Neues Entladeverbot für Dachdecker auf Radwegen
21. Mai 2020
„Als Dachdecker haben wir volles Verständnis dafür, Fahrradfahrer besser zu schützen. Aber das darf nicht zu Lasten derer erfolgen, die auf Halteflächen angewiesen sind. Für Dachdecker ist es keine Alternative, 500 Meter entfernt einen Parkplatz zu nutzen. Oder sollen wir fünf bis sieben Tonnen Ziegel, Maschinen und Werkzeuge in der Schubkarre zur Baustelle schieben?“, fragt Dirk Bollwerk, Präsident des Zentralverbands des Deutschen Dachdeckerhandwerks (ZVDH).
Sein Ärger ist groß, denn die jüngste StVO-Änderung hat beträchtliche Folgen für Dachdecker sowie deren Zulieferer aus dem Bedachungsfachhandel, die alle darauf angewiesen sind, mit ihren Fahrzeugen möglichst nah an Baustellen heranfahren zu können. Einerseits müssen sie zum Teil schweres Material und Werkzeug entladen, aber auch nach Beendigung ihrer Arbeit muss der Rücktransport von Maschinen und Abfallprodukten sichergestellt werden.
Dachdecker-Verband fordert Ausnahme für das schnelle Be- und Entladen
Auf dem Fahrradschutzstreifen zu halten ist aber jetzt verboten, selbst das Be- und Entladen ist nicht gestattet und wird mit Bußgeldern und Punkten in Flensburg belegt. Für Bollwerk stellt das generelle Halteverbot auf Radstreifen gerade bei den gewerktypischen kleineren Aufträgen wie Reparaturen oder bei Notfalleinsätzen etwa nach Sturmschäden die Betriebe vor kaum lösbare Probleme. Denn gerade bei zeitkritischen Noteinsätzen sei es unmöglich, kurzfristig spezielle Sondergenehmigungen im Vorfeld einzuholen.
„Am Ende sind die Kunden die Leidtragenden. Erste Briefe von Material-Lieferanten mit der Aufforderung, für geeignete Haltebereiche an Baustellen zu sorgen, wurden bereits an unsere Betriebe versandt. Wenn vorher Halte-Genehmigungen eingeholt werden müssen, können Dächer nach Sturmschäden eventuell tage- oder sogar wochenlang nicht repariert werden“, erklärt Bollwerk. Aber auch ohne Notfälle werde es durch die neue Regelung zu Bauverzögerung kommen. Wir fordern den Gesetzgeber daher dringend auf, Ausnahmen für das Be- und Entladen im gewerblichen Verkehr aufzunehmen und das Halten fürs Handwerk auf Fahrradwegen wieder zu gestatten“, erklärt Bollwerk.
Neue Lkw-Regel: DEG Ost setzt auf automatischen Abbiegeassistenten
Auch für den Bedachungsfachhandel bringen die StVO-Änderungen neue Herausforderungen. Die gelte es bei der Anlieferung auf innerstädtische Baustellen wie bisher gemeinsam mit den Betrieben zu meistern, sagt Christian Strelow, Teamleiter Disposition bei der Dachdecker Einkauf Ost eG. Wie das gehen könnte, müsse sich aber erst einspielen. Sicherlich müssten mehr Parkgenehmigungen von den Dachdeckern und Zimmerern beantragt werden als bisher. Allerdings ist klar, dass dies nicht eine hundertprozentige Lösung ist, da etwa niemand Sturmschäden vorhersehen kann.
Gut vorbereitet ist die DEG Ost auf die zweite wichtige Änderung in der neuen StVO. Lkw dürfen nur noch mit Schrittgeschwindigkeit abbiegen, wegen der hohen Gefahr schwerer Unfälle für Radfahrer und Fußgänger. „Wir haben bereits Schritt für Schritt fast die gesamte Fahrzeugflotte mit Abbiegeassistenten nachgerüstet. Setzt unser Fahrer den Blinker, geht eine Kamera an und er kann auf dem Monitor direkt und verlässlich sehen, ob sich beim Abbiegen jemand auf dem Fuß- und Radweg befindet. Das gibt unseren Fahrern ein Gefühl der Sicherheit“, berichtet Strelow. Der tote Winkel im Außenspiegel gehört also hier der Vergangenheit an.
Dachdecker nicht wie beliebigen Falschparker behandeln
Doch noch einmal zurück zur Gegenwart des pauschalen Halteverbots auf Radstreifen. Für Holger Schwannecke, Generalsekretär des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH), bedeutet das für das Handwerk die Gefährdung der beruflichen Existenz. In letzter Konsequenz könnten Betriebe ihren Beschäftigten bestimmte Aufträge in innerstädtischen Lagen kaum noch zumuten. „Ein Handwerker, der eine dringende Dienstleistung in einem anliegenden Gebäude ausführt, darf nicht wie ein beliebiger Falschparker behandelt werden, der mutwillig Radweg oder Fahrbahn zustellt.“
Für zahlreiche Aufträge am Tag, teils kurzfristige Noteinsätze, könne laut Schwannecke kein Betrieb bei den Behörden einzelne Sondergenehmigungen beantragen. Wir bitten Bund und Länder, die STVO hier schnellstens nachzubessern und Möglichkeiten zu schaffen, damit Handwerksbetriebe ihren notwendigen Einsatz beim Kunden ausführen können, ohne mit drastischen Strafen konfrontiert zu werden.
Forderung: Neues Verkehrsschild Arbeits- und Ladezone einführen
Der öffentliche Straßenraum ist ein knappes Gut. Es sind deshalb laut ZDH Konzepte notwendig, um vorausschauend Konflikte zwischen allen notwendigen Verkehren zu vermeiden. „Auch die schon lange geforderte Einführung eines Schildes „Arbeits-/Ladezone“ kann zumindest an einigen Stellen in den Städten eine Erleichterung schaffen“, meint Schwannecke. „Wir brauchen gleichermaßen einen sicheren Radverkehr wie aber auch die Gewährleistung von handwerklichen Verkehren, die unverzichtbar für die Lebensfähigkeit der Städte, die Umsetzung der Energiewende und des Klimaschutzes sind.“
Sie interessieren sich für rechtliche Änderungen, die für Dachdecker und Zimmerer relevant sind? Dann lesen Sie unseren Artikel über die neue Gerüstbauregel.