetterservice für Dachziegelhersteller Creaton entwickelt
„Jede noch so kleine Region ist eine eigene Biosphäre, die unterschiedlich auf die einzelnen Einflüsse wie Wind, Luftfeuchtigkeit und Temperatur reagiert“, erklärt der Wettermann. Und je feinmaschiger das Netz der Zugriffspunkte ist, desto regionaler ist seine treffende Prognose. Das ist seine Stärke, auf die nicht nur die Landwirtschaft oder ganze Schifffahrtslinien weltweit setzen. Bereits Anfang des neuen Jahrtausends hatte er einen eigenen Wetterservice für den oberbayerischen Dachziegelhersteller Meindl – heute Creaton – entwickelt. Lässt die Windstärke an der Baustelle den Kraneinsatz morgen zu? Kann die Dachfolie geschweißt werden? Macht es Sinn, das Dach abzudecken? All das können Dachdecker bei diesem Wetterdienst für ihre Baustelle abfragen.
Klimawandel: Veränderungen lassen sich nur noch verlangsamen
Noch einmal zurück zum Klimawandel und den Folgen. Ist es schon zu spät für die Menschheit? „Umkehren geht nicht mehr – nur noch verlangsamen“, so der Wetter- und Klimaexperte. „Wir müssen uns darauf einstellen, wie wir künftig mit dem veränderten Klima leben“. Das Klima selbst können wir nicht mehr ändern. Frank Bandle beschäftigt sich als Meteorologe bereits seit Ende der 1980er Jahre mit dem Thema der Klimaerwärmung. Unter Seinesgleichen wurde das schon lange diskutiert. Wer aber öffentlich vor einer Klimakatastrophe warnte, wurde bis vor wenigen Jahren als „grüner Spinner“ belächelt.
Klimawandel: Der Medienhype um Greta ist ein Glücksfall
„Eigentlich ein Glücksfall, dass die Medien einen 16-jährigen schwedischen Teenager namens Greta Thunberg aufgebaut haben“, gibt Bandle zu. Auf diese „Leitfigur“ hört nicht mehr nur die nächste Generation, sondern auch Wissenschaftler können sich nun ihrer Botschaft anschließen, ohne gleich wieder ins Reich der Scharlatane und Schwarzseher verbannt zu werden. „Jeder Deutsche produziert 8,9 Tonnen CO2 pro Jahr“, erklärt Frank Bandle. „Um nur das Ziel einer Erwärmung um maximal zwei Grad zu erreichen, müsste diese Menge jetzt sofort auf 2,3 Tonnen pro Jahr reduziert werden und schon morgen noch mehr.“
Klimawandel: Welche Rolle Diesel spielt
Ist vielleicht der Diesel schuld, den auch so viele Handwerker fahren? Klares Nein von Bandle. Nach seiner Ansicht ist der moderne Diesel eine ganz vernünftige Zwischenlösung bis zu künftigen, umweltfreundlicheren Antriebstechniken. Die Verteufelung des Dieselmotors und der neue Boom zum Benziner werfen den Klimaschutz in Bezug auf CO2 sogar noch zurück, ist der Meteorologe überzeugt. „Ersetze den einen Verbrenner durch einen anderen ist der falsche Ansatz.“ Was hilft es, wenn wir Deutschen den Vorreiter machen und unsere ausgemusterten Diesel in die Nachbarländer exportiert werden? „Wir gingen wenigstens mit gutem Beispiel voran – und können es uns doch – mal ganz ehrlich – auch leisten, in alternative Antriebe zu investieren“, gibt Bandle zu bedenken.
Klimawandel: Aus Dämmung gegen Wärmeverlust wird Wärmeschutz
Mit gutem Beispiel vorangehen heißt aber auch, künftig anders zu bauen – auch auf dem Dach. Aus der Dämmung gegen Wärmeverluste wird der Wärmeschutz werden. „Es ist nicht die Frage, ob wir in einer künftigen Sahel-Zone Deutschland überleben – da können wir uns anpassen“, sagt Bandle. „Es ist eine Frage, wie wir im Klima von morgen leben.“
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