Kommunikation: Umgang auf Augenhöhe sorgt für betrieblichen Erfolg
26. März 2024
„Augenhöhe“, sagt Umberta Andrea Simonis, „ist der Obertitel meiner ganzen Arbeit: Guter Kontakt entsteht nur auf Augenhöhe.“ Egal ob in der Kommunikation zwischen der Betriebsleitung und den Mitarbeitenden, zwischen zwei Mitarbeitenden oder zwischen Mitarbeitern und Kundschaft: Augenhöhe bedeutet, dass beide Seiten sich gesehen und wertgeschätzt fühlen. „Beide Seiten sind respektvoll, ohne unterwürfig zu sein. Sie sind selbstbewusst, ohne arrogant zu sein. Sie sind sich bewusst, dass sie Grenzen setzen dürfen,“ erläutert die Kommunikationsexpertin.
Ein Gewinn für alle: Sich auf Augenhöhe begegnen
Von solch einer Kommunikation profitieren im Handwerk Mitarbeiter und Kunden. „Die Mitarbeiter haben durch den guten Umgang mit den Kunden enorme Vorteile: leichteres Arbeiten, weniger Stress, mehr Erfolgserlebnisse. Sie finden bessere Lösungen, werden nicht verheizt und fühlen sich wohl, weil ihnen bei guter interner Kommunikation der Rücken gestärkt wird, weil sie Lob und Anerkennung bekommen. Die Kunden sagen sich, wenn sie respektvollen Umgang erleben: ‚Ich habe das richtige Unternehmen gewählt und gut investiert‘“, erläutert Simonis.
Knigge für Handwerker geschrieben
Umberta Andrea Simonis ist Inhaberin des Trainings- und Beratungsunternehmens Simonis Servicekultur®. Ihre Mission ist die Verbesserung sowohl der Dienstleistungs- als auch der Firmenkultur speziell im Handwerk. Die diplomierte Kommunikationsdesignerin hat 2002 den ersten „Knigge für Handwerker“ geschrieben, der seit 2021 unter dem Titel Mehr Erfolg im Umgang mit Kunden. Die besten LIFEHACKS für Handwerker in 12. überarbeiteter Auflage vorliegt. Seit 1996 führt ihr auf das Handwerk spezialisiertes Trainerteam mit großem Erfolg Seminare in Betrieben sowie für Hersteller und Verbände durch.
Die Anziehungskraft des Betriebes erhöhen
Leidenschaftlich fächert die Unternehmerin auf, wie umfassend ein Handwerksbetrieb durch Kommunikation auf Augenhöhe profitieren kann: „Durch weniger eskalierende Reklamationen, mehr Gewinn, besseres Kundenfeedback. Vor allem erhöht der Betrieb seine Anziehungskraft. Zufriedene Kunden ziehen neue Kunden an.“
Oder zufriedene Mitarbeitende erzählen in Gesprächen, dass sie gerne in ihrem Betrieb arbeiten. „Die Frage ist ja: Warum steh ich in der Früh auf? Man sitzt beim Bier, wird gefragt: Wie geht’s? und sagt: Ich bin ganz zufrieden, mein Chef steht voll hinter mir, wir haben echt tolle Kunden. Ich fühle mich da wohl“, erklärt Simonis. Die Mitarbeiter bleiben und lassen sich nicht abwerben. „Kunden, Mitarbeitende und Auszubildende, sie alle erzählen von sich, auch über Social Media. Wenn hier die Erzählungen positiv und überzeugend sind, dann finden sich neben neuen Kunden auch neue Mitarbeitende oder Auszubildende. Das Image eines Betriebes und des Handwerks allgemein profitieren vom guten Echo.“
Zeit nehmen und Vertrauen aufbauen
Deshalb ist etwa die erste Begegnung zwischen Kunden und Handwerkern auf der Baustelle so wichtig. Was aus der Sicht von Handwerkern vielleicht ein alltäglicher Auftrag ist, ist aus der Sicht der Kunden oft ein Ausnahmezustand und ein Eindringen in das eigene Revier. „Man darf nicht wie ein Rollkommando vor der Tür stehen, den Kunden überfallen, keine Fragen stellen, oder diese nicht beantworten“, so Simonis. Je weniger Vertrauen am Anfang der Beziehung entsteht, um so kontrollierender wird der Kunde. „In der ersten Begegnung tendieren Handwerker aber dazu, schnell zur Sache kommen zu wollen. Dann steht ein Handwerker vor der Tür und andere laden schon Sachen aus und hieven sie in den Garten. Das ist der Supergau. Der Kunde will zuerst alles klären, die Handwerker beschnuppern, wissen, ob er die im Haus haben will. Er will für ihn wichtige Details klären wie: Bitte nicht das und das nicht… und hier aufpassen“, erläutert die Kommunikationsexpertin.
