Dachbegrünung 2022 in den Städten weiter im Aufwind
27. Dezember 2022
Der Jahresbericht 2022 des Vereins Bundesverband GebäudeGrün ist Herold des Erfolges und Mahnmal zugleich. Denn Deutschland schafft schon viel, kann aber noch weit mehr tun, um die Begrünung von Dächern voranzubringen. Und genau hier können Dachdecker Geld verdienen. Wir stellen den Marktbericht vor und erläutern am Beispiel von Hamburg, wie erste Städte eine eigene Gründachstrategie entwickeln.
Fläche an Dachbegrünung steigt jedes Jahr
Wer Dächer deckt, sollte grün denken – also handwerklich. Dachdecker sind eine Kernbranche der Klimaberufe und die Dachbegrünung ist ein wachsendes Geschäftsfeld. Denn der Trend ist klar: Die jährlich neu hinzukommende Fläche an Dachbegrünung in Deutschland hat sich im Vergleich zu 2008 mit Blick auf 2021 mehr als verdoppelt. Zu Beginn des letzten Jahrzehnts kamen pro Jahr gerade einmal 3,5 Millionen Quadratmeter hinzu, 2021 waren es nach bereits starken Vorjahren nun beinahe 9 Millionen – ein neuer Rekord. Insgesamt wurden seit dem Start Mitte der 1970er-Jahre nach Schätzungen des BuGG 120 bis 150 Millionen Quadratmeter Gründachfläche geschaffen.
Dachbegrünung lukrativ für Dachdecker
Diese und weitere Zahlen aus dem jüngst veröffentlichten Marktreport Gebäudegrün 2022 des Vereins Bundesverband GebäudeGrün (BuGG) belegen endgültig, dass der Markt für Dach- und Fassadenbegrünung für jeden Dachdecker einen Blick wert sein sollte. Dachbegrünung ist inzwischen im Dachhandwerk mehr als nur Beiwerk. Sie ist neben und in Kombination mit Photovoltaikanlagen eines der Arbeitsfelder der Zukunft.
Neue Dachbegrünung: so viel Fläche wie 1200 Fußballfelder
Grob wurden im vergangenen Jahr deutschlandweit Dächer mit einer Fläche analog zu der des Tegernsees in Bayern begrünt – etwa 1200 Fußballfelder. Die intensiv bewirtschafteten Dächer machen hiervon nur etwa ein Fünftel aus, die große Masse ist weiter extensiv. Letzteres ist in unterschiedlichen Ausführungen das klassische Gründach, wobei die Aufbauhöhe maximal 15 Zentimeter beträgt. Die verwendete Vegetation ist dabei trockenheitsverträglich und eher pflegeleicht. Langfristig wird es laut BuGG mehr intensive Dachbegrünung als bisher geben. Das folge dem Trend zu überwiegend begeh- und nutzbaren Gründächern, also hin zu echten Dachgärten.
Wachstumsmarkt mit Luft nach oben
Global betrachtet liegt Deutschland nach Einschätzung des BuGG an der Spitze, was die Fläche begrünter Dächer angeht. Aber: Es bleibt auch bei uns immer noch zu viel Potenzial ungenutzt. Nach fundierten Schätzungen wurde selbst 2021 nur jeder zehnte Quadratmeter an neu geschaffener Flachdachfläche begrünt, 90 Prozent blieben kahl. Und im Steildachbereich ist Dachbegrünung bislang noch eine Rarität. In beiden Bereichen gibt es also einen echten Wachstumsmarkt mit reichlich Luft nach oben.
Gefördert und gefordert
Dachbegrünung wird von staatlicher Seite zudem inzwischen nicht nur gefördert, sondern vielerorts per Gesetz verstärkt gefordert. Denn um dem wirtschaftlich-ökologischen Antrieb zur Begrünung von Dächern mit rechtlicher Hilfe zusätzlich Beine zu machen, entschließen sich mehr und mehr Bundesländer und Städte, Gründächer zur Pflicht bei Neubauten zu machen oder bestehende Regeln zu verschärfen.
So im Bundesland Bremen: Hier sollen die Zügel bei Neubauten von Reihenhäusern und gewerbliche Hallen angezogen werden. Diese müssten künftig nach der geplanten Gesetzesänderung schon bei einer Dachfläche ab 50 Quadratmetern begrünt werden. Bisher galt die 100-Quadratmeter-Marke als Grenzwert, zudem waren Hallen ausgenommen von dieser Regelung.
Knapp die Hälfte der Städte fördern Dachbegrünung
Inzwischen fördern laut BuGG 44 Prozent der Städte mit mehr als 50 000 Einwohnern Dachbegrünung. Und weit über 80 Prozent mindern zumindest die Niederschlagswassergebühr beim Vorhandensein von Gründächern. Kurzum: Deutschland hat erkannt, dass Dächer weit mehr können als Regen ab-, Wärme drinnen und Wind draußen zu halten. Dächer mit einem „grünen Gewand“ können helfen, Probleme der Städte im Angesicht der Klimakrise abzumildern, wie Überschwemmungen nach Starkregen. Die grünste Stadt in Sachen Dach derzeit ist übrigens Stuttgart mit viermal so viel Gründachfläche pro Einwohner wie der deutsche Durchschnitt.
Dachbegrünung: Hut der Schwammstadt Hamburg
Auch Bremens norddeutscher Nachbar-Stadtstaat Hamburg fördert und fordert Gründächer als Teil seiner Strategie, zu einer Schwammstadt zu werden. Wasser soll hierbei nicht wie in der klassischen Stadt möglichst schnell durch die Kanalisation fortgeleitet, sondern lokal gespeichert werden. So können Überflutungen bei Starkregenereignissen vermieden, das Stadtklima verbessert und die Gesundheit von Menschen, Tieren und Pflanzen gefördert werden. Durch Elemente grüner Infrastruktur, wie Bäume, Fassadenbegrünung und Dachbegrünung, kann auch ein größerer Teil des Wassers verdunsten und so zur Kühlung der Stadt beitragen.
Eigene Gründachstrategie
Hamburg gehörte zu den ersten deutschen Großstädten, die eine Gründachstrategie ins Leben riefen. Das Ziel: mindestens 70 Prozent der Neubauten sowie der für eine Sanierung geeigneten flachen oder leicht geneigten Dächer zu begrünen. Insgesamt soll bis 2024 mithilfe von 3,5 Millionen Euro an Fördermitteln 100 Hektar Dachfläche grün veredelt werden. Hamburgs Gründächer sollen in Zukunft durchschnittlich 60 Prozent des Regenwassers zurückhalten und so Überlastungen der Kanalisation bei Starkregen verhindern.
Prämierte Dachbegrünung: Preis Grüne Bauten 2022
Die Hansestadt an der Elbe sorgt dabei nicht nur mit Geld und Pflichten nach Baugesetzbuch, Abwassergesetz oder der Hamburger Bauordnung für mehr Grün in luftiger Höhe. Zum zweiten Mal wurde vor Kurzem der Hamburger Preis für Grüne Bauten vergeben. Unter den ersten Plätzen finden sich der Dachgarten Frieda auf einem ehemaligen Bunker in Ottensen, die grüne Oase im zentralen Alt-Wandsbek, die gemeinschaftlich nutzbare Dachlandschaft Dock 71 in der HafenCity und im Bereich Gewerbebau der Recyclinghof Wilma-Witte-Stieg in Wandsbek.
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