Perspektive des Kunden einnehmen
Sich wirklich auf die Perspektive des Kunden einzulassen und sie kennen, ist der entscheidende Schritt für Kommunikation auf Augenhöhe. Die Kunden, erklärt Simonis, taxieren die Handwerker, die ihre Wohnung betreten wollen, weniger in Hinblick auf deren handwerkliche Qualität. „Der Kunde ist ja meist Laie, nicht selber Dachdecker. Deswegen beauftragt er einen Meisterbetrieb. Der Fokus des Kunden liegt auf dem Wie: Wie pünktlich sind die Handwerker? Wie respektvoll benehmen die sich? Wie kommunizieren die mit mir? Wie ist das, wenn es nicht so rund läuft, wenn etwas beschädigt wird? Wie wird das angesprochen? All das dominiert auch die Kundenbewertungen.“
Die vier Hauptbedürfnisse von Kunden
Umberta Andrea Simonis unterstreicht in Bezug auf dieses „Wie“ vier Grundbedürfnisse: Pünktlichkeit, Sauberkeit, Respekt und Verlässlichkeit. In all diesen Bereichen ist klare und proaktive Kommunikation entscheidend. „Das ist das einfachste Mittel. Freundlich fragen: Wo können wir das abstellen, ohne dass es sie stört? Oft sagen Handwerker: Ich habe nicht die Zeit, so lange mit dem Kunden zu quatschen. Es geht aber um diese Signale. Dem Kunden Fragen zu stellen, gerade zu Anfang, ist gut investierte Zeit.“
Den souveränen Umgang mit schwierigen Kunden üben
Immer öfter begegnen Handwerker dem Kundentyp des Besserwissers, weiß Simonis aus vielen Rückmeldungen zu berichten. „Das Problem mit diesem Kundentypen hat seit YouTube dramatisch zugenommen. Der Handwerker ist konzentriert bei der Arbeit und von hinten kommt der Kunde an und sagt: Das habe ich bei YouTube aber ganz anders gesehen. Der Kunde will vielleicht nur mit seinem Halbwissen glänzen. Handwerker können sich dann angegriffen fühlen. Das führt reflexhaft zu typischen, im Gehirn vorprogrammierten Reaktionen: Gegenangriff, Rechtfertigen, Abtauchen oder Erstarren.“
Um besser zu reagieren, können Trainings sinnvoll sein, wie Umberta Andrea Simonis sie entwickelt hat. „Man muss üben, Abstand halten zu können zu dem, was einem entgegenkommt. Man muss lernen, durchzuatmen, zu warten, zu hören, sich bewusst zu sagen: Das ist kein Angriff auf meine Kompetenz. Dann kann man sich ruhig umdrehen und beispielsweise freundlich antworten: Ich sehe, Sie haben sich gut vorbereitet für heute.“
Den krönenden Abschluss zelebrieren
Viel zu oft, findet Umberta Andrea Simonis, wird der krönende Moment der Arbeit, die Abnahme, verpatzt und Handwerker nehmen sich selbst die Möglichkeit, die Ernte einzufahren. Wer im Moment der Abnahme in Gedanken schon beim Feierabend ist, missachtet einerseits das Bedürfnis des Kunden, sich zu vergewissern, dass alles so geworden ist, wie er es sich vorgestellt hat – und nimmt sich andererseits selbst die Möglichkeit, Freude und Stolz zu erleben.
Gefühle sind hier wichtiger als Fakten. „Der Kunde muss alles anschauen, sich freuen und genießen können. Ein häufiger Fehler ist, Kleinigkeiten in den Fokus zu rücken: Der Handwerker schaut sich mit dem Kunden die Arbeit an und sagt als Erstes: Da vorne fehlt noch eine Leiste. Statt zu sagen: Schauen Sie mal, ist es nicht schön geworden? Da haben Sie eine wirklich gute Entscheidung getroffen! Es gilt, den besonderen Moment zu feiern und sich und dem Kunden dafür erst einmal Zeit zu lassen.“
Erfüllung im Handwerk finden
Letztlich will Simonis mit ihrem Engagement ein Potenzial des Handwerks zugänglich machen, das oft brachliegt. „Es geht um Erfüllung, um Lebenssinn, um ein gutes Leben. Für die jüngeren Leute ist Arbeit keine reine Pflichtsache mehr. Sie wünschen sich Arbeit, auf die sie stolz sein können, eine, die Erfolgserlebnisse und Erfüllung bietet. In dieser Hinsicht hat das Handwerk sehr viel Potential. Ein Dachdecker kann sich zum Beispiel sagen: Ich habe für jemanden ein schönes Heim geschaffen. Er kann einen Kunden nicht nur zufrieden, sondern richtig glücklich machen und das auch erleben. Das Handwerk ist perfekt dafür, täglich seinen Sinn zu finden.“
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